- Griechenland (Literatur)
Griechenland (Literatur). Literatur und Poesie. Des Landes südlich reiche Blüthe und sein ewig blauer Himmel, der zauberische Prunk und Reichthum einer heitern, bunten Götterlehre, vor Allem aber der Hintergrund einer fabelhaften, großartigen Vergangenheit, die Heldenerinnerungen an den trojanischen Krieg, dieß Alles waren die wärmenden, fördernden Kräfte, deren gedeihlicher Einfluß die schnelle Entwickelung der griechischen Poesie hervorrief. Homer, (s. d.) der größte epische Dichter aller Zeiten, wurde der Vater aller der Generationen kyklischer Dichter, die bis in's 5. Jahrh. herab alle vaterländischen Sagen in der Weise ihres unsterblichen Vorbildes besangen, den Uebergang zur Geschichte bildeten, und Hesiod unter sich zählten. Als das sanfte, engelblonde Kind blutiger Kampfe und der Nothwendigkeit des Gesangs, das Leben selbst zu erfassen, bildete sich die Lyrik am frühesten durch die elegischen Dichter (Gnomiker) aus, unter denen Tyrtäus, Solon, Evenus. Immer gewandter und gerechter wurde die Sprache, man schuf neue Maße, neue Gattungen. Terpander führte die Skolien, Arion die Dithyramben ein, Anakreon (s. d.), Alkäus, Sappho (s. d.), Erinna (s. d.), glänzten fast in demselben Jahrhundert, obwohl sämmtlich von Pindar dem erhabensten der griechischen Lyriker, überragt. So hatten sich Epos und Lyrik zur blühendsten Höhe aufgeschwungen und es begannen jetzt auch die Keime des dramatischen Elementes, der Entfaltung entgegenzureisen; die Namen der größten Tragöden des Alterthums, Aeschylos (s. d.), Sophokles (s. d) und Euripides (s. d.) machen jede weitere Schilderung entbehrlich. Daneben entwickelte sich auch die Komödie zu erfreulichster Bedeutsamkeit, und des Aristophanes (s. d.) komischer Gehalt ist noch heute unerreicht. Den ersten griechischen Geschichtschreiber schätzen wir in Herodot ihm folgten schnell Thukydides und Xenophon (s. d.), Sokrates liebster Schüler; diesen schließen sich Andre an, von denen nur Bruchstücke auf uns gekommen sind; einige Reisebeschreibungen gehören einer spätern Zeit an. Dagegen wäre der Apolog der Chronologie nach schon früher zu erwähnen gewesen, indem man moralische, politische und rein abstrakte Wahrheiten in die Hülle der Fabel einkleidete, bildete man den Uebergang zu der, später zu so beispielloser Ausbildung gediehenen öffentlichen Beredsamkeit, die, durch Aesop (s. d.) vorbereitet, später in Athen 10 Klassiker fand, welche man gewöhnlich die attischen Redner nennt und denen Lysias, Isokrates und Demosthenes (s. d.) angehörten. – Eine Blüthe der Philosophie erblicken wir zuerst in Thales ionischer, und dann in Pythagoras (s. d.) italischer Schule; bald nach Demokrit, dem Gründer des eleatischen oder atomistischen Systems, wurde unter Perikles (s. d.) Athen der Sitz der Philosophie. Dialektiker und Sophisten hatten sich in grundlose Abweichungen verloren, als Sokrates (s. d.) die Philosophie auf die Ethik zurückführte. Nach ihm entstanden, da er selbst kein bestimmtes System festgestellt hatte, verschiedene Schulen; so durch Diogenes (s. d.) die kynische, durch Aristipp die kyrenaische, durch Plato (s. d.) die akademische, unter den übrigen die berühmtest gewordene. So hatten denn zur Zeit Alexander's des Großen alle Fächer der Literatur den erdenklichsten Grad der Vollendung erreicht und am Eingange in die folgende, bei Weitem weniger erhebliche Zeit tritt uns, gleichsam Abschied nehmend, nur noch ein Mann entgegen, einer der größten, deren sich Griechenland und das gesammte Alterthum rühmen, Aristoteles (s. d.), der Urheber der einzelnen philosophischen Disciplinen. Kurz nach ihm erhoben sich die Schulen Epikur's (s. d.) und Zenos und auch andre Wissenschaften wurden neben der Weltweisheit mit Eifer und Erfolg betrieben; so glänzen Euklides und Archimedes als Mathematiker, Eratosthenes als Geograph und Genealog. Alexandria wurde wegen seines Museums der Sitz der Gelehrsamkeit, doch beschränkten sich die literarischen Leistungen der damaligen Periode fast nur auf Nachbildungen klassischer Muster und als Dichter sind wohl nur Theokrit, Bion, und Moschus, als Geschichtschreiber Polybius, Dionysius von Halikarnaß und Diodorus Siculus zu erwähnen. Griechenland und seine Literatur sanken unter römischer Oberherrschaft immer tiefer, und selbst unter den Kaisern finden sich nur einzelne Lichterscheinungen, wie Aristides, Dio Cassius, Galenus, Plutarchus. – V on der Eroberung Constantinopels durch die Türken 1453 datirt sich die neugriechische Literatur; die Sprache selbst blieb noch 3 Jahrhunderte lang in schmachvoller Erniedrigung und erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts begann der Einfluß der westeuropäischen Bildung und ihrer Meisterwerke auch in Griechenland fühlbar zu werden. Auf den moralischen Zustand der Nation wirkten der aufblühende Handel, der entstehende Wohlstand des Landes günstig, die Sprache wurde gepflegt und gereinigt; Korais und Gregorius erwarben sich um ihre Ausbildung die namhaftesten Verdienste. Seit der Revolution ist jedoch in den Fortschritten der geistigen Kultur des Volkes ein bedauerlicher Stillstand eingetreten, und was die genannten beiden und nächst ihnen der treffliche Bulgaris als Philosoph, Rhiga und Christopulos als lyrische Dichter, Zambellos und Rizo Nerulos als Dramatiker, A. Ypsilanti und Paliaris als Historiker geleistet und geweckt hatten, das Alles übertünchte mit Blut und Drangsalen der Krieg, der Alles zerstörende. Eine neue Aera aber, wie in der Geschichte, so in der Literatur beginnt für Griechenland, das vor dritthalbtausend Jahren schon die Wiege aller Bildung überhaupt gewesen, mit der Erhebung zu einem selbstständigen Königreiche, dessen Thron der Sprößling eines durch Kunstliebe und wissenschaftliche Kultur seit jeher hochberühmten deutschen Fürstengeschlechtes einnimmt, der Sohn eines Königs, der selbst in klangreichen Liedern dem unterdrückten Heldengeiste der Griechen kräftig und erhebend zusprach.
T.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.