- Gonzaga, Anna von
Gonzaga, Anna von, Anna von, die jüngere Schwester der vorigen, wurde 1616 geboren und von Francisca von Chàtre, Aebtissin von Fare-Moutier erzogen. Ihr Vater fühlte für die ältere Tochter Marie eine entschiedene Vorliebe und wünschte, daß Anna und Benedicte, die jüngeren, den Schleier nehmen möchten. Ihre Erzieherin hatte daher den Auftrag, beide auf ihren künftigen Stand vorzubereiten, allein nur Benedicte gewann Neigung zum klösterlichen Leben und wurde, fast noch ein Kind, zur Aebtissin von Avenay erhoben. Anna verließ nach ihres Vaters Tode das Kloster und begab sich an den Hof Anna's von Oestreich, wo sie durch Schönheit, Geist und Liebenswürdigkeit nicht minder, als ihre Schwester Marie glänzte. Sie vermählte sich, nachdem ein Verlöbniß mit Heinrich von Guise, der schon zum Erzbischof von Rheims gewählt war, zurückging, mit Eduard, Pfalzgrafen am Rhein, dem Sohne Herzog Friedrich's III von Baiern. Unter der Regentschaft der Königin und während der Kriege der Fronde behauptete Anna, durch Gewandtheit des Geistes und Stärke des Charakters allgemein geachtet, einen wichtigen Einfluß und stand bei allen Parteien, die sie durch Milde, Freundlichkeit und Beredtsamkeit zu vereinigen wußte, in hohem Ansehen Nachdem aber Ludwig XIV. den Kardinal Mazarin zum allmächtigen Günstling erhoben hatte, mußte sie die bedeutende Stelle einer Oberhofmeisterin der jungen Königin an die Gräfin von Soissons, ihrer Nichte, überlassen. Sie zog sich vom Hofe zurück und erschien daselbst erst wieder, als sie eine ihrer Tochter an den Herzog Heinrich Julius von Bourbon, nachmaligen Prinzen von Condé, verheirathet hatte. Inmitten der reichen und bunten Wirksamkeit ihrer frühern Stellung wurde sie plötzlich durch einen Traum bewogen, den Zerstreuungen der Welt gänzlich zu entsagen und den Abend ihres Lebens der Frömmigkeit, Buße und Wohlthätigkeit allein zu widmen. Mit männlichem Eifer folgte sie jener höhern Eingebung und lebte bis zu ihrem Tode in fast klösterlicher Abgeschiedenheit. Anna von Gonzaga starb, 68 Jahre alt, am 6. Juli 1684 im Palais Luxemburg; nach ihrem Wunsche wurde ihr Leichnam im Val-de-Grace neben ihrer Schwester Benedicte beigesetzt, ihr Herz aber nach der Abtei Fare-Moutier gebracht, wo sie die Tage ihrer Jugend verlebt hatte. Die unter ihrem Namen 1786 erschienenen Memoiren enthalten anziehende Beiträge zur Geschichte des französischen Hofes unter Ludwig XIII. und der Regentschaft Anna's von Oestreich; doch hat man neuerdings bezweifelt, daß dieselben wirklich aus der Feder der pfälzischen Prinzessin geflossen seien und hat sie vielen Personen, worunter Malesherbes, Montesquieu, dem Abbé Périgord und selbst Necker und Florian, zugeschrieben. Am meisten Wahrscheinlichkeit gewinnt die Ansicht derer, welche die »Mémoires d'Anne de Gonzague« für das Werk eines gewissen Senac de Weilhan halten.
R.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.