Werner, Friedrich Ludwig Zacharias

Werner, Friedrich Ludwig Zacharias

Werner, Friedrich Ludwig Zacharias. Nicht ungewöhnliche Geistesgaben und glänzendes Talent allein führen den Menschen zu jenen Höhenpunkten, welche das Geschick nur Auserwählten bestimmt hat; eine inwohnende geheime Kraft ist's, die ihn leiten muß auf der stürmischen Fahrt nach dem einen Ziele, durch die er sich selbst regieren mag, und die Verhältnisse, oder das schwächliche Fahrzeug, beladen mit dem kostbarsten Material, treibt regellos auf den Strömungen des Lebens und ankert nie im sichern Hafen, auszubeuten die ihm vertrauten Schätze. Eine kurze biographische Skizze möge hinreichen, diese Wahrheit in dem Leben Werner's bestätigt zu finden. Geb. am 18. Nov. 1768 in Königsberg, frühzeitig den Vater verlierend, aber von einer geistreichen, gebildeten Mutter erzogen, gab er sich dennoch bereits auf der Universität einem ausschweifenden Leben hin, ward 1793 als Kammersecretair in preuß. Diensten angestellt, lebte in dieser Eigenschaft an verschiedenen Orten, vorzugsweise aber in Warschau, verheirathete sich während dieser Zeit zweimal, ließ sich aber beide Male wieder scheiden, und ging endlich eine dritte Verbindung mit einer Polin ein. Der Umgang mit Hitzig, Hoffmann etc. in Warschau scheint den Keim seines dichterischen Talents zuerst geweckt zu haben. Dazumal schrieb er seine »Söhne des Thales,« und später, 1804 in Königsberg, als seine Mutter starb, auf deren Todestag das berühmt gewordene Gedicht, der 24. Februar. Von da an haben wir W. durch ein phantastisch-bewegtes Leben zu folgen. Er kehrte nach Warschau zurück, schrieb »das Kreuz an der Ostsee,« kam dann nach Berlin, trat mit den geistreichsten Männern seiner Zeit in Verbindung, stürzte sich aber in ein regelloses Leben, trennte sich von seiner dritten Frau, gab 1806 seine »Weihe der Kraft« heraus, besuchte dann Prag, Wien, München, Frankfurt etc., lernte Göthe in Weimar kennen, kehrte 1808 abermals nach Berlin zurück, ging kurz darauf in die Schweiz, trat dort in Verbindung mit Frau von Staël, reiste nach Paris, von da 1808 nach Weimar, suchte die Frau von Staël abermals auf, und ging endlich von da nach Rom, wo er 1811 zur kathol. Religion übertrat. Nun durchzog W. Italien, kehrte 1813 nach Deutschland zurück, ließ sich 1814 in Aschaffenburg zum Priester weihen und in Wien in den Redemtoristen-Orden aufnehmen, verließ aber diesen bald wieder, und zeichnete sich bis an sein im Jahre 1823 erfolgtes Ende durch seine Predigten aus. Welch' bewegtes, widersprechendes, inconsequentes Leben! Eine bis zum Exceß getriebene, übersprudelnde Lebenslust und Genußsucht, einzelne Blitze von wahrer, echter Dichterbegeisterung und regem Triebe, diese auszubeuten, von einem socialen Verhältniß zum andern eilend, freisinniger Protestant, Katholik in feindseliger Stellung gegen seinen frühern Glauben und mystischer Glaubensheld. Von seinen dichterischen Erzeugnissen müssen wir noch Attila, König der Hunnen, Wanda, Königin der Sarmaten, Kunegunde und sein letztes Trauerspiel, die Mutter der Makkabäer, erwähnen. Mehr oder weniger tragen sie alle das Gepräge seiner schwankenden Lebensansichten, geben Zeugniß seines hohen Dichterberufs, ermangeln aber jener ruhigen Besonnenheit und Klarheit, die allein nur dem Meisterwerke den Stempel der Vollendung aufdrückt.

B.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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