- Olympias, Mutter Alexanders des Großen
Olympias, Mutter Alexanders des Großen, die Mutter Alexanders des Großen, war die Tochter des Neoptolemos, Königs der Molosser, aus einem alten Heldengeschlechte, das sich von Achilleus Sohne, dem Aeakiden Neoptolemos, herleitete. Wohl wenige Frauen können sich an Berühmtheit mit ihr messen, denn es war nicht der Glanz ihrer Umgebung, das Außerordentliche in den Erscheinungen ihres Zeitalters, das ihr von seinem Schimmer mittheilte; sie ragt durch ihre eigene Persönlichkeit, durch die Kraft ihres Geistes, über hie Meisten ihres Geschlechtes empor, wenn auch oft eine wilde Leideschaftlichkeit, eine grausame Kälte aus ihren Handlungen spricht. Ehrgeiz und übertriebene Herrschsucht waren die Triebfedern ihres Wesens. Das Jahr von O's Geburt ist nicht genau zu ermitteln, doch glaubt man es in das Jahr 380 vor Chr. Geb. setzen zu dürfen. 357 oder 358 vermählte sie sich mit Philipp, dem Besieger Griechenlands, den jedoch seine Eroberungspläne bald von seiner jungen Gemahlin abriefen. Den 13. Oktober 356 gebar sie ihrem Gemahle einen Erben seines Reiches und seines Ruhmes, Alexander den Großen. Nur spärlich sind die Nachrichten, die wir in den folgenden Jahren über O. besitzen. Einige wollen behaupten, schon damals habe ihre Eifersucht den Samen zu jenem verderblichen Zwiespalte gestreut, der in der Folge Philipp's Haus zerrüttete, während andere Geschichtschreiber des guten Vernehmens erwähnen, in dem beide Gatten gestanden haben, von dem wohl auch der Umstand Zeugniß ablegt, daß er ihrem Bruder Alexander die Krone von Epirus verlieh. Es mögen andere Triebfedern im Spiele gewesen sein, die jene Zwistigkeiten hervorriefen, die, endigten sie gleich nicht mit O's gänzlicher Verbannung, sie doch die bitterste Zurücksetzung empfinden ließen. O. war einer gewissen Adelspartei verhaßt, die in ihr immer die Ausländerin sah, und es daher wünschen mußte, eine Königin macedonischen Geschlechtes auf den Thron zu erheben. Attalos, Philipp's Günstling, wußte ihm eine solche Verbindung als eine Forderung der Politik vorzustellen, um sich die Gemüther der Großen seines Reiches zu gewinnen; er hatte hierzu seine Nichte Cleopatra, ein an Schönheit ausgezeichnetes Mädchen, ausersehen, deren Reize den König ganz fesselten; dieser vermählte sich mit ihr und erweckte dadurch O's schlummernde Leidenschaften. Die Liebe, die sie früher für ihren Gemahl empfunden hatte, verwandelte sich in Haß; ihre Eitelkeit, ihr Stolz waren gekränkt, indem sie sich von der ersten Stelle verdrängt sah; auch unterließen es böswillige Zungen nicht, ihre Ehre zu beflecken. Der Uebermuth ihrer Feinde, die sich laut ihres Triumphes rühmten, führte endlich einen gänzlichen Bruch herbei. O. flüchtete mit ihrem Sohne Alexander zu ihrem Bruder nach Epirus, den sie indessen vergebens zu einem Rachekriege gegen seinen Wohlthäter aufzureizen suchte. Philipp, der des Friedens im Innern seines Reiches bedurfte, um den Zug in den Orient zu unternehmen, bot dagegen alles auf, den Sturm zu beschwichtigen, und seiner Klugheit gelang es endlich, eine Versöhnung zu Stande zu bringen. Alexander wurde die Hand Cleopatra's, Philipp's und Olympias Tochter angeboten, und bald darauf kehrte jene, um dem Hochzeitsfeste ihres Bruders beizuwohnen, nach Macedonien zurück. Schon übergab sich Philipp der Freude über das