- Griechenland (Geographie)
Griechenland (Geographie). (Geographie) Das alte Griechenland umfaßte die Halbinsel, welche sich vom Hämosgebirge nach dem mittelländischen Meere abdacht und tief in dasselbe hinein erstreckt. Im Osten ward es von dem ägäischen, im Westen vom ionischen Meere umflossen. Ursprünglich hatte Griechenland keinen gemeinschaftlichen Namen; erst unter Philipp von Macedonien begriff man unter der Benennung Hellas alle Staaten des Festlandes und die Inseln des ägäischen Meeres, wo die Sprache der Hellenen gesprochen wurde. Die Römer nannten das Land Graecia und verstanden darunter Alles, was mit Einschluß der Inseln des ägäischen Meeres im Süden von Thracien und Illyrien lag, Macedonien und den Peloponnes mit eingerechnet. Dieses Land, zugleich die südöstlichste Halbinsel Europa's, hatte, die Inseln mit gerechnet, 2188 Quadrat M. Flächenraum. Ein hoher Gebirgszug durchstreicht das Festland und läuft in vielen Vorgebirgen aus. Der höchste Punkt hieß Pindos. So war denn Hellas, unter einem milden, sonnigen Himmel gelegen, das olivenreiche, von Lorbeerhainen durchzogene, in üppiger Vegetation blühende, quellengenährte Land, trotz des verhältnißmäßig geringen Raumes, die Wiege der Kultur für Europa, einen Zeitabschnitt hindurch der mächtigste Staat der Welt, der Damm, woran sich die Fluth des colossalen Perserreiches brach, das Heimathland der Götter und Heroen der schönsten Mythe, eines poetisch-sinnlichen Kultus, das Land der Künste und Wissenschaften, das Land, wo auf dem hohen Olymp die Götter in ewiger Kraft und Jugend thronten, wo die begeisternde Hippokrene entsprang, im Walde zu Dodona die Pythia weissagte, wo Arkadien, das Zauberland, lag, wo prachtvolle Tempel zum heitern Himmel emporragten, wo Tyrtäus Heldenlieder sang, wo Arion's und Sappho's Leier klang, der Rhapsode Homer die Geschlechter begeisterte, die Marmorgestalten der Götter in ewiger Schöne von den Gestellen blickten, wo die olympischen Spiele die Kraft und Poesie eines ganzen, jugendfrischen Volkes ausströmten, wo Heldenmuth und Luxus herrschte, weise Gesetze entstanden und auf die erhabenste Größe der tiefste Fall erfolgte. Alle Flüsse Griechenlands haben nur einen kurzen Lauf und sind nur für kleine Fahrzeuge schiffbar, indessen stellen die nahen Meere eine bequeme Wasserverbindung her. Das Land ist üppig fruchtbar; doch eignet es sich in Folge seiner Gebirgsformation mehr zur Viehzucht, zur Wein- und Olivenpflanzung, als zum Ackerbau. Die Berge sind reich an Erzen, Meere und Flüsse liefern Fische; daher blühte schon frühzeitig Schifffahrt und Handel. Ganz Griechenland ist von Gebirgen durchschnitten, welche durch schmale Thäler und geringe Ebenen von einander getrennt, mit Fichten- und Eichenwäldern gekrönt sind. Barbarei, Krieg und Noth hat viele derselben, so wie auch zahlreiche Olivenhaine, zerstört und einzelne Baumgruppen liegen jetzt wie Oasen in der Wüste, wo sonst im Schatten heiliger Haine Orakelsprüche der staunenden Menge ertönten Noch ist hier zwar die hellenische Erde, noch wehet griechische Luft, noch lebt die griechische Sage; noch ragt der Oeta und Pindus, der Ossa und Olymp in Wolken gehüllt zum Himmel empor aus Thessaliens Fluren, noch durchströmt der helle Peneus das reizende Tempe, noch umschwärmen die wilden Bienen den Hymettus in Attika mit seinen duftigen Blumen und würzigen Kräutern, noch erinnert der Helikon und Parnaß, so wie die kastalische Grotte an Pythia, Apoll und die Musen; aber ein Schleier grauer Dämmerung lagert seit Jahrhunderten über all diesen Gebilden und Gestalten und lüftet sich erst jetzt, wo Griechenland nach langem, physischem und moralischem Todesschlaf wieder erwacht ist. Nicht mehr versammeln sich die Bewohner Achaja's, Sicyons und Korinths, die von Argolis, Lakonien, Messene und Elis am Alpheus, um olympische