Zeitschriften und Zeitungen

Zeitschriften und Zeitungen

Zeitschriften und Zeitungen1 im Allgemeinen alle Sammlungen von Nachrichten und Aufsätzen, die in literarischer, gesellschaftlicher, kirchlicher und politischer Hinsicht die Interessen der Gegenwart berühren und besprechen. Ihre Entstehung gehört der neuern Zeit an, denn die Zeitblätter der Chinesen und Japaner, die acta diurna (Tagesverhandlungen) der alten Römer etc. haben nur wenig mit ihnen gemein. Als bleibende Staatseinrichtung finden wir die Zeitungen zuerst nach der Mitte des 16. Jahrh. in Venedig, wo die sogenannten »Notizie scritte« an öffentlichen Orten für ein geringes Lesegeld2 Jedem zugänglich waren. Fast zu gleicher Zeit erschienen ähnliche Berichte über wichtige Weltbegebenheiten auch in Deutschland, namentlich in den Städten Wien, Nürnberg, Augsburg etc. das erste regelmäßig fortlaufende Zeitungsblatt Deutschlands begann 1612 in Frankfurt a. M. unter dem Titel »Aviso, Relation oder Zeitung etc.,« dem drei Jahre später das noch jetzt bestehende »Frankfurter Journal,« und bald darauf der »Hamburger Correspondent« folgten. – Spaniens unüberwindliche Armada gab in England den Anstoß zur ersten Zeitung, die 1588 als »The english Mercurio« aus der königl. Druckerei hervorging. Seit 1622 gab es mehrere täglich in London erscheinende Z., deren Zahl sich in Folge der darauf entstehenden bürgerlichen Unruhen und der eingenthümlichen englischen Staatsverfassung, der Preßfreiheit etc. in Großbrittanien und Irland (die Zeit- und Wochenschriften mit eingerechnet) jetzt auf circa 490 gestellt hat. – Eigenthümlich war der Anfang der Z. in Frankreich; um seine zahlreichen Kranken zu unterhalten, ließ der Arzt Renaudot alle mögliche Neuigkeiten in Paris sammeln und wöchentlich einige Blätter damit füllen. Aus diesen Flugblättern entstand 1631 die noch bestehende » Gazette de France«, und obgleich sich die franz. Journalistik der englischen in der gediegenen Behandlung der Artikel im Allgemeinen nicht an die Seite stellen kann, so ist sie seit der Revolution doch von großem Einfluß, und besteht jetzt wohl aus 500 Zeitschr. und Zeitungen, wovon allein gegen 200 in Paris erscheinen. – Von geringerer Bedeutung ist das Journalwesen in den Niederlanden, auf der pyrenäischen Halbinsel, in Italien, der Schweiz, Polen und Rußland. Von letzterem aus hat nur die »Nordische Biene« auf's Ausland durch interessante, dem Volksleben gewidmete Artikel gewirkt. Schweden, Norwegen und Dänemark beginnen erst jetzt ihren Journalen Bedeutung zu geben, ebenso Ungarn. Außer Europa verdienen nur die vereinigten Staaten Nordamerika's noch genannt zu werden; doch haben ihre Blätter (gegen 1300!) fast alle nur eine politische Tendenz. – Unter den deutschen Zeitungen (690), deren Anfang bereits erwähnt wurde, zeichnen sich aus: die »Allegemeine Zeitung«, von Cotta 1798 gegründet und in Augsburg erscheinend, die Berliner »Staatszeitung« und »Voß'sche Zeitung«, der »Oestreichische Beobachter« (Wien), der »Hamburger Correspondent«, der »Schwäbische Merkur« (Stuttgart) etc., denen sich die neue »Leipziger allg. Zeitung« anreihet. Bedeutender als die eigentlichen politischen Zeitungen wirken in Deutschland auf die Verbreitung der Intelligenz die Zeitschriften in weiterer Bedeutung, deren Zweck ist, über die mannichfaltigsten Ggenstände in Wissenschaft, Kunst und Leben sich auszusprechen. Mit Uebergehung der rein wissenschaftlichen und kritischen Blätter heben wir hier aus der kaum zu übersehenden Menge nur die vorzüglicheren hervor. Am gelesensten ist wohl die »Abendzeitung«, 1805 in Dresden gestiftet und seit 1817 von Th. Hell geleitet; ihr folgen mit ernsterer Tendenz das »Morgenblatt« mit seinen Beiblättern (1807 gegründet), das »Ausland« (seit 1828), die »Zeitung für die elegante Welt,« in Leipzig 1801 von Spazier gegründet und jetzt von F. G. Kühne trefflich redigirt, der »Phönix« von E. Duller in Frankfurt a. M. seit 1834 geleitet, die »Mitternachtszeitung« (Braunschweig, seit 1826), das »Berliner Conversationsblatt« (seit 1827), jetzt unter H. Marggraf's Leitung, Lewald's »Europa« (seit 1835) etc. Der »Komet,« von C. Herloßsohn 1830 begründet, bringt von 1838 an auch artistische Beilagen; E. Willkomm und A. Fischer geben seit Mitte 1837 die »Jahrbücher für Drama, Dramaturgie und Theater,« welche ihrer Tendenz halber wichtig werden dürften. 1833 begannen die Pfennig- und Hellermagazine, ursprünglich aus England stammend, uns mit gemeinnützigen Kenntnissen und schlechten Holzschnitten zu billigem Preise zu überschütten, doch sank ihr Absatz bald so sehr, daß die meisten jetzt wieder eingeschlafen sind. Ueber die Modenzeitungen s. d. A.