Gelingen seiner Pläne, als ihn bei einem glänzenden Hoffeste der Dolch des Mörders traf. Es ist schwer zu entscheiden, welchen Antheil O. an dieser verruchten That genommen haben mag. Ihre Feinde sahen in der Freude, die sie so unverhohlen über den Tod des Königs aussprach, den untrüglichsten Beweis ihrer Theilnahme an dem Verbrechen, doch sprechen auch eben so viele Gründe dagegen. Gegen Cleopatra ließ sie jetzt ihrer Rachsucht freien Lauf; nachdem sie ihr unmündiges Kind in den Armen der Mutter gemordet hatte, zwang sie diese sich selbst den Tod zu geben. Attalos und andere seiner Anhänger fielen unter Alexanders Schwert. O. befand sich nun auf dem Gipfel des Glückes; ihr Stolz, ihre Rachsucht waren befriedigt, und sie, die noch vor Kurzem in fremden Landen hatte eine Zuflucht suchen müssen, war jetzt Königin von Macedonien und sonnte sich im Siegesglanze ihres Sohnes, der dennoch ihren Ehrgeiz nicht zu befriedigen vermochte. Sie strebte nach der Regentschaft während Alexander's Abwesenheit, die dieser ihr, den Charakter seiner Mutter genugsam durchschauend, stets verweigerte. Während seines Zuges nach Persien hatte er die Regierung in die Hände des erfahrenen und staatsklugen Antipater gelegt, der schon durch Philipp in alle Geheimnisse der Verwaltung eingeführt worden war. Diese umsichtige Wahl gefiel O's herrschsüchtiger Seele nicht, und sie ließ kein Mittel unversucht, den weisen Staatsmann bei seinem Fürsten zu verleumden und ihm seine Stellung zu erschweren. Ob Alexander endlich seiner Mutter Klagen Gehör gegeben, oder ob andere Ursachen mitgewirkt haben mögen; Antipater wurde kurz vor des Königs Tode, der den 11. Juni 323 zu Babylon erfolgte, von seinem Posten abgerufen. Erschütternd traf jene Nachricht die stolze Frau; sie vermochte es sich nicht zu denken, daß ihr Sohn eines natürlichen Todes gestorben sei, und ihr Verdacht, den sie jedoch nicht zu äußern wagte, fiel auf Antipater. Erst später, nachdem dieser die Augen geschlossen hatte, trat sie mit der Anklage des Königsmordes gegen ihn und sein Haus hervor. Theils mochte sie davon überzeugt sein, theils bedurfte sie dieses Verdachtes, um die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten, welche sie sich gegen die Familie des Antipater zu Schulden kommen ließ, vor dem Volke zu beschönigen. Einstweilen suchte sie durch Ränke und Bündnisse ihre Partei zu verstärken, dennoch mußte O. Macedonien noch einmal verlassen. Sie wandte sich als Flüchtige nach Epirus, und blieb daselbst bis zu Antipater's Tode, dem die Statthalterschaft über Macedonien und Griechenland wieder übertragen worden war. Dieser hatte in unheilvoller Ahnung der Zukunft die Macedonier gewarnt, nie ein Weib den Thron besteigen zu lassen, und mit Uebergehung seines eigenen Sohnes Kassander, dessen heftige Gemüthsart ihm Besorgnisse einflößte, den alten erfahrenen Polysperchon zum Reichsverweser und unumschränkten Kronfeldherrn ernannt. Seine weisen Absichten wurden durch Polysperchon vereitelt, der, von jeher ein treuer Anhänger des königlichen Hauses, sich plötzlich für O. erklärte. Er schickte eine Gesandtschaft an sie, welche ihr die Regentschaft im Namen ihres Enkels, des unmündigen Sohnes der Roxane, Alexander, antrug und sie einlud nach Macedonien zurück zu kehren. O. hielt jedoch ihre Partei noch nicht für stark genug, und rüstete, mit Hilfe