Magelone

Magelone

Magelone, die Schöne, ein altfranzösischer Ritterroman, wahrscheinlich im 11. oder 12. Jahrhunderte von einem provençalischen Minnesänger gedichtet, von Tieck in seinem Phantasus neu erzählt, und früher von Lopez de Vega zu einem Drama: die drei Diamanten, benutzt. Die Geschichte selbst ist ganz einfach folgende: Der junge Graf, Peter von Provence, durch den Ruf von den Reizen Magelonens, der Tochter des Königs von Neapel, unterrichtet und im Voraus in sie verliebt, begibt sich heimlich nach Italien, um ihre Hand nur durch seine persönlichen Eigenschaften zu gewinnen. Als Helm- und Rüstzeichen wählt er die Insignien seines Schutzpatrones, des heiligen Peter's, und erscheint unter dem Namen des Ritters von den silbernen Schlüsseln am neapolitanischen Hofe. Bald gelingt es ihm, sich bei glänzenden Waffenspielen auszuzeichnen, das Wohlwollen des Monarchen zu erwerben, vorzüglich aber von Magelonen bemerkt zu werden. Allmälig entspinnt sich, mit Hilfe ihrer alten Amme, ein zärtliches Verständniß zwischen ihm und der Prinzessin, die seinen Stand ahnt. Drei kostbare Ringe, die ihm seine Mutter beim Scheiden mit der Bedingung gab, sie seiner künftigen Braut zu schenken, empfängt Magelone und wird durch deren Werth noch mehr in ihren Vermuthungen bestärkt. Mittlerweile gibt sich Peter den schönsten Hoffnungen hin, als plötzlich ein Prinz von England erscheint, ihm beim Könige von Neapel zuvorkommt und Magelonen als Gemahlin zugesagt erhält. Den untröstlich Liebenden bleibt Nichts übrig als schnelle Flucht. Glücklich auf ungebahnten Wegen nach dem Meeresstrande entkommen, zwingt Müdigkeit am nächsten Morgen zur Rast, und Magelone entschläft an der Seite ihres sie mittlerweile bewachenden Geliebten. Versunken in den Anblick der Entschlummerten bemerkt Peter im Bausche ihres Gewandes ein rothes Päckchen, zieht es neugierig hervor und findet die drei Ringe, das Unterpfand seiner Treue. Unglücklicher Weise schwebt in diesem Augenblicke ein Raubvogel, der diesen Gegenstand für rohes Fleisch ansieht, über ihnen, stößt herab und entführt den Schatz. Peter verfolgt den Dieb, der seinen Weg nach einer aus der Brandung ragenden Klippe nimmt. Eine kleine, verlaßne Fischerbarke am Ufer bietet sich zum Nachsetzen. Er besteigt diese und rudert nach dem Felsen, doch ein heftiger Windstoß verschlägt ihn ins offne Meer, wo er von einem Kaperschiffe gefangen und nach Alexandrien als Sclave zu dem Sultan von Aegypten gebracht wird. Trotz seiner Verzweiflung erlangt er die Gunst seines Herrn, der ihn mild behandelt, und nur die Sorge um die verlaßne Geliebte stört seinen Frieden. Diese erschrickt bei ihrem Erwachen nicht wenig, ist jedoch überzeugt, daß irgend ein Unfall und nicht böser Wille den Geliebten von ihr entfernt habe. Sie beschließt ihn aufzusuchen, irrt lange vergeblich umher und begibt sich zuletzt nach der Provence, um dort des Verlorenen zu harren. Man nimmt die junge, reiche Pilgerin freundlich auf; sie gründet auf einer kleinen Insel (wahrscheinlich eine der Hières) in der Nähe der Küste ein Hospital für Kranke und erregt dadurch die Theilnahme der Gräfin von Provence, der Mutter ihres Geliebten. Letztere nicht minder besorgt um den verschollnen Sohn, empfiehlt Magelonen bei einem Besuche, in deren Hospital für ihn zu beten. Unterdessen schenkt der Sultan von Aegypten bei der Feier seines 70. Geburtstags Petern die Freiheit; dieser segelt nach der Heimath, wird aber unterwegs von der Schiffsmannschaft, die mit seinen Habseligkeiten davon schifft, auf einer kleinen unbewohnten Insel verlassen. Zufällig dort landende Fischer nehmen ihn zwar mit, doch neue Leiden, vorzüglich Krankheit, führen ihn erst nach Jahresfrist in das Hospital seiner Magelone, wo man ihn Genesung suchend hinschickt. Rasch eilt nun die Erzählung zu Ende, denn nach Wiederherstellung des fremden Kranken, den so viele Kummerjahre ganz verändert hatten, erkennen sich die Liebenden, die nun bemüht sind, die Eltern des jungen Grafen, die ihn für todt halten, weil sich die verhängnißvollen Ringe im Magen eines Fisches gefunden, für sich zu gewinnen. Magelonens richtiger Takt vermittelt auch dieß, die Vermählung soll gefeiert werden, als der alte Graf erklärt, er wünsche zuvor eine Gesandtschaft nach Neapel zu senden, um die Eltern der Braut über den Verlust ihrer Tochter zu beruhigen und ihre Einwilligung zur Verbindung einzuholen. Glücklicher Weise bleibt diese nicht lange aus. Das neapolitanische Königspaar erscheint selbst und segnet den Bund der Hartgeprüften, denen nunmehr die schönste Zukunft lacht. Die wohlthätige Krankenanstalt erhält eine passende, anderweitige Leitung, und in der Kirche derselben wurden nach langen Jahren zuerst der alte Graf von Provence mit seiner Gemahlin und später auch Magelone und ihr geliebter Peter begraben. Beider erstgeborner Sohn wird Thronerbe in Neapel, der Andere beherrscht die Provence. Die alten Ausgaben dieses Romans sind mit Liedern durchwebt und viele davon sehr selten geworden. Der Herzog von Marlborough bezahlte im Jahr 1813 zu Paris für eine derselben die Summe von 22 Pfund Sterling. Das hübsche Guitarrliedchen: »Geliebter, wo zaudert dein irrender Fuß?« das eine zeitgemäße Bearbeitung dieser alten Geschichte der schönen Magelone in den Mund legt, ist gewiß der Mehrzahl unserer Leserinnen bekannt, und wäre es nicht der Fall, so wollen wir sie hiermit darauf, als eine der artigsten Melodien mit angenehmem Texte, aufmerksam gemacht haben

F.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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