- Bora, Katharina von
Bora, Katharina von, Katharina von, Luthers Ehegattin, wurde von ade ligen Eltern in Sachsen geboren, die aber aus Mangel an Vermögen nicht im Stande waren, ihre Tochter selber zu ernähren und zu erziehen. Sie übergaben sie daher schon in der frühesten Jugend dem adeligen Fräuleinkloster Nimtschen, unweit Grimma an der Mulde, wo sie sich späterhin als Nonne einkleiden ließ. Anfangs schien ihr die klösterliche Einsamkeit zu gefallen, und sie widmete sich mit großem Eifer den Pflichten des zwar nicht von ihr erwählten, aber doch nicht mit Abneigung angetretenen Standes, bis Luther's neue Lehre gleich einem Gährungsstoffe auch in die Stille dieses Klosters drang, und die Gemüther der sonst genügsam auf ihre friedliche Zelle beschränkten Nonnen leidenschaftlich aufregte. Katharina von Bora wurde jetzt eine der unzufriedensten unter ihren Gefährtinnen, und bewog acht derselben, sich, gleich ihr, an ihre Eltern, Verwandte und Vormünder zu wenden, und die flehentliche Bitte auszusprechen, sie sämmtlich aus diesen düstern Mauern zu befreien, und dem geselligen Leben in der Welt wieder zu geben. Dieß Verlangen aber wurde von Seiten der Angehörigen dieser Nonnen sehr übel aufgenommen, und für einen sündhaften, Züchtigung verdienenden Leichtsinn erklärt, weßhalb man nicht einmal die Schonung für sie hatte, sie durch eine geheime Zurechtweisung von ihrem Unrecht zu überführen, sondern die jungen Frevlerinnen der ganzen Verachtung und Strenge der ältern Nonnen Preis gab, die sich nun bemühten, durch die bittersten Vorwürfe, verbunden mit den schmerzlichsten Strafen, die weltliche Gesinnung in ihnen auszutreiben, dadurch aber den Mißvergnügten, die sich in das Weltgewühl hinaus sehnten, das Klosterleben und seine Entbehrungen nur immer mehr verleideten. Katharina von Bora, die muthigste und unternehmendste von diesen Fräulein, wendete sich, wie es sich späterhin ergab, nun an Luther selbst, mit der Bitte, sie durch seinen Beistand aus der jetzt so peinlichen Gefangenschaft zu befreien. Er bewog hierauf einen Bürger zu Torgau, Namens Leonhard Kovpe, sie und ihre Leidensgefährtinnen zu entführen. Auf welche Art dies bewerkstelligt wurde, darüber sind die Meinungen verschieden. Die wahrscheinlichste ist, daß Koppe, der mehrere torgauer Bürger, um ihm zu helfen, in dies Geheimniß gezogen hatte, in der Nacht des Charfreitags, am 3. April 1523, die Gartenmauer des Klosters überstieg und den Nonnen hinüber half, wo man alsdann eine jede in eine leere Tonne barg, und Wagen mit ihnen belud, die sie, ohne daß Jemand etwas Verdächtiges ahnete, nach Torgau in Sicherheit brachten. Nachdem sie sich dort einige Tage von der erlittenen Angst und Unbequemlichkeit erholt hatten, wurden sie den 7. April, als am dritten Osterfeiertage, nach Wittenberg geführt, wo sie, bis sich andere Aussichten für sie eröffneten, bleiben sollten. Hier war Luther persönlich auf das Thätigste bemüht, sie vorläufig in anständigen Bürgerhäusern unterzubringen. Katharina von Bora, die ihm aber damals ganz gleichgiltig war, ja, durch einen gewissen Anstrich von Stolz and Hoffahrt ihn eher abstieß, als anzog, wurde von dem damaligen Bürgermeister, Philipp Reichenbach, gastlich aufgenommen, in dessen Hause, wie ihr gleichzeitige Schriftsteller nachrühmen, sie ein stilles und sittsames Leben führte. Als nun sämmtliche Flüchtlinge ein schickliches Obdach gefunden hatten, erließ Luther ein Sendschreiben an die Eltern und Verwandten derselben, in welchem er ihnen vorstellte, daß es ihre Pflicht sei, die Jungfrauen wieder in ihre häuslichen Kreise aufzunehmen. So eindringlich aber auch seine Ermahnungen gewesen sein mögen, so scheint es doch nicht, als wenn sie einen glücklichen Erfolg gehabt hätten. Er glaubte sich daher zu ihrem Schutz berufen, und sorgte väterlich für sie. Es gelang ihm, mehrere zu verheirathen. Auch für Katharina hatte er einen Plan dieser Art entworfen, denn ein junger Nürnberger, aus einem patricischen Geschlechte, Hieronymus Baumgärtner genannt, der in Wittenberg studirte, schien ihm ein passender Bewerber für sie zu sein, da eine gegenseitige Neigung zwischen ihnen zu bemerken war. Doch kehrte dieser junge Mann, ohne um sie anzuhalten, in seine Vaterstadt zurück, und obgleich Luther ihm schrieb: »Wenn Ihr Euere Käthe v. Bora wolltet, so thut bald zum Werke, »ehe sie einem Andern gegeben wird, der bei der Hand ist. Sie hat die »Liebe zu Euch noch nicht überwunden, und ich würde mich freuen, »wenn Ihr Beide mit einander verheirathet würdet,« so that er doch keinen Schritt, sich ihr wieder zu nähern, und man mußte die Hoffnung dieser Verbindung aufgeben. Jetzt warf Luther seine Augen