- Novalis
Novalis. So nannte er sich als Schriftsteller; sein Familienname ist Friedrich von Hardenberg. Er ward auf dem Gute seiner Familie in der Grafschaft Mansfeld den 2. Mai 1772 geb., genoß dort eine sorgfältige Erziehung und wurde später auf das Gymnasium zu Eisleben geschickt. Diese Beziehungen zu Luther sind nicht uninteressant, und haben vielleicht frühzeitig eine hervorstechende Seite seines Wesens, die Religiosität, berührt; Luther ist bekanntlich zu Eisleben geb., und starb auf dem Gute der Mansfeldischen Fürsten. Die höheren Studien verfolgte H. auf den Universitäten Jena, Leipzig und Wittenberg. Sein Fachstudium war Jurisprudenz; er kam nach Tennstädt, um die praktische Carrière anzutreten, ging aber bald davon ab und widmete sich dem Salinenwesen. Eine zärtliche Neigung fällt in diese Periode seines Lebens, und der erste durchgehende Schmerz, der Verlust seiner Geliebten durch den Tod 1797. Von Hause aus zart organisirt, ward er bis in's Innerste davon betroffen, sein Hinneigen zum träumerischen Weh, zu inniger Verbindung mit dem Weben der Gottheit in Natur und Menschen reiste unter Thränen. Er beschäftigte sich jetzt eifriger mit Naturwissenschaften und ging nach Freiberg, um an der dortigen Bergakademie einen neuen Studiengang zu befestigen. Hier fand er Julie von Charpentier, und in ihr eine neue innige Liebe. Im Sommer 1799 ward er als Assessor dem Directorium der Salinen beigesellt, und in die Zeit dieses Aufenthalts fällt sein lebhafterer Verkehr mit denjenigen Literaten, welche man oft kurzweg die Romantiker nennt, mit den Gebrüdern Schlegel, Ludwig Tieck etc., die damals in Jena waren, und mit Hochstellung und größter Verehrung Göthe's, eine neue Dichterschule zu gründen versuchten, die von der Schiller'schen in vieler Art verschieden war. Daß Göthe später den Ultraismus dieser Richtung, welcher sich besonders in Spielerei mit dem Katholicismus ausdrückte, hart und ganz verläugnete und angriff, ließ die Schule zu keiner eigentlichen Reise kommen, sie bleibt aber stets ein sehr wichtiger literarischer Moment unserer Geschichte, und es muß ihr immer ein tiefer und bedeutender Einfluß zugestanden werden. Sie hat viele der innerlichsten Beziehungen des Menschen zu Gott und Welt schön herausgebildet, und ist eine heilsame Opposition gegen das reflektirende, rhetorische Element unserer Poesie geworden. Hardenberg kam damals öfter nach Jena und schloß sich diesem Kreise an, war ihm durch seine innigen, in Sehnen oder Andacht webenden Gedichte, durch seine »Hymnen an die Nacht,« und seinen leider nur angefangenen Roman »Heinrich von Ofterdingen« sehr willkommen. Er wollte damals seine Kenntniß und Poesie der Natur und sonstige Anschauungen in 6 Romanen niederlegen; aber die kranke Brust brach zeitig Herz und Leben, er starb am 25. März 1891 zu Weißenfels, also noch nicht 30 Jahre alt. Außer dem Angeführten ist uns nur ein Theil geistlicher Lieder, der Anfang eines Gesangbuchs das er herausgeben, und zu dem er auch Predigten schreiben wollte, und ein Band Fragmente übrig. Auch ein encyklopädisches Werk hat er im Sinne gehabt. Abgesehen von der kränklichen Reizbarkeit, die seinem Körper entsprang, ist er eine seine, poetische Erscheinung. Die unaussprechliche Sehnsucht seines Wesens nach einem Ungekannten, dieses kindliche Suchen nach einem Unausgesprochenen, dieß Suchen der »blauen Blume,« die in seinem Romane spielt, hat jenen Duft über seine Erscheinung ausgegossen, für welchen der Name romantisch so wohl bezeichnend war.
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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.