- Grabmäler und Beerdigungsfeierlichkeiten
Grabmäler und Beerdigungsfeierlichkeiten. Die Ehrfurcht gegen die Verstorbenen war schon in den ältesten Zeiten eine heilige, fromme Sitte. Nicht bloß die gebildeten Völker ehrren ihre Todten durch prunkende Züge und Denkmäler, auch die rohen Söhne der Natur weihten denselben blutige oder unblutige Opfer, je nachdem ihre Religion grausam oder mild war. Der Wilde Amerika's nimmt die Gebeine seiner Vater mit in das Land der Verbannung und nähert sich scheu und ehrerbietig der Grabstätte seines Volkes, über welcher, wie er glaubt, die Geister der Geschiedenen unsichtbar schweben. Die christliche Religion hat die Begräbnißstätten kirchlich geheiligt und schmückt sie gern mit Blumen und Immergrün zum Zeichen der Fortdauer und eines jenseitigen Frühlings. – Die Griechen sogen den letzten Odem der Sterbenden ein, drückten dem Todten Augen und Mund zu, salbten ihn, hüllten ihn in weiße Gewänder, schmückten ihn mit Kränzen, stellten ihn im Vorhofe auf und legten ihm ein Goldstück für den Charon (s. d.) in den Mund. Am andern Morgen wurde der Leichnam mit Pomp oder unter alleiniger Begleitung der Anverwandten auf einer offenen Bahre hinaus nach dem Platze gebracht, wo er verbrannt werden sollte. Man baute einen Scheiterhaufen, worin ein Platz leer blieb, damit sich die theuere Asche nicht mit der des Holzes vermische und gesammelt werden könne. Den Holzstoß brannten die nächsten Anverwandten mit abgewandtem Gesichte an. Man legte Lieblingsdinge des Verstorbenen mit in das Feuer, goß Wohlgerüche hinzu, machte Libationen, betete, löschte das Feuer mit Wein, sammelte Asche und Knochen in Urnen, die in schönen, mit Inschriften verzierten Grabmälern beigesetzt wurden. Cenotaphien hießen Monumente, welche man den fern von ihrer Heimath Gestorbenen errichtete. Leichenreden waren nicht üblich, Spiele nur in altern Zeiten, aber Trauermahle. Im Leichenzuge spielten Flötenbläser Trauerweisen, Klageweiber zerschlugen sich Brust und Stirne, wimmerten in Klagetönen oder dazu gesetzten Liedern. Man trauerte in beschmuzten Gewändern, jedoch nicht in schwarzen und nur so lange, als die Bestattung dauerte. Die Römer begruben ihre Todten auch häufig vor der Stadt an den Landstraßen und gingen zwischen den Grabmälern spazieren, um sich der Tugenden der Abgeschiedenen zu erinnern. Die Inschriften waren, wie die heutigen bei uns, zärtlich, ruhmrednerisch, stolz, witzig, aber oft auch nichtssagend. Manche Denkmäler waren von ungeheurem Umfange, ihre Beschreibung und ihre Reste erregen Bewunderung ob der Kunst ihres Baues und ihrer Größe. Das Grabmal Trajan's ist die jetzige Engelsburg, noch colossal in seinen Resten; das des Augustus war diesem ähnlich, von ungeheurer Größe, terrassenförmig, so daß immer ein kleinerer Würfel auf dem größern lag, jede Terrasse mit Pappeln bepflanzt, die kaum bis an die folgende Abtheilung reichte. Man nannte diese nach dem bekannten Wunderwerke der Artemisia (s. d.) Mausoleen; – Hypogäen hießen die unterirdischen Gewölbe zum Beisetzen der Urnen, Columburien die Hallen, wo die Aschenkrüge in kleinen Zellen standen; Sarkophage die Steinsärge einzelner Personen in den Mausoleen; sie waren von einer besonderen Steinart, in welcher sich der Leichnam in wenig Wochen verzehrte. Die Begräbnisse der Römer mußten sehr wichtig für sie sein, da der Glaube herrschte, daß ein Nichtbegrabener am Styx ein Jahrhundert vergebens auf die Ueberfahrt in's Land der Seligen warten müsse. – Die Leichenceremonien waren dieselben, wie bei den Griechen; man legte den Todten mit der Toga oder seinem Ehrenzeichen auf die Bahre, ließ Wehklagen erschallen, um ihn wieder zu erwecken etc. Zu vornehmern Leichenbegängnissen wurde das Volk durch einen Herold aufgefordert. Arme wurden in der Stille begraben. Man trug ihre Leichen bei Nacht hinaus – Reiche auch am Tage. Die Träger waren Anverwandte, Freigelassene; bei Armen Sclaven. Ein Ceremonienmeister ordnete den Zug. Zuerst gingen Musiker, Flötenspieler und Klageweiber, ihnen folgten Schauspieler und Possenreißer; einer