- Tempe
Tempe. Bin ich wirklich in diesem berühmten thessalischen Thale, wo der Peneos hindurchströmt durch die Gebirge Olympos und Ossa? in diesem, von allen Dichtern besungenen Blumengrunde, welchen der alten Mythe nach ein Erdbeben hervorbrachte, damit alle Herzen süß erbeben konnten? Welch' ein Wall, durch die heiligsten Namen des griechischen Alterthums verherrlicht! Wie sich so schön das Land darstellt in der Morgendämmerung, mit seinem sanft gewellten Boden, seinen silbernen Adern, seinen herrlichen Matten und buschigen Hügeln, seinen Berggestalten und den an ihnen sich emporwindenden Wäldern. Die Beugungen, die Gruppirungen vom todten Gestein und lebend-wogenden Pflanzenmeer – hier hat die Natur sich selbst übertroffen! In der Mitte des Thales dehnen sich weite, zauberische, fruchtbare Ebenen aus. Schöne Getreidefluren, Olivenpflanzungen mit köstlichem Oelertrage, Baumwollenfelder, Nußhaine, Obstgärten mit goldenen Früchten, wundervolle Cypressen ertheilen mit ihren schlanken Formen der ganzen Gegend einen eigenen elegischen Charakter..... Doch sie weilen hier nicht mehr die Helden Homer's, der unnahbare Achilles, der klagende Philoktet; nicht mehr hütet Apollo auf den Höhen von Cyllene. Nomadische Hirten ziehen durch die Berge, wo Wölfe hausen und räuberisches Gesindel. Entgöttert ist die ganze Gegend; und manches andere Thal, welches nach ihm T. benannt wurde, verdient diesen, nichts als die lieblichsten Erinnerungen weckenden Namen jetzt weit eher.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.