- Wlasta
Wlasta, eine Heldin der böhmischen Sage, der mythischen Böhmenkönigin Libussa (s. d.) Gürtelmagd und Vertraute. Als diese weise und geliebte Fürstin gestorben war, sammelte W. die übrigen Dienerinnen und Mägde in der Königsburg um sich her, zeigte ihnen in feuriger Rede die Schmach und Abhängigkeit, in welcher Frauen und Jungfrauen von den böhmischen Männern gehalten wurden, entflammte alle zu grausamem Männerhaß und gründete ein Amazonenthum. Nachdem die Verbündeten die Libussensburg verlassen, erbauten sie unweit Prag den Dieani oder Dieain, die Mägdeburg, und sammelten dort ein Heer unzufriedener Weiber, die durch irgend einen Grund sich bewogen fühlten, ihren Männern davonzulaufen. Es konnte nicht fehlen, daß dieses Auflehnen gegen die männliche Gewalt, da die neuen Amazonen allen und jeden Gehorsam verweigerten, und ihre Usurpation mit dem Schwert in der Hand verfochten, den Zorn der Männer herausforderte, allein es gelang diesen nicht sogleich, der Sache ein Ende zu machen. Der Fanatismus für die Idee der Freiheit focht in den Reihen der Weiber und schlug jeden Angriff ab, Frevel auf Frevel häufend. Dabei führte W. eine immerwährende Waffenübung ein, und suchte auf alle Weise jede Regung weiblichen Gefühls in den Herzen ihrer Anhängerinnen zu ersticken. Der Sohn Libussens, König Przemislav, nicht der energischste Fürst seiner Zeit, berief einen Landtag, um zu berathen, wie das überhand nehmende Unwesen unter Wlasta's Leitung zu tilgen sei, denn die Weiber übten allen ersinnlichen Verrath, trennten glückliche Ehen, lockten unerfahrne Jünglinge ins Verderben und sammelten immer stärkern Anhang. Przemislav wollte die Rache aufschieben, aber die versammelten Männer drängten zum Kampf, wählten einen Hauptmann und zogen vor den Dieain. Als W. das wahrnahm, wappnete sie sich mit ihrer Schar, brach aus der Burg, und erschlug fast den ganzen Haufen mit Hilfe ihrer Unterführerinnen Madka, Hodka, Nabka, Smatava, Wradka, Radka und Czaslama. Nur wenige Männer entrannen dem Blutbad. Aehnlicher Siege folgten noch mehrere; W. nannte sich Fürstin des Böhmerlandes, und schrieb Gesetze aus, welche den Männern die empörendste Erniedrigung auflegten. Dieß erregte endlich, nachdem das Unwesen 7 Jahre gedauert, den Muth der Männer auf; man zog vor die Mägdeburg, W. fiel heraus und nach einem langen zweifelhaften Kampfe, in welchem mit der größten Tapferkeit von beiden Seiten gestritten ward, wurde W. erschlagen, die böhmischen Amazonen in die Flucht gejagt, der Dieain erobert und zerstört, und die alte Ordnung der Dinge wieder hergestellt. Ausführlich und mit poetischer Färbung hat van der Velde den »böhmischen Mägdekrieg« besungen, und Egon Ebert hat ihn zum Stoff seines Epos Wlasta gewählt.
–ch–
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.