- Campagna di Roma
Campagna di Roma, die ehemals blühendste reichste Gegend Italiens, ein Landstrich 12–20 geographische Meilen breit und 50 Meilen lang, welcher rings um Rom her liegt, von Viterbo anfängt, und sich mit Inbegriff der pontinischen Sumpfe (s. d.) bis nach Terracina erstreckt. Flach, nur wenig hügelig, durchaus vulkanisch ist der Boden, auf welchem mehrere Seen in wirklichen Kratern erloschener Feuerberge, die Spuren früherer Thätigkeit bezeichnen. Diese Eigenschaft begründet die wunderbare Fruchtbarkeit desselben, es fehlt nur an Menschen, welche arbeiten wollen, um aus diesem Sitz der bösartigsten Fieber wieder das zu machen, was es zur Blüthenzeit Roms war, die Kornkammer Italiens, der Lieblingsaufenthalt der freundlichen Pomona, das Sans souc aller großen und genialen Geister der jetzt verödeten Hauptstadt der Welt. In der Campagna di Roma lernt man Roms alte Herrlichkeit besser kennen, als in der Stadt selbst; ungeheure Wasserleitungen, welche in ihrer Erhabenheit und Kühnheit aller Werke der Neueren spotten, - unterirdische Canäle durch Felsen gehauen, Denkmäler, Pyramiden, Prachtbauten, Bäder, Villen, Tempel etc. bezeichnen in ihren großartigen Ruinen die Gegenwart eines mächtigen kunstsinnigen Volkes. Damals war das kleinste Stückchen Land bebaut, – Alles war ein zusammenhängender Garten. Mit den verwüstenden Völkerwanderungen, welche wie ein reißender Strom über Italien herein brachen, nahm dessen Einwohnerzahl, und mit ihr das Bedürfniß des Anbaues auf einen solchen Grad ab, daß jetzt zum mindesten 1½ des großen Landstriches völlig wüstliegen; »kein Dorflein mehr schaut zur Peterskirche empor.« – Die einzigen Bewohner der ganzen Campagna sind Viehherden von großer Zahl, welche halb oder ganz wild, drei Viertheile des Jahrs – oder das ganze Jahr in diesen Steppen zubringen. Die Ziegen- und Schafhirten, echte Nomaden, gehen ganz in Felle gekleidet, und wenn sie blutgefärbt, mit den frischen Spuren ihrer Schlächterarbeit auf Händen und gebräuntem Gesicht, aus den unterirdischen, halb verschütteten Gewölben einer Rennbahn, eines Grabmahles treten, so können sie auch den Beherztesten in Schrecken setzen. Sie und ihre Herden verlassen während der drei tödtlichen Sommermonate die Campagna und fliehen den Gebirgen zu, nicht so die wilden Rinder- und Büffelherden, und ihre berittenen Hüter, welche mit langen Lanzen bewaffnet, darauf achten, daß die Thiere nicht zu weit sich verlaufen. Diese Unglücklichen halten ihr hartes Schicksal selten mehr als zwei Jahre aus. Dem Gebirge entstammend, der reinen frischen Luft gewohnt, steigen sie, durch ihre bittere Armuth getrieben, herab in die Ebene, und verdingen sich um geringen Lohn an die Herdenbesitzer. – Die schmeichelnden linden Lüfte, in deren Kosen Niemand tückischen Verrath und den lauernden Tod ahnet, nagen an ihrem Leben; siech, kränklich werdend, erholen sie sich kaum durch den nächsten Winter und Frühling; der zweite Sommer bringt ihnen gewöhnlich den Tod, wenn sie ihr gefährliches Gewerbe nicht aufgeben. Im Sommer ziehet von Süden her über die Campagna ein leises, sanftes Wehen, welches der Fremdling, besonders an den heiteren schönen Abenden, welche diese Jahreszeit mit unnachahmlichem Reiz schmücken, mit einem beseligenden Wohl- und Wonnegefühl einathmet – der Römer flieht entsetzt die hoch gelegenen und freien Plätze, auf welchen ihn dieser Luftzug erreichen kann. – Noch hat Niemand den tödtlichen Giftstoff aus dieser Luft, welche der Römer malaria, oder aria cattiva nennt, zu scheiden gewußt, doch muß ein solcher Stoff darin verborgen sein, nicht nur, daß wirklich die höher gelegenen Theile der Stadt völlig verödet sind, nicht nur, daß sich immer weiter abwärts der verderbliche Einfluß der Luft erstreckt, so sieht man auch den Dom der Peterskirche, welcher mit Kupfer gedeckt ist, auf der Seite, von welcher die aria cattiva kommt, mit einer bläulichgrünen Kruste überzogen, während auf der andern Seite das Kupfer in seiner natürlichen braunen Metallfarbe erscheint. Man sieht das Weiterschreiten dieser bösen Luft, vermag ihrer Wirkung keinen Einhalt zu thun, und fürchtet, daß sie einst Rom völlig verwüsten werde.
V.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.