Sonnenschirme

Sonnenschirme

Sonnenschirme. In der heißen Zone, wo die Strahlen einer glühenden Sonne mit unerträglicher, die Sinne bedrohender Hitze auf den Scheitel fallen, haben die Eingeborenen seit undenklichen Zeiten auf Schutzmittel dagegen gedacht. Fächer und Sonnenschirme stammen aus dem Oriente, wo das Pflanzenreich, z. B. der riesige Pisang, mit seinen Blättern natürliche Parasols bietet. Die Neger Afrika's, die Insulaner der Südsee, die Malayen etc. schirmen sich mit diesen einfachen Schutzmitteln; doch dachten gebildetere Nationen schon vor Alters daran, zu diesem Zwecke sich künstlicher Instrumente zu bedienen. Die Blätter gaben hierzu das Modell, und der Sonnenschirm entstand. Auf den bewunderten Denkmälern Aegyptens, auf den Ruinen des alten Persepolis sieht man Sonnenschirme tragende Sclaven abgebildet, und zwar beinahe in derselben Form, wie noch heute bei den Chinesen, Japanesen, Hindus und Moslims. Im Oriente ist der S. nicht bloß ein Spielzeug für Damen wie bei uns, sondern eine Nothwendigkeit für Alle, die im Freien verkehren, und das sind dort die Männer oder Frauen der niederen Volksklassen, welche sich auch durch Schleier schützen. Reiche lassen das Parasol über sich hertragen oder beim Ruhen über sich halten. Reiter handhaben es selbst. Possierlich erschien es Europäern, die Soldaten des himmlischen Reichs, China, mit Sonnenschirmen bewaffnet zu sehen. Schon in Spanien herrscht gleiche Sitte. Den armen Spanier schützt sein breitrandiger Hut, sombrero, der wohlhabende trägt das Parasol, so groß wie unsere Regenschirme. In dem französischen Einflüssen mehr ausgesetzten Italien müssen die Männer schon längst dieser Wohlthat entbehren und sich mit dem Sonnenhute begnügen; die Sitte gibt den Damen die ombrella in die zarte Hand. Entbehrlicher schon in Frankreich, wäre der Sonnenschirm bei uns nördlicheren Deutschen vollends eine arge Weichlichkeit beurkundende Sache in Männerhänden. Die Ombrellas oder Sonnenschirmchen der Damenwelt sollen nur die weißen Gesichterchen schirmen, die sanften Farben der Hüte bewahren. Um den Augen wohlzuthun, liebten sie unsere praktischen Vorfahren von grünen Stoffen, und gebrauchten sie zugleich als Stock mit aufwärts gekehrter Spitze. Die Mode, welche stets das Oberste zu Unterst zu kehren sucht, that dieß rücksichtlich der Sonnenschirmchen buchstäblich, und wir müssen gestehen, daß es uns besser vorkommt, wenn, wie heut zu Tage, der für die Hand bestimmte Griff niemals den Erdboden berührt und sich dadurch hübsch rein erhält. Statt des biegsamen Fischbeins stützte sonst sprödes Rohr, und noch mitunter thun dieß Metallstäbe, die zwar gut aussehen, aber schwer sind und Flecken machen. Die Form änderte sich nicht minder, und nach den sonst fast platten Schirmchen sahen wir welche, die wie eine Glocke, en pavillon, heruntergebogen waren. Jetzt ist man wie in so vielen Dingen, zur rechten Mitte, d. h. leichter, dem Auge angenehmer Biegung, gekommen. Von der grünen zur rothen Farbe, welche ein anmuthiges Rosenlicht auf das sich dahinter versteckende Antlitz wirft, übergegangen, verwarf man auch diese und ging zu blau, violett und bunten Zeugen über. Wem Seide zu theuer war, der trug battistgraue Baumwolle, und als die Lithographie erfunden ward, bedruckte man die Sonnenschirme mit Arabesken und Blumen. Plötzlich verwarf französisches Machtgebot all' diesen zum Ueberdruß geschauten Kram, die Schirme mußten schwarz, mindestens dunkelbraun sein. Nur zum hohen Putz trägt man weiße, mit rosa Gaze gefüttert. Die Franzen, mit welchen sonst garnirt wurde und die den Schirm sehr vertheuern konnten, sind ebenfalls abgeschafft, und für Damen, die nur wenig Schutz wünschen, sogar die sogenannten Knicken unserer Großmamas (kleine Schirmchen, die vermittelst einer Feder umgeknickt werden können), welche man wie Fächer gebraucht, wieder erschienen.

F.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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