Bechtolsheim, Julie Freifrau von

Bechtolsheim, Julie Freifrau von

Bechtolsheim, Julie Freifrau von, in Eisenach, ist die Tochter des Freiherrn von Keller, der die Stelle eines Staatsministers bekleidete, und in Gotha geboren. Sie genoß von früher Jugend an die sorgfältigste Erziehung, und verdankt dieselbe vorzüglich ihrer vortrefflichen Mutter, da sie ihren Vater sehr frühzeitig verlor. Derselbe hatte sich zuletzt von den Geschäften zurückgezogen und lebte auf seinen Gütern, wo Julie und ihre übrigen sechs Geschwister aufwuchsen. Dieselbe entwickelte eine vorzügliche Lernbegierde und zeigte namentlich ein für ihr Geschlecht seltenes Interesse für die klassische Literatur der Römer und Griechen; nach der Sitte der damaligen Zeit erlernte sie zeitig die französische Sprache und zeigte auch für das Studium dieser Literatur einen so großen Eifer, daß sie es bald so weit brachte, nicht nur sich mit Geschmack auszudrücken, sondern selbst mit dem Versbau durchaus vertraut zu sein. Sie war der Liebling aller derer, die sie kannten, und Wieland, der ihrer Mutter eng befreundet war, nannte sie seine Psyche, unter welchem Namen sie uns in seinen Briefen oft begegnet; er war es vornehmlich, der in dem zarten Gemüthe der blühenden Jungfrau den schlummernden Funken der Poesie entdeckte und anregte. Nach ihrer Verheirathung mit dem Freiherrn von Bechtolsheim fand sie neben der Erziehung ihrer Söhne noch Muße genug, sich der Kultur der Wissenschaften und namentlich der Ausbildung ihres dichterischen Talents zu widmen. Seit 1803 lebt sie in Eisenach. Mehrere harte Schicksalsschläge, wohin vorzüglich der Verlust ihres Gatten und mehrerer Kinder und Enkel gehört, drückten sie nieder, und gewiß war ihr in solchen Widerwärtigkeiten des Lebens das Gelingen ihrer poetischen Arbeiten ein süßer Trost und das Reich der Künste ein willkommenes Asyl. Frühere Beiträge von ihrer Hand enthält Voß's Musenalmanach, spätere finden sich in Becker's Erholungen, im Frauenzimmeralmanach und in der Urania. Die Herausgabe ihrer gesammelten Gedichte hat die Bescheidenheit der Verfasserin noch bis jetzt der gebildeten Lesewelt und ihren zahlreichen Freunden vorenthalten.

X.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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