- Farben
Farben. Farbe ist an sich Licht, das von der Oberfläche eines Körpers mannichfaltig gebrochen verschiedenartig zurückstrahlt. Diese Erscheinung hat zu einer Analyse der Farben, ihrer Entstehung, Vermischung, Veränderung geführt und die Farbenlehre begründet, welche Newton aufstellte und in deren Gebiete Goethe merkwürdige Entdeckungen machte. Man nimmt sieben prismatische Farben an: Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau, Violet und Indigoblau. Weiß ist eben so wenig Farbe als Schwarz. Jenes ist Mangel an Farbe, also Licht, dieses ist Mangel an Licht. Durch Färbestoffe, Pigmente, wird die Oberfläche körperlicher Stoffe so überzogen, daß sie kein Licht annimmt, keine weiße oder helle Brechung der Lichtstrahlen, und so wird die Finsterniß für uns sichtbar, was in einem lichtlosen Raume nicht der Fall ist. Als Hauptfarben gelten Gelb, Blau und Roth, sie sind die reinen Farben, und unserm Auge am meisten angemessen. Durch ihre verschiedene Verschmelzung entstehen die gemischten Farben. Weiß und Schwarz bildet Grau, Gelb und Blau Grün, Gelb und Roth Braun, Roth und Blau Violet. Jede der drei Hauptfarben kann mit einer andern, nie aber können alle drei mit einander vermischt werden, so entsteht aus Gelb, Roth und Blau zusammen keine Mittelfarbe, sondern Schmutz. Darum kann auch keine Hauptfarbe mit einer Mittelfarbe vermischt werden, weil in der Mittelfarbe schon zwei Farben enthalten sind, wozu nun noch die dritte, ihr Verhältniß störende, kommen würde; so kann man Noth mit Grün, Gelb mit Violet nie vermischen. In sofern man Weiß und Schwarz als Farben annimmt, so sind sie die beiden Farbenextreme: Weiß, das reine Licht, das am Vollkommensten Erleuchtete und Schwarz das Lichtlose, vollständig Verdunkelte. In der Mitte zwischen Beiden genau steht Roth, gleich weit von Weiß und Schwarz entfernt. Zwischen Roth und Weiß aber liegt Gelb, als näher dem Lichte, zwischen Roth und Schwarz Blau, als näher dem Dunkel. Die Tonleiter der reinen Farben sagt Menzelin seiner »Aesthetik der Farben,« ist: Weiß, Gelb, Roth, Blau, Schwarz, die der Gemischten: Grau, Braun, Grün, Violet, Grau. Jene entspricht der Dur-, diese der Molltonart. Bei der Vermischung der Farben werden gewisse harmonische Gesetze befolgt. Zwei neben einander gehaltene Farben vertragen sich zusammen und verschönern sich wechselseitig, oder sind einander entgegengesetzt und machen sich wechselseitig häßlich. Sie bilden entweder eine Consonanz oder eine Dissonanz. Im Allgemeinen lassen sich drei Gesetze für die harmonische Zusammenstellung der Farben festsetzen: 1) helle Farben passen am besten zu dunklen, und dunkle zu hellen; 2) reine Farben sind schöner bei reinen als bei gemischten, oder als gemischte bei gemischten; 31 am wenigsten vertragen sich zwei Farben neben einander, wenn eine in der andern schon enthalten ist, d. h. wenn dieselbe Farbe in beiden als Mischung vorkommt. Aus diesen Gründen consonirt Weiß am schönsten mit Schwarz, die hellste Farbe mit der dunkelsten, sodann mit B(au dann mit Roth, unter den reinen Farben aber am wenigsten mit Gelb, weil dieß die hellste Farbe nächst dem Weißen selbst ist. Weniger als mit den reinen Farben consonirt Weiß mit den gemischten, jedoch am besten mit Violet, dann mit Grün, weniger mit Braun und am allerwenigsten mit Grau, weil darin Weiß schon enthalten ist. Gelb consonirt am schönsten mit Schwarz weniger mit Weiß und am wenigsten mit Grün und Braun, weil darin schon Gelb enthalten ist. Roth consonirt am schönsten mit Weiß und Schwarz, am wenigsten mit den gemischten Farben, Braun und Violet. Blau consonirt am schönsten mit Weiß, dann mit Gelb und