auf einen neuen Gegenstand für sie, und der Doctor Kaspar Glatz, damaliger Prediger in Orlamünde, schien ihm geeignet, ihr durch seine Hand eine annehmenswerthe Versorgung anzubieten. Ein gemeinschaftlicher Freund, der Pastor in Wittenberg war, und Nicolaus von Amsdorf hieß, mußte den Antrag machen; allein Katharina wollte nichts von dieser Heirath hören, sondern erklärte sich ganz naiv dahin: wenn Nicolaus von Amsdorf selber, oder auch Luther der Bewerber wäre, würde sie keine abschlägliche Antwort geben. Auf den Ersteren scheint diese anlockende Aeußerung keinen Eindruck gemacht zu haben. Luther aber, der – mehr aus Vernunft, als aus irgend einer individuellen Neigung – zum Ehestand entschlossen war, ging auf diesen Wink ein, da er eine gewisse Eva Schönfeld, die ihm vorzüglich wohlgefallen, nicht mehr bekommen konnte, indem sie an einen Doctor Basilius in Preußen verheirathet worden war. Er bewarb sich daher um Katharina, welche ihm auf der Stelle ihr Jawort gab. Die Hochzeit folgte sehr schnell auf das Verlöbniß, so daß die Eile, mit der er sie betrieben, das Publikum sehr überraschte. Auch wurde Anfangs der häusliche Friede und die Eintracht des neuen Ehepaares sehr bezweifelt, so offen aber auch bei Luther's unverstellter Geradheit zuweilen eine leise Unzufriedenheit mit Katharinens Weien sichtbar wurde, so ließ er ihr doch im Ganzen stets als einer wackern, treuen und wirthlichen Hausfrau und Mutter seiner Kinder Gerechtigkeit widerfahren. Da er bei seinem Hange zu den Freuden der Geselligkeit und des materiellen Wohllebens sich eher zur Verschwendung, als zur Sparsamkeit hinneigte, so ist es wohl allein das Verdienst von Katharinens kluger Verwaltung und Eintheilung des Einkommens, daß sich bei dem steten Aufwande des Hauses und bei 6 Kindern, die sie ihm gebar und erzog, nach seinem Tode doch das Vermögen in einem sorgsam geregelten Zustande befand, und sich auf zwei Häuser und einen Garten in Wittenberg, und zwei kleine Landgüter erstreckte, welche Letztere höchst wahrscheinlich bloß von den Ersparnissen der eigenen Einnahme angeschafft worden waren, da sich nirgends eine Bemerkung aufgezeichnet findet, daß sie ihm Jemand geschenkt hätte. Luther's Testament gibt Katharinen das ehrenvollste Zeugniß, indem er sie »sein frommes treues eheliches Gemahl nennt, die ihn reicher mache, als Crösus war,« und sie, so lange sie unvermählt bleiben werde, zur »alleinigen Erbin aller seiner Habe« einsetzt. Die Drangsale der Zeit aber, in der sie lebte, zerstörten bald nach seinem Hinscheiden ihren Wohlstand. Denn als im Jahre 1547 der schmalkaldische Krieg ausbrach, Kurfürst Johann Friedrich gefangen genommen, und Wittenberg belagert wurde, mußte sie, um in dieser dringenden Noth sich und ihre Kinder zu erhalten, die größten Opfer bringen, und als Kaiser Karl V. endlich siegreich einzog, sah sie sich genöthigt, die ihr so werthe Stadt zu verlassen, und sich nach Leipzig zu wenden. Hier aber verschlimmerten sich ihre Vermögensumstände immer mehr, und sie gewann ihren nothdürftigen Unterhalt endlich nur noch dadurch, daß sie Kostgänger speisete, und durch unsägliche Last und Mühe die geringen Vortheile eintauschte, die ein solches Unter nehmen gewähren konnte. Späterhin hoffte sie in Wittenberg besser bestehen zu können. Sie zog wieder hin, war aber auch dort gezwungen, ein dürftiges und an allem Nothwendigen Mangel leidendes Leben zu führen. Um ihre Sorgen noch zu vergrößern, brach im Jahr 1552 die Pest in Wittenberg aus. Die Universität wurde nach Torgau verlegt, und wer nur immer flüchten konnte, verließ einen Ort, in dessen Mauern die gräßlichste aller Krankheiten wüthete. Auch Katharina bot ihre letzten Kräfte auf, um sich und ihre Kinder zu retten. Sie wollte nach Torgau fliehen, aber auf dem Wege dahin wurden die Pferde ihres Fuhrwerks scheu – der Wagen drohte umzuwerfen, und Katharina, um der drohenden Gefahr zu entgehen, suchte sich durch einen Sprung aus demselben zu retten, fiel aber unglücklicher Weise in eine mit Wasser angefüllte Grube, wo Erkältung sich zum Schrecken gesellte, ihre ohnehin schon tief erschütterte Gesundheit vollends zu zerstören. Krank kam sie nach Torgau, aber nur, um nach vielfachen Leiden, die ihrem Tede vorausgingen, dort zu sterben. Sie war, wie uns eine silberne Denkmünze lehrt, welche Luther ihr zu Ehren schlagen ließ, den 29. Januar 1499 geboren. Ihr Todestag war der 20. December 1552. Auf ihrem in Torgau in der Pfarrkirche noch jetzt befindlichen Leichensteine ist sie in Lebensgröße abgebildet, ein offenes Buch in den Händen haltend, und ihr adeliges Wappen ihr zur Seite gestellt.
A.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.