Tarakanoff, Anna Petrowna, Prinzessin von

Tarakanoff, Anna Petrowna, Prinzessin von

Tarakanoff, Anna Petrowna, Prinzessin von, geb. 1755, war der Sprößling einer geheimen Verbindung der Kaiserin Elisabeth von Rußland mit Alexis Rasumowski. Ihr hartes Schicksal erregt um so mehr Bedauern, da sie unverschuldet litt und das willenlose Werkzeug in der Hand eines Ehrgeizigen war. Anna zählte kaum zwölf Jahre, als der Prinz von Radziwill sie entführte und nach Rom brachte. Es lag in seinem Plane, später mit ihr nach Rußland zurückzukehren, um sie Katharina II. entgegen zu stellen und die daraus entstehende Verwirrung entweder zu seinem eigenen Vortheile oder im Interesse Polens zu benutzen. Kaum war jedoch die!Kunde von Radziwill's und der Prinzessin Flucht zu den Ohren Katharina's gedrungen, als sie die Güter des Ersteren confiscirte, und ihm somit die Mittel zu seinem Unterhalt raubte. Er lebte eine Zeitlang vom Erlöse seiner Kostbarkeiten, allein diese Quelle versiegte endlich, und er sah sich genöthigt, um neuen Geldzuschuß zu erhalten, sich insgeheim in sein Vaterland zurück zu begeben. Bei seiner Abreise von Rom beging er jedoch die Unvorsichtigkeit, seine Schutzbefohlene der Fürsorge einer einzigen Dame, der Erzieherin der Prinzessin, zu überlassen. Diesen günstigen Augenblick benutzte Alexis Orloff, dem erhaltenen Befehle gemäß, sich Anna's um jeden Preis zu bemächtigen, um sich Zutritt bei derselben zu verschaffen. Er bot ihr seine Unterstützung an, die sie in ihrer Lage anzunehmen genöthigt war, und spiegelte ihr zugleich die Möglichkeit vor, zu ihren Gunsten in Rußland eine Revolution zu bewirken. Aehnliche Ideen waren der Prinzessin nichts Neues, und sie maß Orloff's Worten um so eher Glauben bei, da Radziwill sie häufig von demselben Gegenstande unterhalten hatte. Der verschmitzte, in allen Künsten der Verstellung geübte, Orloff bot alles auf, um Anna zu gefallen. Betheuerungen, zarte Aufmerksamkeiten, und was immer nur eine wahre Neigung für ein weibliches Wesen dem Manne einflößen mag, heuchelte er der Betrogenen, die keinen Argwohn hegte, um sie über seine wahren Gesinnungen zu täuschen. Endlich warb er um die Hand der Prinzessin, und erhielt ihr Jawort. Unter dem Vorwande, die Vermählung müsse nach griechischem Ritus gefeiert werden, stellte er Betrüger an, die in priesterlicher Verkleidung durch eine ungültige Ceremonie die allzu leichtgläubige Anna hintergingen. Von nun an war es Orloff's eifrigstes Bestreben, sie an einen, für seine Pläne geeigneten Ort zu führen. Leicht vermochte er sie, ihn nach Pisa und später nach Livorno, wo eine Abtheilung des russischen Geschwaders vor Anker lag, zu begleiten. Man suchte das Verlangen in ihr zu erregen, den Hafen zu besuchen, und die Unglückliche sprach endlich selbst den Wunsch aus, die Flotte zu besichtigen. Fruchtlos bemühten sich ihre ergebenen Freunde, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, indem sie Anna inständigst baten, sich nicht aus der Stadt zu entfernen. Sie verachtete die wohlgemeinten Rathschläge und begab sich, gefolgt von ihrer gewöhnlichen Begleitung, in den Hafen. Eine reichgezierte Schaluppe stand für sie in Bereitschaft, welche die Prinzessin, der englische Consul mit seiner Gemahlin und die Gattin des Contre-Admirals, im Beisein einer großen Volksmenge, bestiegen. Als sie das Schiff, auf dem alle Anstalten zu einem glänzenden Feste getroffen zu sein schienen, erreicht hatten, ließ man einen prachtvollen, mit dem russischen Wappen geschmückten Lehnsessel herab, eine Auszeichnung, die man sehr bemüht war, ihr bemerklich zu machen. Als Anna Platz genommen hatte, zog man sie langsam in die Höhe, und kaum an Bord des Schiffes gelangt, wurde sie in Ketten gelegt. Man hat sogar behaupten wollen, der Angst- und Schmerzensruf des unglücklichen Schlachtopfers sei bis zu den Ohren der am Ufer Stehenden gedrungen, und Anna habe noch in derselben Stunde unter den furchtbarsten Qualen ihren Geist aufgegeben Dieser von einigen Schriftstellern verbreiteten Meinung widerspricht Castera, der uns versichert, die Prinzessin von Tarakanoff sei nach Petersburg gebracht und in der dortigen Festung in Verwahrsam gehalten worden, bis nach einer sechsjährigen Gefangenschaft die Ueberschwemmung im Jahre 1777 das Wasser der Newa auch in ihren Kerker getrieben habe, und ihrem freudenlosen, bejammernswerthen Dasein so ein Ziel gesteckt wurde. Die unglücklichen Schicksale dieser Prinzessin haben mehreren Novellen und Romanen zur historischen Grundlage gedient.

E. v. E.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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