- Palästina
Palästina, das heilige, das gelobte Land (Kanaan), das Land, wo unsers Heilands Wiege stand, die Stätte seines göttlichen Wirkens und seines Märtyrertodes, der kleine Erdraum, an welchen sich so viele heilige und fromme Erinnerungen knüpfen, heißt jetzt bei den Türken Falesthin und ist ein Paschalik unter Mehmed Ali's Statthalterschaft. Es reicht von der syrischen Grenze des mittelländ. Meeres südlich vom Libanon bis Aegypten. Ehedem war es der gesegnetste Strich der Erde, nun aber liegt sein Wohlstand, wegen der Trägheit der Bewohner, fast gänzlich darnieder. Noch aber könnte es ein Garten Gottes genannt werden, so üppig ist die Vegetation, so mild der Himmel. Das Thal Scharon, in der Bibel wegen seiner Rosen berühmt, ist noch jetzt mit wild wachsenden Tulpen, Narcissen, weißen und rothen Rosen bedeckt. Der Boden der weiten Ebene, zwar sandig, ist dennoch fruchtbar, freilich aber wegen Mangels an Anbau oft meilenweit mit Disteln und verdorrtem Gras bedeckt. Nur auf einzelnen Strecken findet der Pilger Weizen, Gerste, Baumwolle, Datteln, Weingärten. Dort trifft man Weinstöcke von 30 Fuß Höhe und Trauben von 10–12 Pfd. Schwere. Nur hier und da begegnet man halb verfallenen Dörfern, aus welchen ein unansehnliches Minaret mit dem Halbmonde emporragt, umgeben von Olivenbäumen und Sycamoren, oder vertrockneten Cisternen, um welche sich wilder Oleander schlingt. In Ramla, dem alten Arimathiä, wohnt eine Christengemeinde und hat die umliegende Gegend mit Olivenwäldern bepflanzt. – Wer würde nicht ergriffen bei dem Contraste der Jetztwelt mit dem der Vergangenheit! An wessen Phantasie sollten nicht die Bilder und Erinnerungen von der hohen Veste Zion, von Bethanien, Bethlehem, vom todten Meere, dem Schloß der Makkabäer, dem Jordan, dem Teich Bethesda, von Christus, Maria und den Aposteln – bis auf den Einfall der Barbaren und Gottfried von Bouillon, der das Kreuz wieder auf den gefundenen Trümmern errichtete – vorüberrauschen? – Erde, bist Du denn ewig? muß hier der Denker fragen. Nein – diese Größe versank, wie jene Babylons und Palmyra's und der Pharaonen; aber was er, der Gottmensch gelehrt, und gewirkt, das ist ewig und wird alle Zeiten überdauern!
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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.