Tiberius

Tiberius

Tiberius. Nachdem Roms Bürgerkrone dem Meistbietenden zugefallen; nachdem der großer Cäsar die Purpurtoga der Dictatur aus eigener Machtvollkommenheit um seine Schultern geworfen, und der schlaue Augustus die Alleinherrscherkrone versteckt unter dem Lorbeerkranze des ersten Bürgers getragen: trat, um zu der Unterwürfigkeit auch noch die Schmach zu gesellen, auf die Cäsaren-Bühne das blutbefleckte, unheimliche Gespenst – T. sein Name, Groll und Zwiespalt seine That, Verwünschung sein Andenken! Geb. 42 v. Chr., der Sohn eines römischen Patriziers gl. N. und der Livia Drusilla, nachmaliger Gemahlin des Kaisers Augustus, zeigte er früher die schönsten Fähigkeiten, allein gleich Anfangs begleitet von einer düstern, verschlossenen Gemüthsart. Doch erprobte er sich wenigstens in Gefahr und Wirren, namentlich in den Kriegen gegen die Rhätier, Vindelicier, Dacier, Dalmatier und Germanen, die er selbst zu verschiedenen Zeiten als Oberfeldherr leitete, als einen tüchtigen und kühnen Kämpen, so daß ihm August seine eigene Tochter Julia (s. d.) zur Gemahlin gab und ihn später (4 v. Chr.) zu seinem Sohne, endlich auch zum Mitregenten annahm. Von. der ausschweifenden Julia geschieden, schied doch sein böser Engel nicht von ihm. Mit Geiersittigen und Rabengeächz umschwirrte ihn der Argwohn. Nach August's Tode war es seine erste Handlung, daß er des Verstorbenen einzigen Enkel, den Agrippa Posthumus, hinrichten ließ, um sich völlig des Thrones zu versichern. Mit demüthigem Stolze ergriff er als Cäsar das Ruder des Staats; Schlauheit und Grausamkeit wurden seine Lictoren, Schmeichelei seine Botin. Voll Arglist buhlte er zum Schein um die Gunst des Volkes und des Senates, während er beide als Sclaven seiner Zwecke unter die Speichen seines goldenen Wagens warf. Doch zeichnete ihn in. den ersten Jahren seiner Regierung noch ein gewisser Eifer für die Gerechtigkeitspflege und eine große Freigebigkeit aus: – später aber, und als der nichtswürdige Sejanus sein Vertrauen erhielt, gingen auch jene beiden goldenen Körner in der allgemeinen Blutsaat unter. 26 Jahre n. Chr. verließ er Rom, um nie wieder dahin zu kehren. Unzufrieden mit sich selbst, ließ er sich auf der einsamen Felseninsel Caprea im Golf von Neapel nieder, wo er menschenscheu und dumpfwüthend seine Gottheit mit Füßen trat, seinen Purpurmantel in den Koth warf, den Tempel seines Leibes zum Schlupfwinkel toller Lüste herabwürdigte. Nur der Würgengel Sejanus war sein Vermittler mit der Welt; durch ihn sandte er seine Bannblitze in die ewige Stadt, daß das Capitol erzitterte und Brutus und Cato's bleiche Schatten sich des Nachts auf dem Forum zeigten dem erschreckenden Volke. Zuletzt verließ T. seine Insel und bezog ein Landgut des Lucullus, wo er zum Tod erkrankte, und als er noch einmal erwachte aus der Agonie, (37 n. Chr.) mit Betten erstickt wurde.

B.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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