Espinasse, Julie Jeanne Eleonore de l'

Espinasse, Julie Jeanne Eleonore de l'

Espinasse, Julie Jeanne Eleonore de l', Demoiselle Julie Jeanne Eleonore de l', bekannt durch ihre Briefe, von denen wir eine gelungene deutsche Uebersetzung von der Hand der Madame Spazier besitzen, war zu Lyon im Jahre 1732 geboren, ein Kind der Liebe und frühzeitig in die Welt gestoßen, die sie ohne Freunde, ohne Hilfsmittel, ohne Aussichten betrat. Der Wendepunkt ihres Lebens war die Bekanntschaft der Frau von Dü-Deffant (s. d.), jener geistvollen, liebenswürdigen Dame, welche damals in den feinsten Gesellschaften der Hauptstadt durch ihre Talente und ihre Anmuth glänzte. Die Zuneigung derselben erwarb sich Demoiselle de l'Espinasse in so hohem Grade, daß Frau von Dü-Deffant sie zu ihrer Gesellschafterin wählte. Allein bald überstrahlten die Gewandtheit und das einnehmende Wesen Juliens die Geistesgaben ihrer Wohlthäterin, welche einen nach dem andern von ihren Verehrern, ja sogar ihren langjährigen Freund, d'Alembert, auf jene übergehen sah, und so trennten sich beide nach einem zehnjährigen Zusammenleben. Julie hatte durch einflußreiche Freunde eine Pension vom Hofe erhalten und lebte von nun an ganz den Eindrücken ihres Herzens, das nur für die Empfindungen der Liebe geschaffen schien, und dem Schimmer, welchen der Reichthum ihres Geistes der Gesellschaft verlieh, die sich um sie versammelte. Wohl nie hat eine Dame so sehr als Demoiselle de l'Espinasse die Fertigkeit besessen, die Liebenswürdigkeit und die Talente Anderer glänzen zu lassen, und so geschickt zu verbergen, wie sie dabei doch nur immer ihre eigene Anmuth hervortreten ließ. D'Alembert war unter der Anzahl ihrer Bewunderer der eifrigste, und doch konnte er ihr nie mehr, als die Achtung der Freundschaft abgewinnen; eine Leidenschaft zu dem spanischen Grafen Mora, der in der Blüthe des Alters und der Hoffnung 1774 starb, hatte Juliens Seele mit jenem süßen Dunkel der Schwärmerei erfüllt, welches sich so willig den Bildern einer träumerischen Melancholie überläßt und vor den Fesseln der Ehe zurückschreckt. Eine spätere Neigung zu dem Grafen von Guilbert scheint nicht minder traurige Eindrücke der Reue und des gebrochenen Vertrauens in ihrem Herzen zurückgelassen zu haben; ihre letzten Augenblicke wurden von d'Alembert's inniger Freundschaft, welche ihr keine Verkettung der Verhältnisse hatte entziehen können, verklärt; sie starb am 23. Mai 1776. Die »Lettres de Mademoiselle de l'Espinasse, écrites depuis l'année 1773 jusqu'à l'année 1776« Paris 1809 und 1811, enthalten die rührende Geschichte eines liebeglühenden Gemüthes, den Ausdruck der zartesten Gefühle, mit der schmucklosen Sprache der Wahrheit geschildert, die einer aufrichtigen Theilnahme nie entbehren wird.

T.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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