- Messalina, Valeria
Messalina, Valeria, römische Kaiserin, berühmt durch ihre Ausschweifungen und Laster, gleich Nero, war die Tochter des Valerius Messalinus Barbatus und der Aemilia Lepida. Die Liebeshändel der Letztern wurden durch die der Tochter noch weit übertroffen. Ihre ersten Ausschweifungen, so Vielen ein Greuel, schreckten doch den verstandesschwachen Claudius, den muthmaßlichen Erben der kaiserlichen Krone, nicht ab, sie zu seiner Gattin zu wählen. Octavia und Britannicus waren die Sprößlinge dieser Ehe, aber weder die Pflichten des Weibes, noch der Mutter galten ihr heilig genug, um denselben ihre sinnlichen Begierden unterzuordnen. Sie faßte eine Leidenschaft für ihren Schwiegervater Appius Silanus; und nachdem sie die Hoffnung hatte aufgeben müssen, ihn ihren Wünschen geneigt zu sehen, beschloß sie im Einverständnisse mit dem freigelassenen Narcissus sein Verderben. Unter dem Vorwande eines Traumes, in dem Appius dem strafbaren Paare als Verschwörer erschienen war, wurde derselbe zum Tode verdammt Eine wirkliche, jedoch in der Geburt erstickte, Verschwörung benutzte sie, ihre Rache und Habsucht zu befriedigen. Julia, Germanicus Tochter, von ihrem Oheim Claudius aus der Verbannung zurück berufen, schien diesem Fürsten zärtliche Gefühle einzuflößen, und ihr Stolz erinnerte an das in ihren Adern rollende Blut der Cäsaren. Messalina wagte es, sie des Ehebruchs anzuklagen, und wußte ihren schwachen Gemahl zu bewegen, daß er sie mit Seneka, der für ihren Rathgeber galt, auf's Neue verwies; einige Zeit nachher fiel Julia von der Hand eines gedungenen Mörders. Dem gleichen Schicksale erlag eine zweite Nichte des Kaisers, Julia, Tochter des Drusus. Unersättlich war M. in ihrem Hasse und ihrer Habsucht: alle Römer, nach deren Reichthümern ihr gelüstete, oder die sich ihren unzüchtigen Wünschen nicht fügen wollten, theilten das Loos jener Unglücklichen. Zu diesen gehörte der geachtete Senator Vinicius, dem sogar Tiberius seine Achtung nicht versagt und den Caligula's Grausamkeit verschont hatte. Gift von ihrer Hand machte seinem Leben ein Ende. Die dumpfe Gleichgiltigkeit ihres Gemahles ließ ihr in ihrem ausschweifenden Lebenswandel den freiesten Spielraum; ja, als einst einer ihrer Liebhaber sich nicht ihren Launen fügen wollte, mußte selbst der betrogene Gatte den Befehl dazu geben. M. suchte die Gefährten ihrer Laster bald nicht mehr in den ersten Klassen der Gesellschaft, sondern unter den Prätorianern, Schauspielern und endlich unter den niedrigsten Ständen des Volkes. Sie verschmähte es nicht, mit dem Auswurfe der Römerinnen in Verbindung zu treten, um in deren Gesellschaft ihren Leidenschaften zu fröhnen. Aber auch Messalinen, die eben so frech, als unbefriedigt in ihren Schwelgereien war, ereilte die Hand der rächenden Nemesis. Gesättigt durch das Uebermaß ihrer Frevel, fand sie in einer neuen unerhörten That das Mittel, ihre erlöschende Einbildungskraft von neuem zu entzünden. Der Consul Silius erregte durch seine ausgezeichnete Schönheit ihre cynische Lüsternheit; M. zwang ihn, seine rechtmäßige Gattin zu verstoßen, kettete sich an seine Schritte und umgab ihn mit einem Gepränge, das nur dem Glanze der Majestät gebührte. Doch nicht zufrieden, öffentlich ihre Leidenschaft zu bekennen, wollte sie sich feierlich mit dem Gegenstande derselben vermählen. Während Claudius, den Göttern ein Opfer darzubringen, in Ostia verweilte, vollzog M. die Vermählung mit dem Geliebten. Am folgenden Tage beging das verbrecherische Paar unter einem zahlreichen Geleite von Männern und Frauen der verworfensten Art ein lärmendes Fest. Fast in demselben Augenblicke verbreitete sich das Gerücht, Narcissus habe sich beeilt, seinen Gebieter aus der Gefühllosigkeit aufzuschütteln, und ihn zur Rache angetrieben. M. eilte ihrem Gemahle entgegen und hoffte Verzeihung zu erhalten, doch Narcissus widersetzte sich ihren Versuchen mit Kraft. Indessen war Claudius in seinen Palast zurückgekehrt, und nach einem schwelgerischen Mittagsmahle beseelten ihn sanftere Gefühle; er befahl die Unglückliche zu ihm zu führen und ihr Zeit zur Rechtfertigung zu lassen. Narcissus zögerte nicht, statt den Weg zur Versöhnung einzuschlagen, den Befehl zu ertheilen, M. in des Kaisers Namen augenblicklich zu tödten. Diese hatte sich in die Gärten des Lucullus zurückgezogen. Vergebens beschwor sie ihre Mutter, sich freiwillig den Tod zu geben, dazu gebrach ihr der Muth, und so fiel M. von der Hand des Abgesandten im Jahr 48 nach Christi Geburt. Das, was von dem 11. Buche des Tacitus auf die Nachwelt gekommen ist, handelt fast ausschließlich von den Verbrechen und Lastern der Kaiserin Messalina.
E. v. E.
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