derselben ahmte den Verstorbenen nach. Vor der Bahre trug man das Bildniß des Verstorbenen, die Lictoren gingen schwarz und trugen die Fasces umgekehrt, deßgleichen die Krieger ihre Lanzen. Bei berühmten Feldherren trug man auch Bilder eroberter Städte und Länder im Zuge; Verwandte und Freunde, die Söhne mit verhülltem, die Töchter mit unbedecktem Antlitz und fliegenden Haaren, die Magistrate und der Adel ohne Insignien und Ehrenzeichen folgten der Leiche Dann wurde der Todte vor der Stadt beigesetzt oder, was später allgemein wurde, verbrannt. Nur die vestalischen Jungfrauen und hochverdiente Männer wurden in der Stadt begraben. Auf den Scheiterhaufen warf man Spezereien, Waffen und Alles von Geräthschaften, was dem Todten lieb gewesen war. Verwandte in enggegürteter Tunica und baarfuß sammelten demüthig die Knochen und Asche in Urnen und tränkten sie mit Wohlgerüchen. Thränen sammelte man in Fläschchen und stellte sie zu den Urnen, als den Tribut des Schmerzes, man erleuchtete die Grabmäler mit Lampen etc. Das Sterbehaus mußte nach der Bestattung gereinigt, und 9 Tage lang durften die Angehörigen nicht belangt oder belästigt werden. Man opferte auf dem Grabe, legte Speisen für den Verstorbenen hin, gab Gastmäler, gladiatorische Spiele, ließ Haar und Bart wachsen, zog schwarze Kleider an; Männer trauerten nur einige Tage, Frauen ein ganzes Jahr. – Die Aegypter balsamirten ihre Todten, hielten ein Gericht über sie, nach dessen Ausspruche sie erst begraben werden durften. Aermere stellten die Mumien in Wandschränken ihrer Wohnungen auf, Reichere in den Begräbnißorten, die mit unendlicher Pracht geschmückt wurden, wie das alte Theben noch jetzt in seinen Königsgräbern zeigt. Die gewaltigen Pyramiden sind nichts als Königsgräber. Bei Kairo ist noch heute ein Feld der Mumien. – Persepolis hält man für die Grabstätte der Könige der alten persischen Monarchie. Die Troglodyten knebelten die Leichen mit Ruthen zusammen, legten sie auf einen Hügel und warfen Steine mit Geschrei und Lachen darauf. Die alten Aethiopier überzogen die Körper mit Gips, bemalten die Form mit Farben, welche das Leben nachahmten und bewahrten sie in einem Glasschrank, um sie immer sehen zu können. Die Assyrer bestrichen die Todten mit Honig, weil sie glaubten, daß derselbe die Fäulniß abhalte, oder sie begruben sie in einem Sumpf. Die Scythen mordeten Weiber, Sclaven, Pferde auf dem Grabe und begruben alles Werthvolle mit dem Todten. Die alten Deutschen verbrannten die Leichen ohne allen Prunk und thaten die Asche in einen Rasenhügel. Die nördlichen Volker Europa's errichteten größere und kleinere Hügel (Hühnengräber) je nach dem Stande der Person über den Leichen. Bei den Hindus stirbt noch heut' zu Tage die Gattin des Rajah oder Braminen den Opfertod in Flammen; denn es heißt:
Bei mehrern afrikanischen Völkern werden, wenn der König stirbt, alle seine Weiber, Sclaven und Sclavinnen dem Tode geweiht. Unsere heutigen Beerdigungsfeierlichkeiten sind Nachbildungen der römischen im Kleinen. In England stehen zwei schwarzgekleidete Leidtragende mit schwarzweißen Bannern an der Thüre des Trauerhauses; in katholischen Ländern wird die Leiche kirchlich eingesegnet und den folgenden Tag ein Trauergottesdienst (Requiem – Seelenmesse) gehalten. Der Jude und Moslem wird flach begraben, des Erstern Grab bezeichnet ein einfacher, niedriger Stein. Dieser schmückt die zierlichen Grabmäler mit Cypressen, Trauerweiden und Rosenbüschen. – In Deutschland wird jetzt nicht mehr in den Kirchen und rings um dieselben auf den Kirchhöfen, sondern außerhalb der Städte begraben. Einzelne Begräbnißorte sind so »ausgetrocknet, daß sich die Leichen conserviren, wie die der Gräfin Königsmark in Quedlinburg, deren Leiche noch jetzt die Schönheit der frühern Geliebten August des Starken verkündet, die Schwedenleichen in Bremen, die Mönchsleichen bei Bonn u. s. w. Aehnliche austrocknende Höhlen sind auf Teneriffa und Madagaskar. in welchen die Leichen mit lebendiger Gräßlichkeit dasitzen.
D.
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