- Labé, Luise
Labé, Luise, die schöne Seilerin, eine durch Schönheit, Geist, Talente, Wissen und Großherzigkeit ausgezeichnete Frau, wurde 1527 zu Lyon geboren, erhielt frühzeitig Unterricht in der Musik, in mehreren Sprachen, ja sogar in männlichen, namentlich militärischen Uebungen, z. B. Reiten und Fechten. Abenteuerlich gestimmt, nahm sie in jener Zeit, die noch den Romantismus im Leben auf vielfache Weise begünstigte, als zartes Mädchen Kriegsdienste und wohnte 1543 unter dem Namen Capitain Loys der Belagerung von Perpignan bei, wo sie sich durch Muth und Unerschrockenheit vielfältig auszeichnete. Bald verließ sie jedoch das kriegerische Treiben und widmete sich ganz den Wissenschaften. Ihre Schönheit und ihr Geist fesselten bald das Herz eines sehr reichen Seilers, Perrin, der sie zu seiner Gattin wählte. Von jetzt an wurde ihr Haus der Sammelplatz aller schönen Geister, die den Talenten und der Schönheit der modernen Sappho huldigten. Luise glänzte als Dichterin; in Elegien und Sonetten besang sie die Liebe jener Zeit, deren Beimischung Galanterie und seine Frivolität war Sie, die Göttin des Tages, der Alles huldigend zu Füßen lag, zog sich schon dadurch den Haß und Neid der Frauen Lyons zu, und so kommt es, daß einige der gleichzeitigen Schriftsteller ihren Lebenswandel als moralisch, andere wieder als unzüchtig schildern. Aus ihren Poesien selbst spricht zwar eine Frivolität, die jedoch mehr dem Zeitalter, als der Individualität zur Last gelegt werden kann. Gewiß ist, daß die Größten ihrer Zeitgenossen Luise Labé als eine Frau von außerordentlichen Talenten und von blendendem Liebreiz, ehrten und liebten, daß sie talentvolle Männer durch Schriften und Bildnisse feierten, daß man ihr zu Ehren die Straße, worin sie wohnte, mit ihrem Namen belegt. Ueber alle Beschreibung reizend soll Luise gewesen sein, wenn sie die von ihr gedichteten Lieder mit schöner, seelenvoller Stimme zur Laute sang. Dieß Gemisch von Anmuth und Hochherzigkeit, von Schwärmerei und Kraft, mußte diese Frau als eine außerordentliche Erscheinung gelten lassen; daß sie Kokette wurde, lag in ihrer eigenthümlichen Stellung, wie in der Zeit und der damaligen Gesittung. Ihr Todesjahr ist unbekannt; wahrscheinlich starb sie in der Blüthe ihrer Jahre und trat so vom Schauplatze der Welt ab mitten in ihrer Glanzperiode. Eine Sammlung ihrer Schriften erschien 1555.
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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.