- Kälte
Kälte. Sie ist kein eigener Stoff, nichts Positives, sie ist, wie Finsterniß, Mangel an Licht, so Mangel an Wärmestoff. Wir lernen die Kalte zuerst durch ein unangenehmes Gefühl, das sich bis zum Schmerz steigert, kennen; bei der Abnahme der Wärme erfolgt Kühle, dann Kälte. Dieß Gefühl aber ist ein so unbestimmtes, daß wir z. B. die Temperatur eines geheizten Zimmers von 18 Grad sehr heiß nennen, was wir im hohen Sommer kaum für Wärme gelten lassen würden. Erst nach der Erfindung des Thermometers von Cornelius Drebbel zu Alkmar ist man dahin gelangt, die verschiedenen Kälte- oder vielmehr Wärmegrade zu reguliren. Der Sprachgebrauch: Kälte erzeugen sollte eigentlich in »Wärme vermindern« umgetauscht werden; denn Kälte erzeugt man durch Verminderung, Entziehung der Wärme. Hierzu gelangt man auf verschiedene Weise, z. B. durch Verdunstung von Stoffen, die leicht verflüchtigen, durch Aether, Weingeist etc. Jede Flüssigkeit, die verdunstet, erzeugt Kälte. Wäscht man sich mit heißem Wasser und trocknet sich nicht gleich ab, so empfindet man Kälte, diese wird durch Wind, Luftzug etc. noch gesteigert. Deßhalb vergehen Kopfschmerzen häufig, wenn man die Stirn mit Eau de Cologne oder Essigäther befeuchtet, weil dadurch eine starke Kälte erzeugt wird, die auf die Blutgefäße reprimirend wirkt. Kälte wird erzeugt, d. h. Wärme vermindert, wenn man feste Körper in flüssigen Zustand versetzt, wo sie dann verdunsten müssen; dieß kann man an Küchensalz, Salpeter etc. versuchen, die mit Wasser übergossen, eine viel niedrigere Temperatur annehmen, als im trockenen Zustande. Selbst die Temperatur des Eises, wenn es zerstoßen und mit Salz vermischt wird, kann gesteigert und zu solcher Höhe potenzirt werden, daß Quecksilber darin friert, was durch die natürliche Kälte nur in den Polargegenden geschieht. In den Ost- und Nordseeländern wird eine Kälte von 18 Grad schon zum strengen Winter gerechnet; dieß ist durch die Nähe der See bedingt, welche die Sonnenwärme, wie die Winterkälte, vermindert. In Petersburg steigt die Temperatur manchmal 27« über den Gefrierpunkt; im mittleren Deutschland ist 16–18 Grad ein mittelmäßiger Winter. In hochgelegenen Gebirgen stehen sich Frost und Hitze schroffer gegenüber. Der absolut höchste Kältegrad würde nach Schlüssen, die man von der specifischen Wärme des Wassers im Verhältniß zu der des Eises hergenommen, noch unter 622 Grad Reaumür sein. In den Polargegenden nimmt die Wärme in dem Maße ab, daß nicht nur das animalische, sondern auch das vegetabilische Leben stockt.
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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.