- Höffert, Charlotte Sophie
Höffert, Charlotte Sophie, herzogl. braunschweigische Hofschauspielerin, eine liebenswürdige Erscheinung ihres Geschlechtes und eines der anmuthigsten Talente des deutschen Theaters. Geb. 1809 zu Emden, wo ihre Eltern beliebte Schauspieler waren, betrat sie schon als Kind die Schaubühne und entwickelte in ihren ersten Versuchen eine allerliebste Darstellungsgabe. Nach dem frühzeitigen Tode ihres Vaters begleitete sie ihre Mutter nach Münster und erwarb sich das Wohlwollen und den Unterricht der berühmten Handel-Schütz, die das schöne Kind öfter zu einer Figur in ihren mimisch-plastischen Darstellungen wählte. Zur Jungfrau herangewachsen, gab sie Hoffnung, eine gute Sängerin zu werden, trat als Zerline auf und wählte das Fach der Opernsoubretten. Da aber bald die Entwicklung ihrer Singstimme eine Störung erlitt, so widmete sie sich ganz dem Schauspiel. 1824 trat sie in ein Engagement bei dem braunschweiger Nationaltheater, welches damals unter Klingemann's Leitung die glücklichste Schule für aufblühende Talente war. Sophiens schönes Kunsttalent sollte aber nicht so bald an's Licht treten; es schien durch eine eigene jungfräuliche Schüchternheit gefesselt, weßhalb sie nur wenig beachtet wurde. Dennoch erhielt sie einen neuen Antrag, als das Nationaltheater in eine Hofbühne verwandelt wurde. Sie übernahm einen Theil des Liebhaberinnenfaches und ihre Darstellungen gewannen von da an immer mehr an Nettigkeit und Geist; es fehlte ihnen weder der Muthwille, noch die Empfindung, aber aus allen blickte noch immer das furchtsame Naturell, jene erste Scheu des weiblichen Genius, hervor. Erst einige Jahre später, als man ihr die Stumme von Portici vertraute, warf sie diesen Zwang von sich und überraschte sich selbst damit eben so sehr, wie die Zuschauer, die ein Wunder zu erblicken glaubten. Sie feierte gleichsam ihren poetischen Geburtstag und gewann einen Muth und eine Freude, die nie mehr aus ihrem Bewußtsein scheiden wird. Sophie Höffert behauptet seitdem in allen Partien, in der Laune wie im Schmerze, dieselbe unbefangene Kühnheit und Sicherheit, welche allein zu überzeugen, zu bezaubern vermag Sie ist seitdem eine der größten Virtuosinnen des deutschen Lustspiels geworden. In der Tragödie zeigt sie sich seltener, weil ihr die tiefern, vollern Töne und der heroische Ausdruck mangeln. Daß aber ihrer Phantasie selbst die finstersten, schrecklichsten Tiefen des Daseins nicht verschlossen sind, beweist sie im Faust. Wir erwähnen hier nur einiger ihrer glänzenden Leistungen: Suschen (Bräutigam aus Mexiko), Mirandolina, Yelva, Königin von 16 Jahren, Goldschmieds Töchterlein, Margarethe (in den Hagestolzen), Leopoldine (bester Ton), Gretchen (Faust), Anette (Kammerdiener), Polyxena (Kunst und Natur), die Taubstumme (im Abbé de l'Eppee), Louise (Kabale und Liebe), Pfefferrösel etc. – Seitdem sie der erklärte Liebling des braunschweiger Publikums ist, hat sie auch andere Städte: Dresden, Hamburg, Hannover, Bremen, Magdeburg, Berlin etc. als Gast besucht und sich überall den Kranz der Anerkennung erworben. Aber noch ist ihre Laufbahn nicht geschlossen; noch winken ihr Porzia, Cordelia, Miranda, die reinen Lichtgestalten der Poesie, zu sich herüber. 1835 vermählte sie sich mit dem Schauspieler J. Schütz.
K....i.
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