Pellico, Silvio, Graf

Pellico, Silvio, Graf

Pellico, Silvio, Graf, einer der ausgezeichnetsten italien. Dichter der neuern Zeit, ward 1789 zu Saluzzo in Piemont geb. und verlebte den größten Theil seiner Jugend in Pigneroles, wo sein Vater eine Seidenspinnerei besaß. Obschon als Kind fast immer krank, behielt er doch eine seltene Heiterkeit des Gemüthes und eine vielversprechende Regsamkeit des Geistes, die sich durch frühzeitiges Hinneigen zu poetischem Schaffen lebendig aussprach. Noch nicht 6 Jahr alt, begann er bereits Verse zu machen und ein Trauerspiel zu entwerfen, dessen Stoff er den düstern Nebelgebilden Ossianischer Dichtkunst entlehnte. Da sein Vater selbst ein Verehrer der Poesie war und sein Talent in ehrenvoll bekannten lyrischen Gedichten beurkundet hatte, so ließ er den körperlich schwachen Sohn gewähren. Später befestigte sich seine Gesundheit, er begleitete seine Schwester, die sich nach Lyon verheirathete, an ihren neuen Aufenthaltsort, lebte dort längere Zeit und ergab sich mit Eifer dem Studium der französischen Literatur, an der er so großen Gefallen fand, daß er seinem Vaterlande fast ganz entfremdet ward. Aus dieser süßen Vergessenheit riß ihn das kräftige Gedicht Ugo Foscolo's »i sepolcri« (die Gräber), eine dumpfe Schwermuth bemächtigte sich seiner, und hatte er sich früher nur wie ein unstäter Schmetterling dem Urquell wahrhafter Poesie genähert, so erschloß sich jetzt in seinem tiefbewegten Gemüthe die ganze Herrlichkeit eines poetischen Lebens. Nach wenigen Tagen verließ er Frankreich und ging zurück nach Italien, fest entschlossen, für die Wiederbelebung seines herabgewürdigten Vaterlandes mit aller edlen Begeisterung eines Dichters thätig zu sein. Freundschaftlich ward er von Foscolo und Vincenzo Monti in Mailand aufgenommen, deren Streben ihn gleichermaßen anzog. In beider, namentlich aber in Foscolo's Umgang, erschloß sich sein bisher wie im Traume nur ungewiß schwärmender Geist, das Dasein einer neuen, großartigeren Welt ward in ihm lebendig, und festgeklammert an die Vaterlandsliebe begann er die Ausarbeitung seiner trefflichen Trauerspiele »Laodicea« und »Francesca da Rimini.« Während dieser Zeit lebte er als Erzieher in dem Hause des Grafen Luigi Porro Lambestenghi, wo sich sowohl die ausgezeichnetsten Männer Mailand's, als berühmte Fremde versammelten. Hier begegnete er der Staël, Schlegel, Byron und Hobhouse, lernte Davis, Brougham und Thorwaldson kennen, und übersetzte Lord Byrons »Manfred«. – Sein Vater hatte sich unterdeß nach Turin zurückgezogen, Pellico aber blieb in Mailand, fortwährend darauf denkend, sein Vaterland durch wissenschaftliche und künstlerische Bestrebungen eine volksthümliche Selbstständigkeit vorzubereiten. Zu diesem Behufe gründete er mit mehreren Italienern die Zeitschrift, il conciliatore« (der Vermittler). Bald aber ward das Streben dieser Männer der Regierung verdächtig, die Censur erschwerte den Fortgang der Zeitschrift, und als die Revolution in Neapel ausbrach, begannen die Verhaftungen unter den Mitgliedern jenes Vereines. P. wurde 1820 in das Gefängniß Santa Margherita gebracht, später, im Febr. 1821 nach Venedig in die Bleikammern versetzt und im Januar 1822 ihm das Urtheil des Kaisers verkündigt, das, Anfangs auf Tod lautend, aus Gnade in 15 jährige Gefängnißstrafe verwandelt und auf dem Schaffot zu Venedig öffentlich bekannt gemacht wurde. Der Kaiser ermäßigte diesen Richterspruch zur Hälfte, worauf der Unglückliche auf den Spielberg abgeführt wurde. – Sein dortiges Leben schildert P. in seiner Schrift, »le mie prigioni« (meine Gefangenschaft), die 1833 in einer deutschen Uebersetzung zu Leipzig erschien. Unter unaussprechlichen Drangsalen, krank an Leib und Seele, und nur aufrecht erhalten durch die tiefinnere Glaubensfestigkeit seines christlich-frommen Gemüthes ertrug er volle 8 Jahre seine beispiellosen Leiden. Nachdem P. eine schwere Krankheit überstanden, ward ihm endlich am 1. Aug. 1830 seine Freilassung angekündigt. Er reiste unter polizeilicher Aufsicht über Wien und Klagenfurt nach Italien und begab sich nach längerm Aufenthalt in Mailand nach Turin zu seinen Aeltern, wo er seitdem lebt. Seine Gedichte erschienen in 2 Bänden zu Padua 1831, und enthalten die Dramen:, »Francesca da Rimini,« »Eufemio da Messina,« »Ester d'Engaddi« und »Iginia d'Asti,« nebst den poetischen Erzählungen »Tanecreda,« »Adello«, Rosilde ed Eligi« und »Valafrido«. Seine drei neuesten Tragödien (Turin 1832) sind »Gismonda da Mendrisio.« »Leoniero da Destona«, und »Erodiade,« denen im Jahre 1833 noch eine vierte »Thomas Morus« folgte. – Pellico's Dramen zeichnen sich bei Einfachheit der Erfindung durch ein geschicktes Festhalten des ächt tragischen Momentes aus, der meist glücklich gewählt die Seele mächtig ergreift. Seine Sprache ist gewählt, bald in den süßesten Melodienschwingungen erzitternd, bald kraftvoll sich zum Sturm zügellos tobender Leidenschaften erhebend. Sanfter erscheint er in seinen Erzählungen, in denen sich das christlich-fromme Element seiner Natur völlig erschließt. Die Keuschheit seines Gemüthes, verbunden mit der duldenden Hingebung seines ganzen Menschen an die unerforschte Vorsehung, muß ihm die Liebe jedes tieferen Gemüthes gewinnen, wenn man auch nicht leugnen kann, daß in dieser Unbegrenztheit der Ergebung die in Leiden gebrochene Kraft eines männlichen Geistes zu erblicken ist. Eine deutsche Gesammtausgabe seiner Werke erschien 1835 in Zwickau. von Kannegießer und Hieronymus Müller, mit dem Portrait des Dichters.

W.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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