Geistlichkeit

Geistlichkeit

Geistlichkeit. Im weitesten Sinne umfaßt diese Benennung die Priester und Priesterinnen aller Völker und Zeiten, den ehrfurchtgebietenden Stand der Religionsdiener, die Priester der Isis und des Osiris unter den Pyramiden und Obelisken Aegyptens, die Kabiren, die Priester des Orpheus und der Cybele im heiligen Samothraka, die Priesterinnen der Diana zu Ephesus und des Apollo zu Delphi, Juno zu Dodona und Eleusis, die Auguren und Haruspices zu Rom, Druiden und Barden bei den Galliern und Teutonen, die Lama's in Tibet, geistlichen Mandarinen in China, Braminen in Indien, Ulema's bei den Moslim, Priester und Leviten bei den altern, Rabbiner bei den neuern Juden, Bonzen, Fakirs, Derwische, Vestalinnen, Sonnenjungfrauen etc. bis zu den weißgekleideten, rosenumflorten Diakonissinnen der ersten christlichen Kirche hinaus. Im engern Sinne begreift man unter Geistlichkeit, Klerus, die durch Priesterweihe (Ordination) befähigten Diener der christlichen Kirchen. Als solche bildet sie einen besondern Stand, der von den Nichtgeweihten, den Laien, sich ausschließt und dem die Verwaltung der Sacramente, der Religionsunterricht, so wie die Ausübung der kirchlichen Macht anvertraut ist. Sie ist nach Religionen, Secten, Orden, Trachten, Würden und Sitten verschieden. – Man unterscheidet die griechische, katholische und protestantisch-evangelische Geistlichkeit nach der Gestaltung der christlichen Kirche in diese drei Hauptabtheilungen. Seitdem Apostel und Evangelisten in der christlichen Kirche Bischöfe und Aelteste (Presbyter) eingesetzt hatten, waren diese auch die Vorsteher der Gemeinden, die Hirten (Pastores) der ihnen anvertrauten Herden, die den Gläubigen das Evangelium predigen und Pfleger ihrer Seelen sein sollten. Als durch Constantin den Großen (s. d.) die christliche Religion zugleich Religion des Hofes und Staates wurde, machten die Gemeindevorsteher den geistlichen Stand aus, der eine so hohe Autorität erhielt, daß er auf die Einsetzung Petri basirt, bald eine geistliche Herrschaft (die Hierarchie) ausbildete und im Namen der Kirche Königen und Völkern Gesetze vorschrieb. Die Geistlichkeit der morgenländischen oder griechischen Kirche, zu welcher auch die abyssinische und koptische, so wie die Abtheilungen der Jakobiten, Armenier etc., gerechnet werden, ist zu einmaliger Ehe verpflichtet und beobachtet mit pünktlichem Eifer die Ceremonien des Gottesdienstes. Man unterscheidet die hohe oder schwarze Geistlichkeit von den Weltgeistlichen oder der weißen Geistlichkeit. Ihre Kleidung ist prächtig. Sie nennen sich Patriarchen, Archiepiskopen, Episkopen, Archidiakonen, Diakonen, Protopopen, Erzpriester und Popen oder Papas (Priester) etc. Ihr geistliches Oberhaupt ist der Patriarch von Constantinopel. Die russisch-griechische Geistlichkeit wird seit 1121 von der heiligen Synode zu Petersburg, deren Souverain der Kaiser ist, dirigirt. Die abendländische, lateinische oder römisch-katholische Geistlichkeit unter der Herrschaft des Papstes (s. d.), an Macht und Reichthum die glänzendste, ist durch Ritter-, Mönchs- und Nonnenorden ausgezeichnet und prangt in alter Pracht und heiligem Pomp. Man unterscheidet Welt- und Klostergeistliche. Cardinäle und Bischöfe kleiden sich in Purpur und Gold, Weltpriester in schwarzer Amtstracht Bei den Religionsverrichtungen sind sie mit köstlichen Ornaten geschmückt. Die Conventualen (Klosterbrüder und Klosterschwestern) tragen sich je nach der Farbe ihrer Regel. Ihre Vorsteher heißen Aebte und Prälaten, Pröpste, Dechanten, Generale, Provinziale, Guardiane etc. Es gibt Dom- und Stiftskapitel, Aebtissinnen und Stiftsdamen, Laienbrüder und Laienschwestern. Viele dieser Orden und Stiftungen sind dem Unterrichte der Jugend, wie z. B. die Benedictiner, Piaristen, Ursulinerinnen; die der barmherzigen Brüder und Schwestern aber nur der Krankenpflege geweiht und verdienen so den Dank der Mit- und Nachwelt. In früherer Zeit waren mehrere dieser Orden auch Krieger z. B. die Johanniter, Templer, sie fochten für den Glauben und pflegten Verwundete. Allen ist das Cölibat, der ehelose Stand, der unbedingte Gehorsam, vielen auch, wie Capucinern und Franziscanern, leibliche Armuth geboten. Die protestantisch-evangelische Geistlichkeit, in welcher sich die bischöflich-englische, die lutherische und reformirte unterscheidet, hat Presbyter, Bischöfe, Pfarrer oder Pastoren, Rectoren, Pröpste, Inspectoren, Superintendenten, Adjuncle u. s. w. Als ordinirte Geistliche oder Pfarrer sind sie sich an geistlicher Gewalt und Rechten gleich und nur nach Umfang ihres Geschäftskreises von größerem oder geringerem Einfluß. Candidaten dürfen vor der Ordination nur predigen und werden erst nach derselben, wo sie Sacramente austheilen, zur Geistlichkeit gerechnet. Die Titel: Prälaten, Domherrn, Canonici führen an einigen Orten auch evangelische Geistliche, so wie Professoren und Andere weltlichen Standes, wenn sie die mit diesen Titeln verbundenen Pfründen besitzen. In den kleinern Secten der protestantischevangelischen Kirche, z. B. bei den Brüdergemeinden, Mennoniten, Quäkern etc., gibt die Absonderung von der Nationalkirche den Geistlichen eine seltene Gewalt über ihre Gemeinden in die Hände. Sie haben fast keine Amtstracht und ihr Kultus ist sehr einfach. Fast durchgängig kleiden sich die evangelisch-protestantischen Geistlichen in lange, schwarze Priesterröcke; nur die Tracht der anglikanischen hohen Geistlichkeit in England ist prächtig und prunkend.

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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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