Teplitz

Teplitz

Teplitz. Vom hohen Millschauer, der Bergkrone des leitmeritzer Kreises, herab erblickt das Auge jene reiche, von der Tepel bewässerte Ebene, die sich bis nach Außig wie ein goldener Fruchtstreifen hinabzieht, während ihr Schooß die goldenen Früchte birgt, wie sie die Sonne der Unterwelt zeitigt an heimlichen Quellen, kosend mit liebeheißen Nymphen. Stolz erhebt in der Ferne das Waldstein'sche Schloß Dux sein gethürmtes Haupt; mild neigt sich das Kloster Osseck im Osten über die Landschaft; lieblich gelagert im grünen Gebüsch scherzen im Westen mit den Sommerlüften die Nymphen von Saidschütz und Bilin (s. d.). Hier aber, in der Mitte des Rundgemäldes, thront mit seiner gebrochenen Burgkrone der Schloßberg, an dessen Fuße wie ein Stück der himmlischen Gnadenkrone die berühmte Thermenstadt T. ruht, die, von nur 2300 Ew. bewohnt, doch vielen Tausenden schon den edelsten Lebenstheil, die Gesundheit, wiederschenkte. Denn hier siedet und kocht die gütige Mutter Natur in ihrer Zauberküche tief unter den Blumen der Oberwelt den heilenden Balsam, der mit seiner belebenden Wärme (fast 40 Grad R.) die erstorbenen Glieder erquickt und das erkrankte Herz mit neuer Hoffnung und Labung erfüllt. Die schon seit Jahrhunderten segenverbreitenden Quellen zerfallen in die Stadt- und in die laueren Steinbäder, wovon sich letztere nebst den Schwefelbädern nicht fern von der Stadt in dem freundlichen Dorfe Schönau befinden. 38 Badebecken füllen sich mit den heilenden Wassern: für beide Geschlechter, für alle Stände wölben sich die Badehäuser; das gemeine Weiberbad, das Frauenzimmerbad, das tiefe Bad, das Gürtlerbad, das Fürstenbad, die Douchebäder, das Stadtbad oder Gemeindebadehaus, und das größte von allen, das Männerbad oder der Ursprung, bieten alljährig Tausenden von hilfebedürftigen Fremden ihre rettende Hand; und seit 1796 hat man auch angefangen, die Gartenquelle zu trinken, welche hinter dem sogenannten Herrenhause in dem Küchengarten liegt. Dabei gewährt die Stadt überhaupt den anmuthigsten Aufenthalt. Das Theater, die Bälle und Reunionen im Gartensaale, die Pickeniks und Concerte, der Schießplatz, die Schlackenburg, die Anhöhe Lippnay, das Schloß des Fürsten Clary, des Schutzherrn von T, mit dem anstoßenden großen Garten vereinigen sich mit den schon erwähnten interessanten Punkten (dem Millschauer Berge, dem Schlosse Dux, dem Kloster Osseck), dem anmuthigen Dorna mit seiner parkähnlichen Anlage, der Fasanerie zu Propstau, dem Kühbusche, Eichwalde, Wachholderberge, der Friedrich Wilhelm's Höhe, dem Wallfahrtsorte Mariaschein, dem Jagdschlosse Doppelburg, der Bergstadt Graupen mit ihrer Bergruine etc., zu einem Blumenkranze stets abwechselnder Freuden. Vorzüglich interessirt den kunstliebenden Fremden das imposante Dux wegen seiner reichen Sammlungen, bestehend aus einer Antiken- und Rüstkammer, dem Porzellan-, Naturalien- und Lesecabinete und einer Bibliothek von 13,000 Bänden. – Die zum Theil recht hübsch gebaute Stadt hat fast eine halbe Stunde im Umfange; schöne, stattliche Gasthäuser erheben sich auf allen Seiten; in einfacher Würde präsentirt sich die Schloß- und Dechantkirche; auf dem Kirchhofe der Kreuzkapelle vor der Stadt ruht der Dichter Seume und mehrere andere merkwürdige Personen; und drei Spitäler lassen auch die Armen theilnehmen an den Geschenken der Natur. Und sind sonst die Badeorte verödet nach der Saison, so betreiben die Einwohner von T. auch außer dieser Zeit lebhafte Geschäfte der Industrie, namentlich Strumpfwirkerei und Strickerei, Verfertigung von Handschuhen und Tüchern etc. – Die Naturforscher glauben, ein Steinkohlenflötz brenne unter T., welcher die Sumpfwasser durchglühe und die Schwefelkiese und Kalklager der Tiefe auflöse. Der Ritter Koloflug soll die Quellen der Sage nach 762 entdeckt, und hier deßhalb ein Schloß erbaut haben, welches er Teplaulicze, d. h. Warmort, nannte.

B.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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