- Johanna II., Königin von Neapel
Johanna II., Königin von Neapel, die Tochter Karl's III. von Durazzo, geb. 1370, folgte ihrem Bruder Ladislas im J. 1414 auf dem Throne. Während der Regentschaft ihrer Mutter Margarethe mußte Johanna, gedrängt von der siegenden Partei des Herzogs von Anjou, von Stadt zu Stadt flüchten. Nachdem jedoch Ladislas mündig geworden, errang er die Oberhand und verheirathete seine Schwester mit Wilhelm, dem Sohne Leopold's III. von Oestreich. Schon nach zwei Jahren. löste der Tod Wilhelm's die glückliche Ehe und Johanna kehrte an den Hof ihres Bruders zurück, wo sie Zeugin seines zügellosen Lebenswandels wurde. Verführt durch böse Beispiele und ein lebhaftes Temperament gab sie sich leider ihrem Hange zu Liebeshändeln hin und suchte in unwürdigen Vergnügungen Zerstreuung. Ladislas starb 1414 ohne Nachkommen, und die Krone Neapels fiel auf Johanna. Es war die erste Sorge der jungen Königin, ihre Günstlinge mit Gütern und Ehrenstellen zu überhäufen. Ihrer Krone zunächst stand als solcher Pandolfo Alopo, ein Mann von niederer Herkunft, aber ausgezeichnet durch männliche Schönheit. Diesen erhob sie zum Landvogt des Königreichs; da aber neben ihm noch Andere die Gunst der Königin besaßen, so nahm sie keinen Anstand, sich einen Gatten zu wählen, und vermählte sich 1415 mit Jakob von der Mark. Dieser, ein Mann von Energie, bestrafte sie auch mit unzweckmäßiger Härte und Grausamkeit. Er ließ Pandolfo unter schrecklichen Martern hinrichten, die Königin in's Gefängniß werfen und der Krone für verlustig erklären. Ein alter franz. Ritter, ihr Kerkermeister, bewachte sie auf das Strengste und Härteste. Eine solche demüthigende Gefangenschaft erschien selbst dem Volke unwürdig. Es erhob sich 1416 zu ihren Gunsten und besiegte den tyrannischen König, der jetzt Johanna's Gefangener wurde, bis er 1419 Gelegenheit zur Flucht fand und nach Frankreich zurückkehrte. Der erste Gebrauch, welchen Johanna von ihrer Freiheit machte, war, sich einen neuen Günstling zu suchen. Ihre Wahl fiel auf Gianni Caraccioli, dem sie, wenn auch nicht treu, doch bis fast an's Ende ihres Lebens ergeben blieb. Indessen unterwarf sich der stolze neapolitan. Adel nur mit Widerwillen der königl. Herrschaft. Die Barone übten über ihre Vasallen eine fast unumschränkte Macht aus und griffen zu den Waffen, sobald sie sich in ihren Privilegien beeinträchtigt glaubten. Sforza verbündete sich 1420 mit Ludwig III. von Anjou, dessen Großvater Johanna I. an Kindes statt angenommen hatte. Um sich gegen beide zu vertheidigen, rief die bedrängte Johanna den König Alfons V. von Aragonien um Beistand an, unter dem Versprechen, ihn zu adoptiren und ihm einige Festungen einzuräumen. Wirklich zwang auch Alfons den Sforza, die Belagerung Neapels aufzuheben und schlug ihn in die Flucht. Aber die späte Aussicht, erst nach Johanna's Tode in den Besitz des Reiches zu gelangen, ermüdete seine Geduld; er ließ den Günstling Caraccioli im Mai 1423 verhaften und versuchte, sich seiner Wohlthäterin zu bemächtigen. Diese, zur rechten Zeit gewarnt, erklärte ihrem Adoptivsohne den Krieg, annullirte die Adoption und ernannte statt seiner ihren bisherigen Feind, den Prätendenten Ludwig III. zu ihrem Erben und Nachfolger. Durch ihn wurde Sforza versöhnt und für die Dienste der Königin gewonnen. Noch vor dem Jahresschlusse mußten die Aragonier das Land räumen, und Johanna herrschte von 1424 an unumschränkt in ihren Staaten; denn Ludwig, zum Herzoge von Calabrien ernannt, nahm seinen Aufenthalt in dieser Provinz und hielt sich scheinbar von allen Regierungsgeschäften entfernt. Von jenem Zeitpunkte an geschah in Neapel Alles durch den Willen und die Macht des noch immer begünstigten Caraccioli. Johanna überhäufte ihn mit Würden, Aemtern und Reichthümern; aber Alles dieses genügte seinem Ehrgeize nicht. Er betrug sich gegen seine Gebieterin häufig rauh und gebieterisch, und die alternde Königin mußte oftmals Trost und Beruhigung in den Armen einer Vertrauten suchen Diese, die Herzogin von Suessa, längst schon eine Feindin Caraccioli's, benutzte einen Augenblick der heftigsten Aufregung, um von der Königin einen Verhaftsbefehl für Caraccioli zu erlangen. Kaum im Besitze desselben, ließ sie ihn in der Nacht vom 17. Aug. 1432 meuchlings umbringen, und gab dann vor, er sei, als er sich mit gewaffneter Hand seiner Verhaftung widersetzte, gefallen. Die Königin, obgleich über den Verlust des Lieblings schmerzlich ergriffen, überließ sich dessen ungeachtet der Leitung seiner Feinde. Von der Herzogin wurde sie von da an gänzlich beherrscht. Inzwischen starb 1434 Ludwig von Anjou; die Königin, welche ihren Nachfolger überlebte, setzte jetzt durch Testament seinen Bruder Réné zum Erben ein, und endigte ihren Lebenslauf d. 2. Febr. 1434. Ihr sittliches Betragen muß die unbestechliche Geschichte streng rügen, ehrenvoll dagegen wird auch anerkannt, daß sie mitten unter den Stürmen des Bürgerkrieges Künste und Wissenschaften begünstigte und förderte. Sie verbesserte die Gerichtsbarkeit, schaffte Mißbräuche ab, stiftete die Universität der Rechte und der Arzneikunde, so wie auch das Hospital dell' Annunciada zu Neapel und zeigte sich in vielfacher Hinsicht als Frau von Geist und männlicher Beharrlichkeit.
E. v. E.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.