- Venus (Mythologie)
Venus (Mythologie), griechisch Aphrodite, die holde Göttin der Liebe, welche Dichtung und Mythe mit allem Reiz der Anmuth verschwenderisch ausstatten. Sie entstand aus dem Schaume des Meeres, daher ihr griechischer Name: die Schaumgeborne; huldigend um gaben sie die Meergötter, und führten die jugendlichliebliche, göttlichschöne Gestalt zum Gestade der Insel Cythera, nach welcher sie dann Cythere hieß. Dort und überall fand sie bald Anbetung, Dienst und Tempel, einen der berühmtesten im heiligen Haine bei Paphos, einer Stadt auf Cypern, von welchem sie den Namen Paphia, paphische Göttin, auch Cypria, Cypris, empfing, wie sie nach ihrem prachtvollen Tempel in Knidos Knidia genannt wurde. Da Liebe so alt wie die Welt ist, da Liebe die Schöpferin alles Lebens, so war der Dienst der Liebesgöttin, der Mutter der Wesen, allverbreitet und schon vorhanden ehe die griechische Mythe von der Aphrodite sich ausbildete. Die Göttin der Liebe war die phönizische Astarte, deren ältester Dienst auf Cythere statt fand, sie war die persische Anayid, sie war der schöne Genius des Abendsternes, der noch jetzt der Stern der Liebe, der Planet Venus heißt. Der Dienst dieser Göttin war freilich, je nachdem der Kulturzustand der Völker, die sie anbeteten, geistig oder sittlich auf mehr oder minder tiefen Stufen stand, nicht immer der einer Venus Urania; der feurige Lebenspulsschlag des Orients fügte sich ungern ascetischer Kasteiung, und es galt nicht für Schande, sich den höchsten Sinnenfreuden hinzugeben, häufig sogar als ein Verdienst und der Göttin wohlgefällig. Auch die griechische Mythengeschichte der Venus enthält nicht viel Decentes, vielmehr manchen Skandal im olympischen Haushalt. Hier war Venus, nach späterer Mythe, Tochter des Zeus und der Meernymphe Dione; sie war Gegenstand der Wünsche aller Götter, und wurde dem Hephästos (Vulkan), dem Häßlichsten, Hinkenden, als Gemahlin zu Theil. Daß dieses Bündniß nicht durch Treue ein Musterbild werden konnte, lag in der Natur der Sache und der Verbundenen. Der stattliche, männlichschöne Kriegsgott warb um Venus Gunst, und erhielt sie im vollen Maaße. Sie wurde von ihm Mutter des Eros und Anteros, der Harmonia und Formido. Aber auch mit andern Göttern hatte Venus zärtliche Verbindungen. So schenkte sie dem Bacchos die Charitinnen (Grazien), die ihr hernach als befreundete Dienerinnen folgten, und den Hymenäos, nicht minder einem Gott, der vorzugsweise Symbol zeugender Fruchtbarkeit wurde. Hermes wurde mit ihr Vater des Hermaphroditos, Helios des Elektryon, und mehrerer, Poseidon des Rhodos. Sie war die Allbeglückende. Alle Beglückende. Auch Heroen und Sterbliche würdigte sie ihrer Neigung, und wurde von Anchises Mutter des Aeneas, vom Adonis des Golgos; auch Paris erkannte ihr nicht umsonst den Preis der Schönheit zu. Bekannt ist die Erzählung, wie Hephästos im unsichtbaren Netz die treulose Gattin in den Armen des Mars fing, und der Götterversammlung zeigte. – Venus wurde angerufen nicht nur als Liebes-, sondern auch als Ehegöttin, Geburtshelferin etc. Man opferte ihr junge Thiere. Heilig waren ihr unter den Thieren die Tauben und Schwäne, von denen ihr Siegeswagen gezogen ward, unter den Pflanzen Rosen und Myrthen, Linden und Mohn. Zahllose Feste wurden ihr gefeiert, zahllose herrliche Bildnisse von den berühmtesten Künstlern, die sie darstellten, gefertigt. Ein solches, das wohlerhalten bis auf unsere Zeit kam, ist die berühmte mediceische Venus, welche die Göttin in völliger Nacktheit, aber in lieblicher Verwirrung jungfräulicher Scham darstellt. Es ist dieses dem Kleomenes zugeschriebene meisterhafte Kunstgebilde ein verkörpertes Ideal weiblicher Schönheit, durch kein zweites übertroffen. Es ist die Venus Anadyomene. Ein anderes Kunstwerk, von der Meisterhand des Praxiteles, war die Venus Eupiöa, oder die Knidia, auf einer Muschel, vom Eros begleitet, schwimmend oder schiffend.
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