- Valladolid
Valladolid. »Land, Land!« rief es nach langer verzweiflungsvoller Fahrt von des Columbus Schiff; und freudig begrüßte der heldenmüthige Oceanbeschiffer das erste Gestade der neuentdeckten Welt. Es war am 20. Mai 1506, als Columbus hier in V. einen anderen und wohl süßeren Ruf vernahm nach einem anderen Lande: das Herz von schnödem Undank gebrochen, bleich und abgehärmt lag er an diesem Morgen dort in der Nähe des Platzes Campo grando auf seinem Sterbelager und hauchte die große Heldenseele aus. Seinem letzten Wunsche gemäß legte man die Ketten, die er einst getragen, ihm in den Sarg; und der Sarg ward hinausgetragen zur Stadt, um in Hispaniola der Mutter Erde übergeben zu werden. Ach! V. selbst gleicht jetzt einem Sarge, und rings umschwirren dasselbe, wie die ganze spanische Provinz gl. N, deren Hauptstadt es ist, die Ketten der Barbarei. Einst der frohe Tummelplatz von 100,000 gewerbthätigen Einw., zählt es, halb verödet, deren nur noch 30,000. Trüb und matt schleicht der Pisuerga an der Stadt vorüber. Die berühmte, 1346 gestiftete Universität zeigt nur noch wenig glänzende Namen; und der schöne Dom vernimmt nur die Seufzer der vom Kriegsunglück bedroheten Beter. Der düstere Schatten der Philippe umwallt den alten, von Philipp IV. erbauten Palast; einst stand da die Residenz der Könige von Castilien In V. wurde auch Philipp II. und Anna von Oestreich geboren; doch V. ist nicht groß durch die, die es gebar: – es ist nur groß durch seinen großen Todten!
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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.