- Teint
Teint. Die Regelmäßigkeit der edelsten Formen, die feinsten Gesichtszüge genügen, wenn er die Schönheit schaffen will, wohl dem Bildhauer, dem Feinfühlenden, wenn er bewundern soll; aber der Maler und die Menge verlangt für Beides schöne Farben. Das nun haben die Frauen aller Zeiten wohl eingesehen und sich deßhalb viel Mühe gegeben ihrem Teint durch allerlei Mittel Zartheit und Jugendfrische zu erhalten. Die Sonne, der gefährlichste Feind desselben, ward früher und noch heute, durch Schleier und Hüte abgehalten, allein damit noch nicht zufrieden, birgt sich die begüterte Tochter des Morgenlandes wie auch die Schöne im südlichen Europa, während der heißen Stunden des Tages in ihrer Wohnung und wagt nur dem Sternenlichte und der Dämmerung ihre weiße Haut zu zeigen. Vielfältige Salben, Pasten, Essenzen etc. haben von der Poppäa an, die sich in Eselsmilch badete, bis zur Ninon de l'Enclos und weiter, die Putzzimmer zur Verschönerung des Teints angefüllt. Letztere sollte ein Verjüngungselexir besitzen, da sie allerdings bis zum 70. Jahre verführerisch blieb; Erstere bekleisterte das Gesicht allnächtlich mit einem Teige aus Brod, Oel und Milch, der Morgens mit Eselsmilch abgelöst wurde. Dieß Verfahren wurde nach ihr in Rom unter den Damen sehr gebräuchlich, und noch heut scheuen sich die modernen Koketten nicht vor solcher Maske. Manche gehen im Ueberwinden des Ekels noch weiter und binden, besonders um die Stirn glatt zu erhalten, des Nachts rohe Rindfleischschnitte auf und die, deren verwelkten Reizen dieß Alles nicht mehr hilft, greifen zur Schminkdose und legen, wen sie mit dem Malen des Gesichts fertig sind, eine Schnur um den Hals, pressen ihn leicht zusammen und malen hierauf die aus der weiß angestrichenen Haut hervorquellenden Adern mit kunstgerechtem Pinselstrich blau, damit es bei Kerzenschein aussehe, als ob das Jugendblut noch die durchsichtige Haut in zartem Geäder durchströme. Wenden wir uns von diesen betrüglichen Künsten zu den wahrhaft besten Mitteln einen schönen Teint zu erlangen und zu erhalten. Sie sind vor allem: mäßige, oft wiederholte Bewegung im Freien, kaltes Waschen am Morgen, sorgfältiges Abreiben des Gesichts mit Puder oder rothem Tuche am Abend. In der heißen Jahreszeit füge man hierzu abendliche Waschungen mit Petersilienwasser oder Einreibungen von Erdbeeren, so lange diese dauern. Der Gebrauch des Eau de Cologne im Waschwasser gibt allerdings dem Teint eine momentane Frische, schadet ihm aber bei längerm Gebrauche, gleich allen scharfen Essenzen. Für Wohlhabende ist Mandelmilch und Auflegen eines Teigs von süßen Mandeln sehr zu empfehlen, auch hat die Benzoe dem Teint sehr günstige Eigenschaften. Heftige Bewegung und kalter Luftzug über ein erhitztes Gesicht kann es für immer mit rothen Flecken verunstalten. Die Sommersprossen wirksam zu bannen ist noch Niemand, trotz der vielfach dagegen angepriesenen Mittel, gelungen.
F.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.