- Brasilien (Frauen)
Brasilien (Frauen). Reizende Frühblumen, verwelken sie aber auch schnell wie diese, sind oft in ihrem 14 Jahre schon Mütter, werden im 20. Jahre korpulent und können bereits im 30. Jahre die Vorzeichen des Alters nicht mehr verbergen. Ihr Leben ist meistens eine Vegetation ohne höhere Richtung. Sie werden von Negerammen gesäugt, von Sklaven erzogen, und an Geist noch wirkliche Kinder, von ihren Eltern dem oft fremden Manne vermählt. So lange sie blüht, ist die junge Frau seine Puppe. Er schenkt ihr Geschmeide und Sklavinnen und verlangt dagegen nur, daß sie nicht oft ausgehe. Könnte sie lesen und schreiben, so würde er sich unglücklich fühlen; denn der Brasilianer ist furchtbar eifersüchtig. Ist sie verblüht, so sucht der Mann andere Verbindungen, die Sitte entfernt dort keine schöne Aspasia aus den Gesellschaften, weil nur Glanz und Reichthum, weniger häusliche Tugenden beachtet werden. Das Familienleben hat viel Orientalisches. Man sitzt auf den untergeschlagenen Beinen im gedankenlosen Müßiggange, nur mit dem Fächer spielend, ist von folgsamen Sklavinnen umgeben, die oft Vertraute und Gespielinnen, oft auch Gegenstand der grausamsten Launen ihrer Herrin sind. Dennoch herrscht in der Geselligkeit eine Art seiner Koketterie. Der Fächer ist beredt, seine Bewegung gesteht und gewährt, die glänzend schwarzen Augen sprechen eine entzückende Sprache, und die Rede ist oft naiver, als sie eine europäische Frau wagen würde. Der Gesellschaft gibt eine natürliche Liebenswürdigkeit, Lebhaftigkeit und Grazie in der Unterhaltung zuweilen ein gewisses Relief, das im Augenblicke bezaubert und fesselt; allein dieser Nimbus verschwindet, wenn der Damen einziges Geschäft, die Abrechnung mit den Sklaven und Sklavinnen beginnt. Da wird oft die Grazie zur Megäre und die schöne Hand erhebt sich bloß, um die armen, trägen oder saumseligen Dienerinnen mit dem Palmatorio, einer hölzernen durchlöcherten Scheibe, auf die Fingerspitzen zu schlagen. Die übrigen häuslichen Geschäfte besorgt der Mann mit einem Heere von Sklaven. Die Frauen hören die Messe täglich, und besuchen das Theater in der Regel ein paar Mal in der Woche. Spaziergänge sind nicht üblich. Die einzige Kunstfertigkeit besteht darin, die Viola (eine Guitarre mit 6 metallenen Saiten,) zu spielen und eine Romanze zu begleiten. Die Toilette zur Kirche ist schwarz, die zum Theater phantastisch bunt. Nur Sklavinnen kleiden sich weiß. Weiße seidene Strümpfe und Schuhe sind unerläßlich. Der Schleier darf nicht fehlen; er schwimmt wie eine lichte Wolke über den vollen Locken, den glänzenden Augen, und gibt, wie der Fächer, zu tausendartigen Spielereien Veranlassung, Französische Moden und französische Putzmacherinnen haben seit der Anwesenheit des Hofes in Rio Janeiro allgemeinen Eingang gefunden; aber Alles ist wieder nach dem Klima modifizirt, leicht, weit, anschmiegend, von lebhaften Formen; man kennt keine beengenden Corsetts, keine faltigen, wollenen Unterröcke. Außer dem Hause trägt man nur Seide und Blonden, im Hause Kattun. – So beinahe gestaltet sich in der Regel das Leben der Frauen in der Hauptstadt; auf dem Lande, in den einsamen Haciendas ist es einfacher, herzlicher, und es herrscht echte weibliche Häuslichkeit. – Die Brasilianerinnen lieben den Tanz leidenschaftlich, und selten trennt sich eine Gesellschaft Herren und Damen, ohne dies Vergnügen genossen zu haben. Eine große Beleidigung würde es sein, eine Dame beim Tanzen mit Handschuhen anzufassen. Unter der schwarzen und farbigen Bevölkerung, namentlich unter den freien Negerinnen und Mulattinnen, gibt es edle Gestalten, deren Farbe unter dem dortigen Himmelsstriche für das Auge nichts Verletzendes hat. Ein reisender Engländer sah in der Gegend von Peria in einem indianischen Dorfe, dessen Bewohner dem Christenthume und der Kultur gewonnen waren, indianische Mädchen von entzückender Schönheit, deren regelmäßige Züge und mangellosen Umrisse an ein griechisches Gebilde erinnerten. – Die jetzt sich vermindernde Sklaverei wird mit der Zeit auch dem weiblichen Leben in Brasilien eine höhere und edlere Richtung geben.
B–i.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.