- Gattin
Gattin. Wenn die Ringe gewechselt, wenn das bindende Ja verklungen, wenn die Kirchenglocken verstummt und der Kranz aus den Locken gefallen, dann heißt die Jungfrau Gattin. Eine neue Periode ihres innern und äußern Lebens beginnt. Sie ist geschieden aus dem lachenden Kreise der Gespielinnen, in den Blüthenstraus ihres jugendlich schwärmerischen Daseins flechtet sich der Lebensernst als dunkle Schattirung; die Liebe Vieler: der Eltern, Verwandten, Freundinnen, opfert sie der Einen Liebe zum Gatten, das Herz, das liebevoll für Viele schlug, darf jetzt nur für Einen schlagen. Nicht ohne ernste Prüfung ist dieser Schritt geschehen; denn »der Wahn ist kurz, die Reue lang.« Der Würfel ist gefallen, ihre Zukunft hat sie dem Schicksal anheimgestellt; es gibt keinen Rücktritt mehr in den früheren Stand. Sie ist geschieden aus dem Kreise ihrer Geschwister, aus der Obhut und Gewalt ihrer Eltern, der Gatte soll von nun an, wie die Schrift sagt, ihr Herr sein. Sie ist die Gefährtin dessen geworden, den ihr Herz erwählt, mit dem sie Seele um Seele getauscht, dem sie sich für ewig zu eigen gegeben hat. Tausend Gefühle, die bisher schlummerten, werden wach in ihrer Brust und finden ihren Wiederhall in der des Mannes. Das äußere Band, was sie an ihre Eltern und Geschwister gebunden, zerreißt vor den Augen der Welt; sie legt ihren Familiennamen ab und trägt von da an zum Zeichen der engsten Verschwisterung ihres Lebens mit dem des Gatten, auch seinen Namen. Eine Art Selbstständigkeit gewährt ihr nunmehr das Gesetz; denn als Jungfrau stand sie noch in erster Instanz unter der väterlichen Gewalt, es erkennt sie als Bürgerin des Staates, als ein wesentliches Glied der Gesellschaft. In ihr wirkt sie nun mit für höhere, gemeinsame Zwecke. Dem Gatten ist sie zu eigen mit Herz und Sinn, mit Geist und Gemüth, ihm gehört ihre ganze Liebe, seine Liebe ist ihr Alles, in ihrem Opfer liegt ihr Lohn, im Verluste der Freiheit die Befreiung, im Liebe Geben das Liebe Empfangen. Er ist von nun an der Vertraute ihrer geheimsten Wünsche, Hoffnungen und Befürchtungen, mit ihm theilt sie Freud' und Lust. Jedes Geheimniß, jede Muthmaßung legt sie nur in seine Brust nieder. Für sie ist jetzt nur sein Wille anregend und bindend. Die vertrauten Gestalten der Geschwister und Freundinnen, an welche sich das Mädchen hingebend und vertrauungsvoll geschmiegt, weichen nach und nach in Nebelferne zurück, sie wandelt eine andere Bahn, fern von jener, nur der Gatte steht klar, licht vor ihr, er ist der Baum, um welchen die Rebe liebend ihre Arme schlingt im Sonnenschein und Sturmgetöse. Die Religion selbst heiligt diesen Bund, wie ihn die Natur eingesetzt. Jene spricht: du sollst Vater und Mutter verlassen und deinem Manne folgen in die Welt. – Ueber den Gatten erstreckt sich von jetzt an der ganze Umfang der Sorgfalt ihres Berufes; seiner Erheiterung, seiner Pflege, der innigsten Theilnahme in Luft und Schmerz ist diese geweiht; ausschließlich ihm gilt ihr Empfinden und Wirken bis zu dem Augenblicke, wo sie Mutter (s. d. A.) wird, wo ihr Beruf eine neue Aufgabe erhält und eine noch höhere doppelte Richtung nimmt (s. Ehe.). Trefflich schildert Julius Schneller in seiner interessanten Schrift: »Weiblichkeit. Ein Weihnachtsgeschenk. Wien, Wallishaußer,« den Beruf der Gattin infolgendem Sonette:
Der Welt entflohn soll er (der Mann) in dir sie finden!
Sanft führe ihn zu liebenden Gestalten,
durch dich soll ihm das schöne sich entfalten,
Dem Starken muß das Zarte sich verbinden.
Er soll es sehen, und dennoch nie ergründen,
Durch welche Macht die Reize nie veralten,
Er beuge sich den mächtigen Gewalten,
Den Grazien in deines Busens Gründen.
Durch sie kann er von jedem Schmerz genesen,
Sie haben dir sein stolzes Herz gewonnen,
Drum hat er dich vor Tausenden erlesen;
Und dunkeln sich für ihn der Erde Sonnen,
Dann erst ist dir ein glänzend Loos beschieden,
In schwarzer Nacht sei du ein Stern hienieden.
B.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.