- Marlborough, Herzogin von
Marlborough, Herzogin von, ein in der englischen Geschichte durch kluge und tapfere Männer berühmter Name, wurde es nicht minder durch Sara Tennings (geb. 1660), die Gemahlin des von den Franzosen so sehr gefürchteten Kriegshelden, an welchen das bekannte Lied: »Marlborough s'en va-t-en guerre« erinnert. Sie kam, noch fast ein Kind, zwölf Jahr alt an den Hof und gewann durch ihre Lieblichkeit alle Herzen, vorzüglich aber das der Prinzessin Anna, der zweiten Tochter des nachmaligen Königs, Jacob II., und beide wurden bald unzertrennliche Freundinnen. Unter vielen Bewerbern um ihre Hand erwählte die schöne Günstlingin den liebenswürdigen, schon damals durch seine Kriegsthaten ausgezeichneten Obrist Churchill, und trug durch ihren Einfluß nicht wenig bei, ihm den glänzenden Weg zu bahnen, auf welchem er später den herzoglichen Titel von Marlborough erwarb. Von ihm dazu angetrieben, bestimmte Sara im Jahre 1688 die Prinzessin Anna, sich gegen ihren, allerdings zur Regierung unfähigen Vater, der Partei ihres Schwagers, des Prinzen von Oranien, der als Wilhelm III. jenen entthronte, anzuschließen, und ihm sogar im Fall des Ablebens der Schwester, ihre eigenen Rechte auf den Thron zuzugestehen. Churchill erhielt dafür den Grafenrang und seine gewandte Gemahlin wurde zur Ehrendame der Prinzessin Anna ernannt. Den weiteren Fortschritten des ehrgeizigen Paares stellte sich indeß bald der neue Regent, der seiner Schwägerin ihre Opfer durch Undank vergalt, und auf Marlborough's Verdienste eifersüchtig war, entgegen. Offen nahm sich nun Letzterer der unterdrückten Prinzessin, der selbst ihre früher bezogene Pension nicht mehr ausgezahlt ward, an, und bald empfand Wilhelm, welch' mächtigen Vertheidiger sie besaß. Das Parlament nöthigte den König zu zahlen, und die Gunst, in welcher Lady Marlborough bei Anna stand, wuchs dadurch natürlich noch mehr. Kaum hatte Anna den Thron bestiegen, so kam Marlborough an die Spitze des Heeres, und seine in alle Künste der Politik eingeweihte Gemahlin bildete daheim, während er auf dem Continente neue Lorbeeren erkämpfte, ein Ministerium, ganz nach seinen Wünschen. Die Freundschaft der Königin erhob sie selbst zu den ersten Ehrenämtern am Hofe, und als Beweis des zärtlichen Verhältnisses, in dem die geistreiche Marlborough zu ihrer Monarchin stand, dient ein Briefwechsel, den Beide unter den Pseudonamen Morley und Freemann unterhielten. Allmächtig am Hofe, und umstrahlt vom immer wachsenden Ruhme ihres Gatten, der mittlerweile den Herzogstitel erhalten, stand Sara jetzt auf der Höhe des Glückes. Allein die verschwenderische Gunst des Schicksals machte sie übermüthig, was die Königin sehr bald bemerkte, und tadelte. Unglücklicher Weise faßte Anna zugleich herzliche Neigung zu Elisabeth Masham, einer Verwandten der Marlborough, die, von ihr selbst am Hofe eingeführt, nur zu sehr die nämlichen Eigenschaften besaß, die ihre Tante ehedem so unwiderstehlich machten. Bald errieth Letztere ihre gefährliche Nebenbuhlerin und that die verwegensten Schritte, sie zu entfernen, erregte jedoch dadurch nur noch mehr den Unwillen der Königin, der ihre Herrschsucht täglich unerträglicher ward. Ein Glas Wasser, welches die Masham der Königin bot, und das von der eifersüchtigen Marlborough aus dem Fenster geworfen ward, nach Andern, ein Paar moderne Handschuh, welche diese der Fürstin verweigerte, gaben 1711 die geringfügige Ursache zur gänzlichen Trennung der alten Freundinnen, und stürzten in wenig Minuten das Gebäude jahrelangen Ehrgeizes. Die Herzogin, noch hoffend durch Trotz ein Zurückrufen an den Hof, wo sie sich unentbehrlich glaubte, zu erlangen, gab ihre Aemter als erste Ehrendame und grande maîtresse de la garderobe auf, doch Anna nahm nicht nur ihr Entlassungsgesuch an, sondern auch den Herzog, der damals die Schlacht bei Malplaquet gewonnen hatte, trafen die Folgen von dem unklugen Benehmen seiner Gemahlin. Seine Neider beschuldigten ihn mehrerer Verbrechen, er wurde im Jahre 1712 aller seiner Stellen entsetzt, und wählte eine freiwillige Verbannung, wohin ihm Sara folgte, und jetzt durch die innige Liebe und Sorgfalt, womit sie ihm dieselbe erleichterte, wieder achtungswerth erschien. Nach Annas Tode, 1714, kehrten beide in's Vaterland zurück und Marlborough ward von Georg I. in seine früheren Würden wieder eingesetzt, lebte jedoch nur bis 1722. Seine Gemahlin, die ihn treu gepflegt hatte, und bis zum Tode nicht von ihm wich, trat nun ganz in's Privatleben zurück und beschloß ihre wechselvolle Laufbahn 1744 zu London.
F.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.