- Damask
Damask, eine der bedeutendsten Städte des alten Syrien, so alt, daß selbige bereits in der Erzählung vom Patriarchen Abraham erwähnt wird. Es war Damaskus also schon damals eine Stadt, und unter der Regierung David's von großer Wichtigkeit. Handel und Gewerbe blühete im hohen Grade, und diesem allein dankt die Stadt ihr jetziges Bestehen, während viel mächtigere Orte, wie Persepolis, Babylon, Ninive, fast ganz – bis auf die letzte Spur verschwunden sind. Damaskus mag jetzt noch immer 40,000 Häuser haben, wovon jedes freilich, nach orientalischem Brauch, nur von einer einzigen Familie bewohnt ist. Das Aeußere der Gebäude ist höchst unscheinbar, nur im Innern findet man Bequemlichkeit und auch wohl Luxus, doch nicht, was wir Eleganz nennen. – Die Straßen sind zwar zum Theil außerordentlich lang, jedoch sehr enge und krumm. Schön sind die großen Heerstraßen; eine solche führt unter anderen zum Gottesthor (dasjenige, durch welches die Karawane von Mekka, die heilige, einzieht), diese ist 300 Fuß breit, und von beiden Seiten mit einem Walde von Palmen und Oelbäumen gesäumt. Großartig und prächtig sind die öffentlichen Gebäude und Moscheen. Ein großes, mit Thürmen versehenes Schloß, aus den Zeiten der Kreuzzüge stammend, liegt im westlichen Theile der Stadt, selbst eine Stadt bildend, so umfang- und häuserreich ist es. Seiner höchst anmuthigen Lage wegen, in einem Walde von Damascenerrosen, ist das reich geschmückte Kaffeehaus Chan el Wardi berühmt; noch mehrere andere Häuser sind es wegen der historischen Erinnerungen, welche sich an dieselben knüpfen. Das Haus des Judas, in welchem Paulus auf seiner Wanderung einkehrte; das Haus, in welchem Ananias ihn von seiner Krankheit heilte; das Fenster, aus welchem er zur Flucht herabgelassen ward, so wie man auch, eine halbe Stunde von ' der Stadt, die Stelle zeigt, an welcher der Apostel Paulus durch eine Erscheinung Christi in den Wolken bekehrt worden ist. Auch für die Muhamedaner gibt es hier manchen Gegenstand hoher Verehrung. Die Gräber des Nurreddin, des Saladin, mehrerer Chalifen, das Exemplar des Koran, welches Osman besessen etc. Der Einwohner sollen 120,000, nach Andern 200,000 sein, unter denen über 20,000 Christen und 5000 Juden. Lebhafter Handel versammelt hier fast alle Karawanen; die große Karawane von Mekka (oft 60,000 Fremde) kommt nur ein Mal jährlich, dagegen die von Bagdad vier Mal, die von Haleb 45 bis 50 Mal, die von Akka täglich, so daß Damaskus für den Orient ist, was einst vor 500 Jahren Augsburg für Deutschland war, der Mittelpunkt des Handels. Die Ebene von Damaskus umfaßt über achtzig Ortschaften, und wahrhaft entzückend ist die Aussicht von den Höhen über diese Gegend und die weit ausgedehnte Stadt. Schon Muhamed soll, als er dorthin kam, nicht gewagt haben, weiter zu gehen, weil, wie er glaubte, er nur an einem Paradiese Theil habe und dieses nicht auf Erden zu finden sei – die Schriftsteller des Landes nennen die Gegend – »das Mahl auf der Wange der Welt!« »das Gefieder des Paradiesespfauen;« »den farbigen Kragen der Ringeltaube;« »das Halsband der Schönheit;« »das Auge des Orients« etc. Reich bewässert bietet das Thal eine Ueppigkeit und Fülle, eine Pracht und Herrlichkeit der Vegetation dar, wie man sie in dem sonst für wüst gehaltenen Syrien nicht zu suchen gewohnt ist. Die köstlichsten Früchte, in Gärten gezogen, welche die Stadt nach allen Richtungen Stunden weit umgeben, bilden daher auch den Hauptausfuhrartikel von Damask, fast täglich gehen Hunderte von Kameelladungen nach Constantinopel, Feigen, Pfirsich, Orangen, Granatäpfel, Palmenpfirsich, Datteln, Aprikosen und die feinsten Confitüren, aus diesen Früchten bereitet, in die üppige Hauptstadt tragend. Ueber Wäldern von Oel-, Rosen-, Orangen- und Lorberbäumen wiegen sich in dem klaren, dunklen Himmelsblau der ewig heitern Luft die schlanken, hohen Palmen und die ernsten Cypressen. Das bunteste Gemisch bilden die prachtvoll gefärbten Blumen, welche dort die Felder mit ihren tausendfarbigen Reizen schmücken. Damaskus ist der Sitz aller anmuthigen Mährchen des Orients, aller Thaten der Helden ihrer Erzählungen.
V.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.