Erla, die Frauen von

Erla, die Frauen von

Erla, die Frauen von. Als die Barbarenhorden Asiens, unter Anführung der Türken, und ihres großen blutdürstigen Sultans Soliman, das gesittete Europa bedroheten, als die wilden Horden Siebenbürgen, Kroatien und Ungarn überschwemmten, bis gen Wien drangen, da entwickelten sich ihnen gegenüber Züge des Heldenmuthes, der großmüthigen Aufopferung, wie vielleicht nur jene Zeit sie aufzuweisen hat. Wer dachte nicht an den edlen Zrini und seine Kampfgenossen, welche der Sänger der Frauen, der Liebe und der Freiheit, welche der deutsche Tyrtäus, Körner, verherrlichte? In die Reihe dieser Helden dürfen sich kühn auch die Frauen von Erla stellen. Schon hatte eine schwache Besatzung mehrere Monden lang die wüthenden unaufhörlichen Stürme der zahllosen Türkenheere bestanden, schon war zu verschiedenen Malen der Kaiser um Rettung und Entsatz gebeten worden – aber umsonst, der hartbedrängte Kaiser vermochte nicht zu helfen, da beschlossen die Frauen zu thun, was ihr Herrscher nicht vermochte, sie wollten die Besatzung verstärken! – die Panzer der gefallenen Männer deckten die zarte Weiberbrust, schwere Helme drückten die dunkelumlockten Häupter, und so traten sie in die Reihen der Krieger, voll Muth jede Gefahr mit ihnen theilend, und sie oft noch durch größere Ausdauer übertreffend. Ein Paar Beispiele dieses Heroismus werden zeigen, wie weit ihre Selbstverläugnung ging. Die Frau eines Häuptlings, Horwath, trug einen mächtigen Stein auf ihrem Haupte herbei, um ihn auf die Belagerer zu schleudern, welche eben wieder im wilden Sturme begriffen waren – da zerschmetterte eine Kanonenkugel die Unglückliche, und von ihrem Blute ward die Tochter, welche neben ihr ging, einen Kessel mit siedendem Oel tragend, um ihn auf die Häupter der Herandringenden auszuleeren, bespritzt. Keine Thräne entfiel der jungen Heldin. »Mutter!« rief sie aus, »ich wäre nicht werth, deine Tochter zu heißen, wenn ich nicht auch die Pflicht übernähme, dich zu rächen!« Zu ihrer Last erhob sie noch den schweren Steinblock, und schritt damit auf die Höhe der Mauer. Da ließ sie den Stein auf einen dicht gedrängten Haufen herab rollen, und fünf Türken, worunter ein Pascha, wurden zerschmettert. »Das war für dich Mutter!« rief die Heldin aus – »nun auch für mich« – und auf die Schar, welche von Neuem heran drängte, um den Befehlshaber hinweg zu schaffen, goß sie die glühenden Ströme des Oels, daß mehr als zwanzig von Höllenqualen gefoltert, selbst unfähig zu fliehen, ein Raub des elendesten Todes wurden. – Gleich merkwürdig ist ein zweiter Fall. Einer der kühnsten Vertheidiger der Feste, der Bannerherr Wieliki, fiel durchbohrt von einem langen persischen Pfeile, an der Seite seiner jungen Gattin und seiner Schwiegermutter. Die Letzte rief ihrer Tochter zu, sie solle heim gehen und ein Leichenbegängniß anordnen. »Ja wohl,« erwiederte diese, »ich will ihm nur erst ein Denkmal bestellen.« Darauf ergriff sie ihres Gatten Schwert, stellte sich für ihn in die bestürmte Breche, und focht mit solchem Grimm, daß sie vier Türken erschlug, welche sie in das Innere der Circumvallation schleppte, und dann weiter focht, bis der Sturm abgeschlagen war. Nun erst ward ihr Gatte bestattet, und sein Denkmal waren die vier Türken, welche auf seinem Grabe lagen, und deren Waffen späterhin über seinem Leichenstein in der Schloßkirche aufgehängt wurden. Unzählige Thaten dieser Art geschahen, so daß bei dem letzten Sturm der Befehlshaber der Feste seinen siegesmüden Kriegern zurief: Ich brauche euch, ihr tapfern Männer, gar nicht zuzureden, daß ihr euch gut halten sollt, denn selbst die Frauen und Mädchen haben, ihre Schwäche vergessend, wie Männer gefochten, und euch manchen Sieg erringen helfen; – solcher Kühnheit werdet ihr nicht nachstehen wollen, und so weiß ich, daß wir auch dieß Mal noch siegen werden! – Und so geschah es auch; denn so lange noch ein Mensch lebte, der einen Säbel zu schwingen vermochte, so lange kam kein Türke in die Stadt. Und als die Feinde endlich eindrangen, war der Ort völlig menschenleer, nur von dem Markt ertönte ein gräßliches Geschrei. Dort waren in einer ungeheuern Wagenburg die Kinder unter zehn Jahren eingeschlossen, und sie selbst hatten auf ihrer Eltern Geheiß – unwissend, was sie thaten, diese von allen Seiten angezündet – und wurden so ein Raub der Flammen, weil die edlen Frauen lieber ihre Töchter getödtet, als in den Händen der schonungslosen Eroberer wissen wollten. Die Stadt hatte 5000 Einwohner und 38,000 Feinde hatte die Belagerung gekostet.

V.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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