Morata, Olympia Fulvia

Morata, Olympia Fulvia

Morata, Olympia Fulvia, eine durch Geist, Gelehrsamkeit, Witz und Tugend ausgezeichnete Frau, der Stolz der Wissenschaften, die Zierde ihres Geschlechtes, die Bewunderung ihres Zeitalters. Sie ward 1526 zu Ferrara geb., empfing von ihrem Vater eine sorgfältige Erziehung, und erregte bald die Aufmerksamkeit ganz Italiens. Herkules v. Ferrara gab das junge Mädchen seiner Tochter als Gesellschafterin, und hier war es, wo Olympia die Mittel fand, ihre Wißbegierde zu befriedigen, wo sie mit den gelehrtesten und geistreichsten Männern ihrer Zeit in Verkehr trat, und wo sie Huldigungen erntete, die man nur dem Ungewöhnlichen zollt. Aber nicht auf Kosten des Herzens und der wahren Weiblichkeit machte ihr Geist seine Rechte geltend; denn als ihr Vater in eine tödtliche Krankheit verfiel, eilte sie, ihn zu pflegen. Leider waren ihre Bemühungen vergebens; er starb, und hinterließ eine Gattin mit 5 unversorgten Kindern. Von diesem Augenblicke an verließ Olympia den Hof und widmete sich der Sorge um ihre Mutter und der Erziehung ihrer Geschwister. Damals studirte zu Ferrara ein junger Deutscher, Andreas Gründler, der längst schon das junge Mädchen bewundert und geliebt hatte, und jetzt nun, als er die Würde eines Doctors der Medicin erlangte, um ihre Hand warb und Gewährung fand. Aber weder die Verwandten noch der Hof sahen diese Verbindung mit einem Fremden gern, und aus diesem Grunde verließ das junge Ehepaar Italien, und ließ sich in Gründler's Vaterstadt, Schweinfurt, nieder, wo es einige glückliche Jahre verlebte. Da nahte der Krieg ihrem friedlichen Asyl; Markgraf Albrecht von Brandenburg sah sich in Schweinfurt eingeschlossen und belagert. Nach 14 monatl. Drangsalen wurde die Stadt eingenommen und in Brand gesteckt. Olympia und ihr Gatte flohen, aber kaum in's Freie gelangt, werden sie von Feinden umringt, der Geliebte gefesselt und fortgeschleppt; allein er befreit sich, kehrt zurück, und die Unglücklichen wandern nach dem drei Meilen entfernten Hammelburg. Hier verwehrte man ihnen den Einlaß, und Olympia, der nothwendigsten Kleider beraubt, baarfuß, erschöpft »war dem Tode nahe. Der Hauptmann der Stadtwache gestattete endlich auf vieles Bitten einen kurzen Aufenthalt, während dessen die Unglückliche in ein hitziges Fieber fiel, und trotz dem nach 4 Tagen, da sie zur protestantischen Religion übergetreten war, und man in der Stadt keine Neugläubigen dulden wollte, ihren Wanderstab weiter fortsetzen mußte. In einem sulda'schen Städtchen abermals als Ketzer erkannt, wurde Gründler eingekerkert, und Olympia sah es als ein großes Glück an, die Gefangenschaft theilen zu dürfen. Nach vielen Mühen freigelassen, aber aus der Stadt verwiesen, schien den Gatten endlich ein günstigeres Geschick bestimmt; sie gelangten zu dem Grafen von Reineck und Erbach, und fanden hier freundliche Aufnahme, Pflege und Unterstützung. Olympia's Gelehrsamkeit, Verstand und religiöse Begeisterung imponirten der Gemahlin des Grafen R., einer gebornen Prinzessin von der Pfalz, so sehr, daß diese voll Bewunderung erfüllt, sie gleich einer Heiligen verehrte, sie eigenhändig wartete und bediente. Nach einiger Zeit schieden sie von ihren Wohlthätern, reisten nach Heidelberg, und hier wurde Gründler 1554 als Professor der Medicin angestellt. Wohl leuchtete endlich der Hartgeprüften eine freundlichere Sonne, allein zu viele Sorgen und Entbehrungen hatten die Körperkräfte der seltenen Frau zerstört. Sie fiel in ein auszehrendes Fieber, sah ruhig und ergeben ihrem Ende entgegen, und vollendete den 24. Oct. 1555, noch nicht 29 Jahre alt und kaum 5 Jahre vermählt. Trotz aller ihrer Leiden hatte sie sich nie nach dem Glücke ihrer Jugend, nach dem Glanze des Hofes, zurückgesehnt. Ihr Gatte sagt von ihr: »Sie war die reinste, beste Seele; ihre Sitte streng und untadelhaft. So ein Weib sah ich nie weiter.« Er folgte der Geliebten bald nach. Sie ruhen beide in einem Grabe in der St. Peterskirche zu Heidelberg. Ein Freund ihres Hauses stiftete ihr dort ein Grabmal.

–n.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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