- Erici, Diana von
Erici, Diana von. Als in dem Zeitalter der Barbarei und des wilden Fanatismus Muhamed II. die schwachen griechischen Kaiser von ihrem Thron herab stürzte, befand sich zu Negroponte der Venetianer Paul Erici, ein erfahrener Held und Seemann, als Statthalter der Republik. Constantinopel, das letzte Bollwerk des morgenländischen Kaiserthums, war gefallen, und der furchtbare Muhamed zog mit seinem Würgerheer durch Griechenland und die jonischen Inseln, überall den blutigen Halbmond aufpflanzend. Auch Negroponte blieb nicht verschont. Nach tapferer Gegenwehr, und nachdem der Statthalter sein Leben in der Vertheidigung des ihm anvertrauten Hafens geopfert, siegte der Sultan: unermeßliche Beute fiel in seine Hände. Darunter befanden sich auch die schönsten Jungfrauen der Stadt, welche er alle an seine Heerführer, oder seine Leibwache verschenkte, bis auf Diana, des kühnen Vertheidigers von Negroponte Tochter. Das Mädchen in der schönsten Blüthe der Jugend, in der üppigsten Fülle der Schönheit, lockte den Sieger zu sehr, als daß er seinen eigenen Begierden hätte widerstehen können. Allein wie jung auch, und wie schwach, widersetzte sich doch Diana jeder Zumuthung, welche ihrer Ehre nachtheilig gewesen wäre, und umsonst versuchte Muhamed alle Künste der Verführung, der Ueberredung, umsonst alle Drohungen, sie blieb standhaft und verweigerte dem Herrn über Leben und Tod einer halben Welt die kleinste Gunst. Immer wilder loderte der Zorn des Herrschers empor, welcher nicht gewohnt war, einen Wunsch sich versagt zu sehen, da keimte in der Unglücklichen der Gedanke auf, diesen Muhamed, der bei so viel Lastern, die sein Leben mit jedem Fluch bedeckten, auch viel Großes hatte, aus den Klauen des Bösen zu reißen, ihn von seinem falschen Propheten zum wahren Glauben zu führen, und sie setzte, unverhohlen aussprechend, was sie wollte, ihre Liebe, und wie sie glaubte, ihre Seligkeit zum Lohne für ihn, wenn er ein Christ werden wollte. Dieß mochte Etwas sein, was noch Niemand gegen den Sieger gewagt, er befahl der Schwärmerin zu schweigen, und unbedingt sich seinem Willen zu unterwerfen. Da keine Drohung sie dazu vermochte, so schritt der Wütherich zur grausamsten That. Mit eigener Hand trennte er ihrer Bruder Haupt kaltblütig vom Rumpfe, mit eigener Hand tödtete er ihre zarte Schwester! – Festen Muthes ertrug Diana alle Schrecken, und wankte nicht, als er seine Hand auch nach ihr ausstreckte. Da besann er sich, daß, wenn ihr Tod beschlossen, er ihm auch nützlich werden sollte, und am folgenden Tag ward sein Heer zur Musterung zusammen berufen. Denn schon hatte sich das Gerücht verbreitet, er gebe hier wie einst in Byzanz, der Liebe zu dem schönen Geschlecht eine zu große Gewalt über sich, und wie dort wollte er nun durch den schlagendsten Beweis diese Besorgniß in ihrem Keim ersticken; im Angesicht des ganzen Heeres hob er den Schleier von dem Haupt der edlen Venetianerin, und sprach: Dieß ist die Freche, welche euern Sultan von der Lehre des wahren Propheten wenden wollte! Was gebührt der Frevlerin? Der Tod! der Tod! schrien tausend und aber tausend Kehlen. Der Sultan winkte seinem Kapidschi-Baschi und fragte: »Diana, willst du die meine, willst du meine Gattin sein?« Das edle Mädchen schwieg, da wandte sich der Sultan weg von ihr, und in diesem Augenblicke fiel ihr Haupt, und rollte über den Rasen. – Auf den Händen seiner Aga's ward der Herrscher jubelnd durch die Reihen seiner Krieger getragen.
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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.