Spiele zu feiern; noch verbindet aber der Isthmus den Peloponnes mit dem festen Lande! Die Tempel sind zertrümmert, die Bildsäulen der Götter von den Gestellen gestürzt, die Macht des Volkes ist gebrochen; das Land ist geblieben, aber seine Geschichte, seine Kultur eine andere geworden. Das Kreuz schimmert auf der Tempelzinne, wo man sonst dem Donnerer Zeus opferte, ein deutscher König schwingt seinen Scepter über vie ehemaligen, kleinen Republiken und ist im Begriff, ein neues Morgenroth herauf zu beschwören über das versunkene, verblutete Geschlecht der ehrwürdigen Hellenen. – Griechenland, an allen, den südlichen Ländern eigenen Producten reich, liefert jetzt im steigenden Ueberflusse Baumwolle, Tabak, Wein, Korinthen, Oliven. Das Oel wird nicht von dem der Provence und Italiens übertroffen. Die reichen Ebenen des Achelous, des böotischen Asopus, des Cephisus bei Chäronea, des Eurotas, des Panisus in Messenien, des Alpheus und Peneus in Elis gewähren, mit nur geringer Sorgfalt bebaut, den heitersten Anblick auf eine Reihe von Mais- und Weizenfeldern, auf Auen mit Orangen, Citronen, Feigen, Melonen etc. bepflanzt. Durch Gestalt und Lage ist Griechenland vorzugsweise für den Handel geschaffen, der sich nun auch in steigender Progression hebt. Das Klima ist einzig, wie der klassische Boden. Seewinde mäßigen im Sommer die Hitze, der Winter ist gelind, der Frühling entwickelt sich in vollendeter Schönheit, der Herbst ist ohne Regen, die Nächte sind hellglänzend; die elastische Luft erhält den Himmel stets rein und ohne Wolken. Das gleichmäßige, herrliche Klima, die fruchtbare Hitze der Sonne, das vortreffliche Wasser, die Güte des Erdreichs theilen allen Erzeugnissen des glücklichen Küstenlandes eine Lebenskraft mit, die von der anderer Zonen kaum übertroffen wird. Und die Natur dieses Landes theilt sich auch dem Volke mit. Männer und Frauen sind in Griechenland schön, antike Formen, edle hohe Gestalten, geistreiche Physiognomien. Steht auch im Ganzen die Schönheit der Mädchen hinter der der Knaben zurück, so finden sich doch nicht selten Helene, Aspasien und Gestalten, die an Cythere und Juno erinnern. Schon mit dem 12. bis 14 Jahre werden sie mannbar; die Jünglinge heirathen im 16. Aber mit dem 22. Jahre sind die Frauen verblüht und es gibt 25jährige Großmütter. Dessen ungeachtet ist das Lebensalter im Durchschnitte nicht kurzer als in Mitteleuropa. Man findet in Arkadiens Bergen häufig 80- und 100jährige Greise, die wie der silberlockige Nestor in Männerkraft blühen. – Die Inseln des Archipels sind meist vulkanischer Natur, fruchtbar und üppig. (Ueber ihre Bewohnerinnen siehe den Artikel griech. Frauen.) Wenn man auf dem Vorgebirge Sunium in Attika steht, bei den prächtigen Ruinen des Minerventempels, unter dessen weit hin leuchtenden Säulengängen Plato einst seine Schüler lehrte, so erspäht man in weiter Ferne Asiens und Libyens Küsten und die Inselwelt des ägäischen Meeres; das liebliche Tenos; dann Delos, wo man einst die entzückenden Feste der Liebe feierte, das entfernte Naxos und Ceos mit seinen duftigen Hainen und das nahe, mit Myrten und Cypressen bedeckte Helene. Das neue Griechenland, welches erst seit wenigen Jahren in die Reihe europäischer Staaten getreten, hat seine alte Ausdehnung nicht erhalten. Thessalien ist davon getrennt worden und die nördlichen Grenzen sind noch nicht ermittelt; von den Inseln gehören nur die Cykladen und die westlichen und nördlichen Sporaden dazu. Es umfaßt gegen 700 Quadrat Meilen mit 900,000 bis 1 Million Ew., und ist in 47 Provinzen eingetheilt. Haupt- und Residenzstadt ist seit 1835 Athen, das sich prächtig aus seinen Ruinen erhebt. Zu den merkwürdigen Städten gehören noch Nauplia mit 8000, Korinth mit 5000, Patras mit 6000, Livadia mit 10,000 Ew.
K.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.