Joujous (Spielzeug)

Joujous (Spielzeug)

Joujous (Spielzeug), französisches Spielzeug im Allgemeinen, das der Kinder mit einbegriffen, bedeuten im Deutschen vorzugsweise jene oft sinnreich erfundenen Tändeleien, die die Mode von Zeit zu Zeit auch den Erwachsenen zur Unterhaltung gibt. Hierher gehören das längst vergessene Kaleidoskop, das Feder- und Grillenspiel, die auf den Saiten des Piano's tanzenden Püppchen und eine Menge artiger, auf höhere mathematische und mechanische Grundsätze gebauter Spielereien, wie der Vexierwürfel, die unzertrennlichen Ringe, das Zack- und Hackenspiel, das Zauberquadrat etc. Aber keins kann sich einer längern Dauer rühmen, als der Bilboquet, von dem schon Rabelais seinen Prinzen Gargantua sprechen läßt, der Bilboquet, welcher der Liebling unserer Großmama's war, und er, der damals für das vademecum, den indispensable der seinen Welt galt, den jede Dame im ridicule, jeder Stutzer in der Tasche hatte und der zuletzt, mit dem prosaischen Namen Stehauf belegt, unter den Spielkram der Kinder kam. Die in China ersonnene Quecksilberpuppe ging ihm in der Gunst des Publikums voran; das mit unerhörtem Beifalle durch Europa fliegende joujou de Normandie folgte ihm und erhielt durch die grenzenlose Sucht, mit der es Jedermann spielte, Merkwürdigkeit genug, um hier ausführlicher beschrieben zu werden. Dem Rufe nach in Ostindien zum Zeitvertreibe einer Prinzessin erfunden, heißt es dort Bandeliro, ward von einem Engländer nach London mitgebracht, und nachdem es der letztverstorbene König, damals noch Prinzregent, bei seiner Geliebten, der bekannten Fitzherbert, kennen gelernt hatte, von ihm in den modischen Cirkeln eingeführt. Er selbst trennte sich so wenig von dieser ihn amüsirenden Neuigkeit, daß er beim Spazierengehen und Reiten damit spielte, was zu manchem Spottbilde auf ihn Veranlassung gab. Die in London nachgemachten erhielten den Namen the Prince of Wales toy, des Prinzen von Wales Spielzeug, um so mehr, da sie sämmtlich die drei Federn seines Wappens auf der Scheibe bunt eingelegt trugen. Von England kam das Joujou durch die Normandie in die Niederlande, und dort nannte man es jou de Normandie, weil der ursprüngliche Name unbekannt war. Der Herzog von Orleans, welcher die englischen Moden nach Frankreich verpflanzte, führte auch dieß Joujou in Paris ein, indem er seiner Angebeteten, der Madame Bouffon, eins schenkte, das mit Brillanten besetzt war und 2400 Livres kostete. Junge Engländer brachten dieß artige Spielzeug mit in die deutschen Bäder und bald war der gebildetste Theil Europa's damit überschwemmt. Das ganze anziehende Experiment beruht indessen auf der Theorie vom Schwungrade. Zwei kleine höhere Scheiben, die ungefähr eine Linie weit von einander abstehen und an einer Achse von fast einem Zoll Stärke angeschraubt sind, bilden das joujou. Um die Achse läuft eine 3 Ellen und mehr lange seidene Schnur, die am Ende mit einer Schlinge an den Zeigefinger gehängt wird, wenn man spielen will. Sobald das Joujou losgelassen, d. h. geworfen, wird, so erhält es durch das Abwickeln der Schnur und den Stoß der Hand eine solche Rotation, daß es zu einem wahren kleinen Schwungrade wird und ein geschickter Spieler es in allen möglichen Richtungen mit der größten Schnelligkeit laufen lassen kann. Fällt das Joujou, so kehrt es von selbst nach der Höhe der Hand zurück, rollt die Schnur verkehrt auf, fällt es von Neuem und wiederholt dieß so lange, bis der erste Schwung verflogen ist und es abermals geworfen sein will, um zu drehen.

F.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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