- Gemmen
Gemmen, heißen im Allgemeinen Steine, meistens Edelsteine, in welche Figuren vertieft oder erhaben eingegraben sind und deren aus dem Alterthume, wo sie besonders gesucht waren, eine ziemlich bedeutende Anzahl wohlerhalten in die Sammlungen Begüterter übergingen. In Griechenland dienten sie schon in den ältesten Zeiten zum Schmucke, und als man in Frankreich während der Revolution die griechische Tracht einzuführen versuchte, da verschwanden auch die schimmernden Juwelen und die bescheidnern, wiewohl oft noch kostbarern, Gemmen traten an ihre Stelle. Unter dem Kaiserreiche behaupteten sie dieselbe Gunst, und die schöngestaltete Pauline, Schwester Napoleon's, nachherige Fürstin Borghese, erschien einst bei einem Feste als Bacchantin in fliegende, mit seinen Streifen von Tigerhaut ausgeschmückte Gewänder gekleidet, die durch goldene Caenäpfel verziert und von prachtvollen Kameen gehalten waren; Kameen aber nennt man die Steine, die auf ihrer Oberfläche erhabene Figuren tragen, Intaglii hingegen solche, denen sie vertieft eingegraben sind, und diese wurden am Frühesten verfertigt. Außer den Griechen übten auch die kunstsinnigen Aegypter schon in uralter Zeit die Steinschneidekunst (Gyptike), doch weniger zum Putz als aus einem mystischen Gebrauche. Sie schlissen den Gemmen eine glatte Basis, auf welche nach Belieben gravirt ward. Die obere convexe Seite erhielt die Gestalt eines Käfers, doch ohne Füße und Fühlspitzen, und solcher Scarabéen -(Käfer-) Abbildungen eines ihnen heiligen Thieres, die wahrscheinlich als Amulete dienten, fanden sich viele in den Mumiensärgen etc. Auch in Rom kannte und schätzte man seit den asiatischen Kriegen, die so große Veränderungen in den ursprünglich einfachen Sitten der Siebenhügelstadt hervorbrachten, den Gemmenschmuck und trieb die Vorliebe dafür, wie die für jeden andern Luxus, bald auf die Spitze. Große Sammlungen (Daktyliotheken) wurden davon angelegt und griechische Steinschneider arbeiteten für die Besieger ihrer Nation. Ihre Kunst bewahrte der Nachwelt die Bildnisse berühmter Personen, und wenn schon Alexander der Große nur dem kunstfertigen Pyrgoteles erlaubte, seinen Kopf in Stein zu schneiden, so verewigte die geschickte Hand eines Dioskorides und seines Sohnes Eriphilos im Augusteischen Zeitalter wiederum die Züge manches stolzen Römers. Nächstdem stellen die Gemmen meist mythologische Gegenstände und gottesdienstliche Gebräuche vor, und sind daher in einer und der andern Hinsicht wichtig für die Kunstgeschichte, wie für die eigentliche Geschichte. Am öftersten verwandte man Halbedelsteine, deren bunte Lagen, besonders beim Achat, Onyx und Chalcedon, das Schattiren der Zeichnung zuweilen höchst angenehm begünstigen, dazu, doch auch schon den Sapphir; Diamant und Rubin höchst selten. In neuern Zeiten hat man sich mit vielem Erfolg in Deutschland und Italien bestrebt, diesen Kunstzweig der Alten nachzuahmen, doch ist es auch dadurch unendlich schwer geworden, die wahrhaft antiken Gemmen von den nachgemachten zu unterscheiden. Feine Umrisse, flacher Schnitt und vorzüglich vollkommene Politur selbst in den tiefsten Stellen gelten für die untrüglichsten Merkmale der Aechtheit, sehr roh sind dagegen die altern christlichen Gemmen, die fast immer nur Fische, Tauben oder Schiffe vorstellen, gearbeitet. Der Aberglaube, in den Gemmen Talismane zu sehen, war besonders unter den römischen Kaisern sehr groß, und die Orientalen pflegen noch jetzt durch fromme Sprüche aus dem Koran, die sie ihren geschnittenen Steinen eingraben, Aehnliches zu bezwecken. Der bekannte Ring des Polykrates, Theodoros von Samos, ein berühmter Künstler, soll ihn verfertigt haben, erinnert an Gleiches, so wie auch der im Morgenlande mährchenhaft gepriesene Siegel- und Zauberring des weisen Salomo.
F.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.