Manley, Mistriß

Manley, Mistriß

Manley, Mistriß, ein unglückliches Opfer der Ränke eines Bösewichts, dem ihr eigener Vater, Roger Manley, Gouverneur der Insel Guernsey, sie anvertraut hatte. Dort geboren, erhielt die Tochter eine so glänzende Erziehung, als der Stand des Vaters sie forderte, war frühzeitig schon mit der klassischen Literatur der Griechen und Römer vertraut und besaß ungewöhnliches Talent für Musik und Zeichnen. Eine seltene Auffassungsgabe für das Komische verleitete sie, alle Skizzen, welche sie von Personen entwarf, zu cariciren, wodurch ein Hang zur Satire in ihr erweckt wurde, der sie durch ihr ganzes Leben begleitete, und um so schädlicher wirkte, als sie, kaum 17 Sommer zählend, ihre Eltern verlor und einem von ihrem Vater selbst gewählten Vormund übergeben ward, welcher nichtswürdig genug war, das ihm geschenkte Vertrauen dadurch zu mißbrauchen, daß er die Waise unter Vorspiegelung einer Heirath verführte, und als er des liebenswürdigen Mädchens überdrüssig war, lachend erklärte, daß sie gar nicht seine Frau, sondern daß sie statt eines Priesters von einem Bedienten ihm angetraut worden sei, worauf er sie verließ und dem drückendsten Mangel Preis gab. In düsterer Einsamkeit auf einem Dorfe lebend, ward die Betrogene von der Herzogin von Cleveland auf einer Durchreise bemerkt, und von ihr unterstützt, doch bald wieder vergessen und verlassen. Die Nothwendigkeit, sich einen Lebensunterhalt zu verschaffen, veranlaßte sie, Gebrauch von ihren Talenten zu machen. So entstand das Trauerspiel The Royal Mis'chief, welches im Jahr 1696 (sie war damals 19 Jahr alt) mit dem größten Beifall aufgenommen wurde und ihr ein Heer von Verehrern schaffte, die sie nöthigten, ihren ländlichen Aufenthalt zu verlassen und sich nach London zu begeben. Sie schrieb nun einen historischen Roman, die neue Atlantis, überlud denselben jedoch, ihrer wieder erwachenden Neigung zu Folge, mit den drolligsten und herbsten Satiren, und griff besonders Viele der mächtigsten Frauen ihres Zeitalters, so wie Alle diejenigen, welche zu der Revolution gegen Karl I. mitgewirkt hatten, auf das Schonungsloseste an. Dieser Hang zur Satire ging inzwischen aus den edelsten Motiven hervor, denn die tiefsten Empfindungen und Neigungen waren durch die Frivolität des Zeitalters, dem sie angehörte, und durch die Barbarei, mit welcher man gegen Karl I., dessen Partei sie anhing, in ihr verletzt. Der Verleger des Buchs ward verhaftet. Da trat Mistreß Manley plötzlich vor das versammelte Gericht von Kingsbench, und erklärte, daß sie die Verfasserin sei. Staunen ergriff die ernsten Richter, als sie hinter dem satirisch-polemisirenden Politiker eine junge, schöne Frau erblickten. Doch entging sie nicht einer Menge höchst lästiger Verhöre, Zeugenaussagen und anderer Chikanen, von denen sich loszumachen ihr nur mit vieler Mühe gelang. Einen großen Einfluß auf die jugendliche Schriftstellerin übte Swift, dieser bittere, drastische Charakter. Bei allem dem behielt ihr guter Geschmack die Oberhand, und das Drama »Lucius«, so wie das Lustspiel »der verlorene Geliebte, oder der eifersüchtige Ehemann,« gehören unter die ausgezeichnetsten Werke der englischen Dramaturgie und wurden in den letzten Jahren des 17. Jahrhunderts häufig aufgeführt. Doch vergeblich blieb das Streben, ihre Lage zu verbessern und sie auch nur zur Mittelmäßigen zu erheben. Sie mußte ihre Tugend opfern, um ihr Leben zu fristen, und starb in der Blüthe ihrer Jahre im Hause des Aldermann, John Barber, welcher den unedelsten Gebrauch von seinem Reichthum gemacht hatte, um sie die Seine zu nennen.

V.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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