W......m.

1Zeitung, vom altdeutschen Theiding oder Theidung herstammend, bedeutet Begebenheit, Ereigniß.
2Die dafür zu erlegende Münze hieß Gazeta, daher das ital. Gazetta und franz. Gazette für Zeitung.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Liste von deutschsprachigen christlichen Zeitschriften und Zeitungen — Christliche Zeitschriften In dieser Liste werden deutschsprachige Zeitschriften, Magazine und Zeitungen aufgenommen, die von einer christlichen Kirche, Glaubensgemeinschaft, Organisation oder Sondergemeinschaft herausgegeben werden. Die hier… …   Deutsch Wikipedia

  • Zeitungen u. Zeitschriften — Zeitungen u. Zeitschriften, literarische Erzeugnisse, welche an bestimmten Orten u. zu bestimmten Zeiten erscheinend, Nachrichten über Gegenstände bringen od. Fragen erörtern, welche gerade nur für die Zeit Interesse haben. Während das Wort… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Zeitungen und Zeitschriften aus Nürnberg — Nürnberg ist der bedeutendste Druckstandort Deutschlands. Unter den Zeitungen, Zeitschriften und periodischen Publikationen, die in Nürnberg gedruckt werden, zählen zu den bedeutendsten: Inhaltsverzeichnis 1 Tageszeitungen 2 Wochenzeitungen 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste deutschsprachiger Zeitschriften — Anders als Zeitungen sind Zeitschriften im Allgemeinen broschiert, seltener gebunden. Sie erscheinen periodisch, in der Regel wöchentlich, 14 täglich, monatlich oder in noch größeren Zeitabständen. Diese Liste enthält eine Auswahl aus den derzeit …   Deutsch Wikipedia

  • Zeitungen — (hierzu Textbeilage »Zeitungswesen des Auslandes«), im allgemeinen periodische Druckerzeugnisse, im engern Sinn literarische Erzeugnisse, die regelmäßig fortlaufend die Ereignisse des Tages oder eines längern Zeitraums auf politischem, religiösem …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Zeitungen — Zeitungen, Zeitschriften, sind periodisch, täglich, wöchentlich, monatlich, vierteljährlich (Tagblätter, Wochenblätter, Monatblätter, Quartal oder Vierteljahrschristen) erscheinende Schriften, welche die Verhältnisse der Gegenwart besprechen u.… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Die Anarchie (Zeitschriften) — Unter dem Titel Die Anarchie erschienen zumindest vier anarchistische Zeitschriften von 1893 bis 1985 sowie zwei gleichlautende Zeitschriften von 1969 und 1975 mit dem Titel Anarchie. Diese Pressemedien waren zumeist in engem Zusammenhang Unter… …   Deutsch Wikipedia

  • Zeitungen und Zeitschriften in Hemer — gibt es seit 1886, als die erste Lokalzeitung ihre Arbeit aufnahm. In den folgenden Jahrzehnten unterhielten unterschiedliche Verlage Redaktionsbüros in Hemer. Seit dem Jahr 2000 befindet sich der Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung allerdings… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste anarchistischer Zeitschriften — Diese Liste führt Periodika auf, die überwiegend dem anarchistischen Spektrum zugerechnet werden. Nach der Historikerin Petra Weber sind die aufgeführten Publikationen nur schwer zugänglich und nicht leicht zu erschließen, obwohl ihr Inhalt… …   Deutsch Wikipedia

  • Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung — Das Duisburger Institut für Sprach und Sozialforschung e. V. (Abkürzung: DISS) ist eine private interdisziplinäre Forschungseinrichtung. Das Institut erstellt Analysen zur gesellschaftlichen Entwicklung für eine politische, pädagogische und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”