Clotilde, Margarethe Eleonore von Ballon Chalys

Clotilde, Margarethe Eleonore von Ballon Chalys

Clotilde, Margarethe Eleonore von Ballon Chalys, aus einem edlen Geschlechte stammend, wurde 1405 geboren und schon in früher Kindheit an den Hof des Grafen von Foix versetzt, wo sie die sorgfältigste Erziehung und den Unterricht erhielt, welcher nach den Ansichten jener Zeit für ein edles Fräulein der passendste schien. Rasch, wie ihre Schönheit, entwickelten sich auch ihre geistigen Fähigkeiten. – Noch übte und ehrte man damals in dem schönen Südfrankreich die holde Kunst der Troubadours. Mit der Luft schon athmete das Kind die Liebe und Neigung zur Poesie ein. Die Töne des nahen Italiens wurden ihre zweite Muttersprache. Schon im elften Jahre sang sie Petrarka's Canzonen zur Laute und übersetzte sie in's Französische. – Bald wurde die reizende Blume aus der Verborgenheit, in welche sich die Bescheidene zurückgezogen, an's Licht gebracht; zahlreiche Freier warben um die Huldin, als sie kaum in die Jahre der Jungfrau getreten war. Sie reichte dem Berengar v. Surville, der jung, geistvoll und blühend wie sie, ihrer vollkommen würdig erschien, die Hand. Aber nur wenig Blüthenmonde einer glücklichen und friedlichen Ehe waren dem holden Ehepaare vergönnt. Die Engländer hatten damals den größten Theil Frankreichs erobert und Karl VII. war nahe daran, seine Krone zu verlieren. Berengar, tapfer und voll Vaterlandsliebe, eilte seinem bedrängten König zu Hilfe. So zärtlich auch Clotilde ihren Gatten liebte, so tief erkannte sie doch auch, was Ritterehre und Vasallenpflicht erheischten; sie suchte darum seinen edlen Entschluß nicht zu hemmen, sie sah ihn darum mit Bekümmerniß, aber ohne laute Wehklage scheiden und sich den Vaterlandsrettern anschließen. Und als Berengar unter dem Panier der begeisterten Johanna d'Arc 1430 im ritterlichen Kampfe seinen Tod gefunden, da trauerte sie wohl tief, überließ sich aber nicht der Verzweiflung zum Raube. Sie widmete sich fortan nur der Erziehung ihres einzigen Sohnes und der Dichtkunst. Kalt blieb sie gegen alle Bewerbungen, die der jungen, reizenden Witwe galten, und verdrängte durch keine zweite Neigung ihre erste Liebe aus dem treuen Herzen. Ihre Dichtungen waren ein großer Theil religiösen Inhalts, gehören zu den zartesten, innigsten poetischen Ergießungen der französischen Sprache, als diese noch nicht vom kalten Regelzwange eingeengt war. – Clotilde starb im hohen Alter 1490 und blieb bis zu ihrem letzten Augenblicke im vollen Besitze aller ihrer geistigen Kräfte.

A. V.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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