des Königs von Epirus, ein Heer zu ihrem Beistande aus. Während dieser Zeit bewirkte Euridike, Gemahlin des blödsinnigen Arrhidaios, Philipp's einzigen Sohnes, die sich mit Kassander verbunden hatte, eine Reaction. Polysperchon bot alles auf, um dem erschütternden Sturme mit Kraft entgegen zu treten; auf beiden Seiten entspann sich ein heftiger Kampf, schon schien die Waage sich zu Euridiken's Gunsten zu neigen, da, in diesem entscheidenden Zeitpunkte, wo die dringendste Gefahr drohte, setzte sich O. mit einem Heere der stammverwandten Molosser gegen Macedonien in Bewegung. Es kam zur Schlacht, in der beide Königinnen persönlich mit fochten; O. mit der Wuth einer rasenden Bacchantin, wie sich Duris der Samier ausdrückt. Die Treulosigkeit der Macedonier, die während des Kampfes zu O's Heere übergingen, wandten dieser den Sieg zu. Das königliche Paar gerieth in Gefangenschaft und wurde von der Siegerin mit kalter Grausamkeit einem schmählichen Tode geopfert. Mit gleicher Wuth verfuhr sie gegen Antipater's Geschlecht und dessen Anhänger; groß war die Zahl der Macedonier, die auf ihren Befehl unter dem Henkerbeile bluteten. Es schien, als ob sich ihre Rachsucht zu einer Art von Wahnsinn gesteigert habe, in dem sie jedes Gefühl von Menschlichkeit erstickte. Doch auch ihr schlug die Stunde der Vergeltung durch Kassander's Hand, der mit mächtigen Streitkräften aus dem Peloponnes gegen sie heranzog. O. flüchtete nach Pydna, zu dessen Belagerung sich Kassander eiligst anschickte; ihre Hoffnung auf Entsatz wurde getäuscht, die Stadt, nicht hinreichend mit Proviant versehen, verlor einen großen Theil der Mannschaft durch den Hungertod. Schon waren die Krieger gezwungen, sich von dem Fleische ihrer gefallenen Kameraden zu nähren, da verlangte die Mehrzahl Speise, Uebergabe der Stadt oder Entlassung; die letztere wurde ihnen gewährt, worauf sie sich zu Kassander begaben. Alle Städte fielen von O. ab, und nach einem verunglückten Rettungsversuche entschloß sie sich endlich zur Uebergabe der Stadt. Mit Mühe erhielt sie das Versprechen der Sicherheit ihres Lebens. Allein der Sieger hielt nicht Wort. Kassander berief eine Versammlung der Macedonier, besonders von Verwandten der von O. Mißhandelten und Ermordeten, die als Ankläger gegen sie auftreten sollte. Die Todesstrafe wurde über O. verhängt, und als sie eine ihr von Kassander gebotene Gelegenheit zur Flucht unbenutzt ließ, und verlangte von allen Macedoniern gerichtet zu werden, wurde jener über den Ausgang besorgt und sandte 200 auserlesene Krieger mit dem Befehle in die Burg ab, die Königin zu tödten. Fest und unerschrocken trat O. ihren Mördern entgegen und entwaffnete durch ihren Muth die feigen Miethlinge. Da drangen die Freunde derer ein, die durch O's Hand gefallen waren und gaben ihr den Todesstoß, den sie mit männlicher Fassung ohne einen Klagelaut empfing. So endigte des großen Alexander's Mutter im 65. oder 66. Jahre ihres Alters im Jahr 315 vor Chr. Geb. Ihr ganzes Leben war eine eigene Mischung von Charakterstärke und kleinlicher Ränkesucht; sie wollte herrschen, und alle Mittel, um zu diesem Zwecke zu gelangen, galten ihr gleich; dabei verfolgte sie ihr Ziel nie mit gehöriger Ausdauer, weil sie stets den Einflüsterungen des Augenblicks und ihrer Leidenschaft Gehör gab.
E. v. E.
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