Roth, weniger mit Schwarz, am wenigsten mit Grün, Violet und Grau. Schwarz consonirt mit Weiß, dann mit Gelb und Roth, weniger mit Blau, am wenigsten mit den gemischten Farben, namentlich mit Grau. – Grau dissonirt mit allen Farben. – Aber wie in der Musik, so lassen sich auch hier die Dissonanzen in Melodie auflösen. »Wie in den musikalischen Dissonanzen,« heißt es weiter, »nur ein Reiz zum melodischen Fortschritt liegt, so auch in den optischen. Jede Farbendissonanz wird aufgelöst in der Farbenmelodie, indem noch eine oder mehrere Farben hinzukommen, welche das Mißverhältniß wieder ausgleichen. Es gibt aber vier Grundmelodien der Farbe, in welchen sich alle diese Mißtöne auflösen lassen. Diese sind: 1) die Melodie von Weiß nach Schwarz, 2) von Gelb nach Blau, 3) von Gelb nach Roth, 4) von Roth nach Blau. Alle mit Weiß dissonirenden Farbentöne werden aufgelöst mit Schwarz. Man nehme zu Weiß, welche Farbe man will, immer wird Schwarz als dritte Farbe dazu passen. So hört die Dissonanz des Weißen mit dem Grauen auf, sobald man Schwarz dazu nimmt. – Alle mit Gelb dissonirende Tone lassen sich theils in Schwarz, theils in Roth, theils in Blau auflösen. Alle mit Roth dissonirenden werden am besten in Weiß und Schwarz, oder Gelb und Blau aufgelöst. Die mit Blau dissonirenden lösen sich in Weiß, Gelb und Roth auf.«... In jedem Stoffe erscheint die Farbe anders. Dieß liegt in der verschiedenen Lichtbrechung auf der Oberfläche der Stoffe. Eine und dieselbe Farbe nimmt sich im Holze anders aus, als im Metall, in Wolle anders, als in Seide etc. Man kann annehmen, daß jedem Stoffe eine gewisse Farbe vorzugsweise zukomme, und eine andere ihm vorzugsweise widerstrebe. Eben so verhält es sich mit den Formen. Mit gewissen Formen sind in der Natur gewisse Farben unzertrennlich verbunden. Soz. B. würde ein Baum mit blauen Blättern einen unangenehmen Eindruck machen. – Hier folge noch einiges Historische über die Farben. Den Alten war die weiße Farbe die Urfarbe, die Mutter aller übrigen, da sie vom Lichte kam. Die Griechen liebten die rothe Farbe eben so wie die Römer, sie schätzten den Purpur hoch und ihre Könige kleideten sich darein. Grün und Gelb hießen ehedem heilige Farben; Grün die Farbe der sichtbar schaffenden Natur, Gelb die Farbe der Sonne, des edelsten Metalles, des Goldes. Die Europäer trauern bekanntlich in schwarzer Farbe, doch ist sie auch wie die Weiße die Farbe des Festlichen, Feierlichen. Die Japanesen trauern weiß, die alten Aegypter trauerten dunkelgelb, die Syrer blau, die Aethiopier grau. – Zur Kleidung lieben die Völker südlicher Zonen vorzugsweise helle Farben, so kleidet sich die Negresse am liebsten in bunte Stoffe. Das Bunte, Helle liebt auch die brasilianische Creolin. In Neapel und Sicilien und auf der afrikanischen Nordküste liebt man bunte, grelle Farben. Eine Abweichung aber findet in Spanien Statt, hier liebt man vorzugsweise Weiß und Schwarz; aber die Tracht des Volkes in mehreren Provinzen zeichnet sich durch das Bunte aus – Die Brünette soll zu ihrem Anzuge immer helle, bunte Stoffe, die Blondine dagegen dunkle wählen. Ein Anzug aus Gelb und Grün sticht grell ab und bedarf einer dritten, vermittelnden Farbe. Ein seiner Geschmack weiß aber auch hier die Dissonanzen zu vermeiden oder wohlthuend aufzulösen. Auch ist mancher Anzug von anderer Wirkung in der Sonnen-, und wieder von anderer in der Lampen- oder Kerzenbeleuchtung; ein Umstand, welcher von dem schönen Geschlechte sorgfältig beachtet wird. – Siehe die Artikel Färbestoffe und Färbekunst.
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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.