- Genast, Christine
Genast, Christine, geborne Böhler, eine verdienstvolle deutsche Schauspielerin, Schwester der begabten Devrient -Böhler (s. d.), wurde 1800 zu Kassel geboren. Frühzeitig betrat sie die Bühne und schon in ihrem 14. Jahre, wo sie nebst Eltern und Schwester ein Engagement nach Prag in einen ehrenvollen Wirkungskreis rief, spielte sie das Fach jugendlicher Liebhaberinnen mit einer Natürlichkeit, einem Liebreiz und einer jugendlichen Frische, welche die Theaterfreunde entzückte. Die Prager Bühne stand damals auf einer bedeutenden artistischen Hohe und es war für Christine Böhler eben so schwierig als ehrenvoll, in solcher Umgebung mit allgemeiner Anerkennung zu wirken, namentlich war es der Rollenkreis der sentimentalen und heroischen Liebhaberinnen im Schau- und Trauerspiele, wo sich ihr Talent glänzend offenbarte. Das junge Mädchen spielte u. a. die Bibiana, in einem damals beliebten Schauspiel: »die Räuber auf Maria Culm« mit einer Innigkeit und Gefühlstiefe, welche damaligen Theatergängern unvergeßlich ist. Zwei Jahre später ging sie mit ihrer Schwester nach Leipzig zu dem neuorganisirten Küstner'schen Stadttheater. Hier wurde sie sogleich der entschiedene Liebling des Publikums und brachte in einer Reihe von Jahren Darstellungen zur Anschauung, der besten Zeit des deutschen Theaters würdig. Wir erinnern hier nur an ihre Minna von Barnhelm, Julie, Klärchen, Turandot, Johanna, Maria Stuart, Königin im Don Karlos, Alilat in der Tochter der Luft, Editha im Löwen von Kurdistan und namentlich an ihre Donna Diana, in welcher letztgenannten Leistung sie von keiner lebenden Schauspielerin übertroffen wird. – Ueber alle diese Gebilde war ein Glanz der Milde und Sanftmuth, der edelsten und zartesten Innigkeit ausgegossen. Namentlich gelangen ihr die elegischen Partien, wozu die Weichheit des Organs, die zarte, graziöse Gestalt, die schönen, sanften und belebten Gesichtszüge und der Adel aller Bewegungen sie besonders befähigten. Ihre Leistungen im feinern Lustspiel, von nicht geringerm Werthe, zeichneten sich durch die höchste Eleganz aus und ließen stets die Dame von höherer Bildung hervorblicken. Sie vermählte sich 1820 mit dem trefflichen Sänger und Schauspieler Eduard Genast, blieb noch längere Zeit an dem Leipziger Theater, in dessen Glanzepoche ihr Engagement fiel, thätig, und fand 1829 mit ihrem Gemahl eine lebenslängliche Anstellung bei der weimar'schen Hofbühne, zu deren Zierde noch jetzt Beide im Besitze reicher Mittel und voller Kräfte gehören. – Das weiche Organ befähigt Christine Genast weniger zu heroisch-kräftigen Partien, obgleich die Intention vorhanden ist; aber in dem angedeuteten Rollenkreise liefert sie stets Verdienstvolles, häufig Ausgezeichnetes. Wie bei ihrer Schwester gehen auch die häuslichen Tugenden mit ihrem schönen Talente Hand in Hand und erwerben ihr außer der Bühne gleich große Anerkennung, wie auf derselben.
B.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.