- Lear
Lear. Eines der gefeiertsten Meisterwerke Shakespeare's, dessen schönste Dramen wunderbarer Weise das Verhältniß der Kinder und Eltern zu einander mit psychologischer Wahrheit und allem Aufwande der Poesie zum Gegenstande haben. Der alte, schwache König vertheilt sein Land unter seine Lieblingstöchter (Goneril und Regan) und verstößt Cordelia, weil sie nicht schmeicheln kann. Aber die Bevorzugten lohnen dem greisen Vater mit dem giftigsten Undanke und verstoßen ihn, die Beute des Wahnsinns, in die Wüste. Nur ein Herz, das er verkannte, ist ihm geblieben: Cordelia. Sie rettet und schützt ihn, er findet sie, aber nur, um sie wieder zu verlieren. Erdrosselt hält er sie, nachdem die unnatürlichen Töchter Gottes Strafgericht getroffen, in seinen Armen. Herzergreifend tönt des wahnwitzigen Königs Klage an Cordelia's Leiche, wenn er spricht
»Heult! heult! – Oh ihr seid alle Stein.
Gebt eure Zungen mir, Gebt eure Augen,
Und ich zersprenge das Gewölb' des Himmels!
O, sie ist hin auf immer!«
König Lear's Geschichte hat zuerst Hotinsched in seiner Chronik erzählt. Er soll ein alter König Britanniens gewesen sein und um das Jahr d. W. 3105 regiert haben. Er erbauete die Stadt Leicester, floh, von seinen unnatürlichen Töchtern verfolgt, nach Frankreich zu Cordelia, der Gattin des Königs Aganippus, und eroberte von ihr unterstützt sein Reich wieder. Sein Tod erfolgte, nachdem er 40 Jahre geherrscht. In Leicester soll er unter der Wasserleitung des Dore begraben liegen.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.