- Eudoxia Feodorowna
Eudoxia Feodorowna. Diese in der Geschichte durch ihr Unglück ausgezeichnete Frau war nur vom Schicksal auf einen der höchsten Throne berufen, um in das tiefe Elend eines Kerkerlebens zu steigen, und dort die blühenden Jahre. ihrer Jugend zu vertrauern. Sie war die Tochter des Bojaren Feodor Lapuchin, und die schönste Rose des Nordens, als der Czar Peter I. im Jahr 1691 im ganzen Umkreis seines Reiches bekannt machen ließ, daß er die reizendsten Tochter des Landes vor sich versammelt zu sehen wünsche, um unter ihnen sich eine Gefährtin zu wählen, die Thron und Leben mit ihm theilen solle. Der Ehrgeiz ihres Vaters, der stolz auf sein Kind, es mit dem kaiserlichen Diadem geschmückt zu sehen wünschte, ließ Eudoxien unter die Zahl der Wahlfähigen sich stellen, unter denen ihre Reize so mächtig hervorstrahlten, daß des Czars Auge wie von der Sonne geblendet, ihre schüchternen Gefährtinnen nur noch in einem Nebel erblickte, der sie seiner genaueren Betrachtung entzog. Er entschied sich auf der Stelle für Eudoxien, doch diese brachte ihm nicht den Sclavensinn der Unterwürfigkeit, sondern den edlen Stolz des Selbstbewußtseins zur Mitgift. Nicht ohne Neigung für ihn, der an Geisteskraft und Bildung so hoch über seiner Nation stand, aber dennoch seiner wilden Leidenschaftlichkeit oft fröhnte, gab sie ihm ihre Hand, und bereits im ersten Jahre ihrer Ehe einen Sohn, den nachmals ebenfalls höchst unglücklichen Alexis. Doch des Czars sich stets erneuernde Untreuen, verbunden mit seiner ungemäßigten Heftigkeit, zerstörten bald den Funken eines höheren Gefühls für ihn in ihrem Herzen. Die Empfindungen, die er ihr früher einflößte, verwandelten sich nun in Geringschätzung und Widerwillen, und sie fühlte sich so beklagenswerth an seiner Seite, daß sie ohne Murren diesen Platz verließ, als Peter, ermüdet von der bitteren Stimmung, in welche sein Betragen sie versetzte, sie im 5. Jahr ihrer Ehe (1696) verstieß, und ihr befahl, in einem Kloster den kaiserlichen Purpur mit dem Schleier zu vertauschen. Anfangs that diese ungestörte Stille ihrer von den herbsten Gemüthsbewegungen untergrabenen Gesundheit wohl, und ihr durch stete Kampfe zwar nicht gebeugter, wohl aber erschöpfter Sinn sammelte sich in dieser Einsamkeit zu neuer Kraft. Doch eben diese wieder erlangte Energie machte ihr späterhin die Unthätigkeit, in der sie leben mußte, unerträglich. Sie sehnte sich in die Welt zurück, deren Glanz ihr nur wie ein schnell wieder erlöschendes Meteor erschienen war, und sie lauschte, verführt von den Wünschen ihres stolzen Herzens, den Schmeichelreden eines Mönchs, der ihr als Kaiserin huldigte, und ihr den baldigen Tod Peter's I. prophezeihte. Sie ließ sich verleiten, aufrührerische Verbindungen anzuknüpfen, und empört durch Peter's Härte und Grausamkeit fand die schone Frau, von der vorauszusehen war, daß sie mit mildem Scepter regieren werde, Anhänger genug, die ihr in der Stille ihr Dasein zu widmen gelobten. Unter diesen stand Glebof, ein junger Russe, oben an. Seine angenehme Persönlichkeit und die grenzenlose Hingebung seines ganzen Wesens an Eudoxia machten diese verdächtig, sich in ein Liebesverhältniß mit ihm eingelassen zu haben, obgleich die größten Martern späterhin nicht vermögend waren, ihn zu dem Geständniß einer solchen Verbindung zu vermögen, und diese daher unerwiesen geblieben ist. Peter I. entdeckte die gegen ihn obwaltende Verschwörung. Eudoxia wurde gefangen genommen, und nach den erniedrigendsten körperlichen Strafen nach Schlüsselburg gebracht, wo ihr eine lebenslängliche Gefangenschaft beschieden war. Das härteste ihrer Leiden bestand jedoch darin, daß man sie zwang, der auf eine barbarische Weise geschärften Hinrichtung ihres Getreuen beizuwohnen. Sie blieb in strenger Hast, bis ihr Enkel, Peter II., zur Regierung kam. Dieser machte es zu einer der ersten Handlungen derselben, ihr die so lange entbehrte Freiheit wieder zu geben. Noch immer schön und würdevoll, als habe die Natur und nicht ihr früheres Schicksal allein sie für einen Thron bestimmt, trat sie aus ihrem Kerker hervor, und ward von ihrem Enkel mit aller der Hoheit und dem Ueberfluß umgeben, der ihrem Rang geziemte, und zugleich mit der zarten Schonung und Theilnahme behandelt, die einem solchen Unglück gebührt. Sie starb im Jahr 1731.
A.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.