- Eden
Eden, nach dem Hebräischen so viel als Anmuth, Lieblichkeit. Moses bezeichnete damit jenen reizenden Garten, in welchem nach der Schöpfungssage das erste Menschenpaar lebte und den Milton so hinreißend besungen hat. Siebzig griechische Dolmetscher übersetzten vor Alters die heilige Schrift, und bildeten, um jenen Begriff ihrerseits zu bezeichnen, aus dem Persischen das Wort paradeisos, woraus die synonyme Benennung Paradies entstand. Wo sich dieser, von der Natur mit allem Zauber ausgestattete Ort eigentlich befand, ist vielfach, doch vergeblich erforscht worden. Die alte Geschichte erzählt von einem riesenhaften Hauptstrome. der in vier Arme sich spaltend, Edens Lustgefilde theils umgab, theils durchfluthete; daran aber knüpfte die Forschung ihre Fäden, und ohne der tollsten Hypothesen, wie der von Nordpreußen, zu gedenken, ergab sich die Wahrscheinlichkeit 1) für den Landstrich zwischen dem Euphrat und Tigris (d. alte Mesopotamien), wo die Blumen wie Edelsteine schimmern; 2) für das milde, gesegnete Armenien und 3) für das rosengekränzte Thal Caschmir in Nordindien. Auch unter den Bewohnern Ceylons findet der Reisende die feste Ueberzeugung, daß ihre Insel dereinst der Garten Edens gewesen, und noch zeigen sie den See, den ihre Thränen bildeten, als sie den Tod des sanften Abel beweinten. Ein Berg daselbst ist zu Adam's Gedächtniß gemacht und gilt als eine Art Wallfahrtsort. – Sehr nahe liegt demnach der aus Vorstehendem sich ergebende Gedanke, daß die Tradition der Völker bald jede von der Natur bevorzugte Gegend ein Eden oder Paradies nannte, und da der eigentliche Garten der Schrift auf Erden mit Bestimmtheit nicht nachzuweisen war, so schmückte kindlich-frommer Glaube jene unbekannten Räume, die er den Seelen tugendhafter Abgeschiedener nach dem Tode anweist, mit seinen Namen und seinen Annehmlichkeiten. Wunderbar verbreitet und vielgestaltig herrscht diese Meinung, diese Hoffnung unter den Zonen, sie leuchtet durch die Nebel des grauesten Alterthums und wir begegnen ihr deutlich wieder als Elysium im Mythos der Griechen, wie selbst, nur anders gefärbt im Koran des Muselmannes. Ueberall aber trägt sie den Inbegriff der höchsten Glückseligkeit und Wonne.
F.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.