Lichter

Lichter

Lichter, Cylinder von Talg, Wachs, Walrath oder Palmwachs, in deren Mitte ein leinener oder baumwollener Docht ist, welcher beim Anzünden die nächstgelegene Schicht des nichtflüssigen Talges oder Wachses schmelzt und durch die Zwischenräume seiner eigenen Substanz zum Gipfel führt, woselbst sie durch die Hitze der angezündeten Flamme in Gas versetzt, diese sie selbst zerstörende Flamme immerfort ernähren. Die Bereitung ist nach der Substanz sowohl als nach der größeren oder geringeren Stärke, die man ihnen geben will, verschieden und trennt sich hauptsächlich im Gießen und Ziehen. Das Gießen ist sehr einfach und wird in vielen Haushaltungen vorgenommen. Lichtformen aus Zinn, inwendig von der höchsten Politur, daher über einen Dorn von Stahl, welchem der reinste Glanz gegeben worden ist, gegossen – werden senkrecht aufgestellt mit der kleinen Oeffnung unten, mit der großen nach oben gerichtet; der Docht von Baumwolle locker gedreht und mit Wachs bestrichen, wird durch die untere Oeffnung gebracht, mit einem kleinen Knebel befestigt, straff angezogen und über ein schmales Hölzchen gespannt, welches quer über der obern weiten Oeffnung gelegt, den Docht genau in der Mitte der Form erhalten muß. Gießt man nun die geschmolzene, nicht zu heiße Masse in die Form, so kann man nach dem Erkalten das ganze Licht ohne Mühe aus derselben ziehen, und nachdem man mit einem scharfen Messer die Unebenheit des untern Randes hinweggeschafft hat, ist das Licht fertig. Das Lichterziehen macht mehr Umstände, wird auch in Haushaltungen in Einzelnheiten anders ausgeführt, als in Fabriken oder Seifensiedereien. Zuerst muß man die Dochte bereiten, dazu wickelt man von vier, fünf oder mehr Knäueln die Faden zugleich auf einen andern Knäuel, je nachdem der Docht aus acht, zehn oder mehr Fäden bestehen soll. Auf einer Bank, welche die Dochtbank heißt, steht ein senkrecht aufgerichteter Stock fest, und ein eben so aufgerichtetes scharfes Messer, welches indessen nicht fest, sondern in eine Nute verschiebbar ist, und dem Stock, welcher der Dochtträger ist, näher gebracht oder von ihm entfernt werden kann. Man setzt sich vor die Dochtbank, legt von dem fünffachen Faden ein Stück um den Stock, bis beide Enden das Messer erreichen, und schneidet sie nunmehr zugleich an diesem ab. Darauf dreht man sie etwas, bis sie beim Loslassen sich verdoppeln, zusammenlaufen, und fährt so fort, bis man die nöthige Qualität von Dochten hat. Weiter darf man ihn nicht behängen, weil er sonst bei der nachfolgenden Operation leicht brechen könnte. Diese besteht nun darin, daß man einen Docht nach dem andern bei den abgeschnittenen Enden faßt, aufzieht, daß er wieder gerade wird, und ihn nunmehr einige Mal mit einem Stück gelbem Wachs überreibt, d. h. wichst; nun läßt man ihn los, um einen andern Docht eben so zu behandeln. Geschieht das zu hoch oben am Dochtstock, so zerbricht er gewöhnlich. Sind alle Dochte auf diese Weise behandelt, so setzt der Seifensieder sie auf einzelne Stöcke (Lichtspieße)zehn bis zwanzig an einander, so daß zwischen jedem anderthalb bis zwei Zoll Zwischenraum sind. In Haushaltungen hat man hierzu ein eigenes Instrument, welches man ein Rad nennt. Es besteht aus einem starken, breiten Fuße, mit darauf senkrecht stehender Säule, diese trägt einen Topf mit zehn bis zwölf Armen. Das Ende jedes Armes theilt sich in drei oder vier Zweige, an deren jedem ein Knopf von Holz ist, worauf man eine Scheibe hangen kann, welche die Größe eines Topfdeckels hat. Der untere Theil dieser Scheibe ist mit einer Menge Häkchen im Kreise besetzt, und an diese Häkchen hängt man die Schleifen der Dochte. Die ganze Einrichtung ist darauf berechnet, daß eine Hausfrau ihren Talg in einem großen Topfe hat, während der Seifensieder hierzu sich eines länglichten, mehrere Ctr. fassenden Kastens bedient, in den er zwei bis drei Lichtspieße parallel gehalten auf einmal taucht, während die sparsame Hausfrau, welche sich um des Vortheils willen die Lichter selber zieht, die ganze Anstalt nur im kleinen Maßstabe brauchen kann. Der Topf mit dem geschmolzenen Talg wird nun neben das Rad gestellt, und der Teller des einen Armes langsam bis an die Schleife der Dochte in das geschmolzene Fett eingesenkt, dann gibt man dem Rade eine Drehung, so daß ein zweiter Arm zunächst des Topfes zu stehen kommt, fährt so fort, bis man rund herum gelangt ist; sodann beginnt man die ganze Operation zum zweiten – und zum zehnten Male von Neuem, bis alle Lichter die beabsichtigte Stärke haben. Dann häkelt man sie los, beschneidet die untern Enden, und die Lichter sind fertig. Wenn man Wachs so behandelt hat, so müssen die Lichter, um eine gleiche Form zu bekommen, noch mit einem Rollbret gemangelt werden, wozu man sie auf einen glatten, manchmal benetzten Tisch legt, und ein glattes Bret mit sanftem Druck über sie hinwegschiebt, welches zur Folge hat, daß sie sich walzenartig unter demselben drehen und eine glatte Oberfläche annehmen, was bei gegossenen Lichtern nicht nöthig ist. Die schönsten Talglichter liefern Rußland und Irland, in London hat der Lichtzieher Desormeaux seit einigen Jahren Lichter erfunden mit hohlen Dochten, wie bei den argand'schen Lampen, welche durch Reinlichkeit und helles Licht Nichts zu wünschen übrig lassen, aber freilich auch theurer sind. V.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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