- Margarethe von Anjou
Margarethe von Anjou, Tochter des Titular-Königs Réné von Sicilien, ward auf eine ziemlich romanhafte Art von dem Herzoge von Suffolk, der sie liebte, für seinen Herrn, König Heinrich VI. von England, zur Gemahlin erkoren. Sie bestieg 1443 den Thron und brachte ihrem Gemahl als Heirathsgut nur ihre unvergleichliche Schönheit und ein stolzes, herrschsüchtiges Gemüth zu, während Heinrich, auf den sie bald den größten Einfluß gewann, Anjou und Maine, was die Engländer erobert hatten, zum großen Mißvergnügen derselben seinem Schwiegervater abtrat. Außerdem schloß sich Margarethe ganz der Partei an, der sie ihre Erhöhung verdankte und deren Haupt der Herzog von Suffolk war, wodurch sie sich den Verdacht zuzog, an der im Jahr 1447 erfolgten Ermordung des Herzogs von Glocester Antheil zu haben. Es konnte nicht fehlen, daß alle diese Umstände ihr und dadurch auch ihrem Gemahle viele Feinde erregen mußten. Der Herzog von Suffolk ward das erste Opfer des allgemeinen Unwillens und endlich trat der Herzog von York, welcher alte Ansprüche auf die Krone hatte, förmlich gegen Margarethe und den geistesschwachen König, den sie beherrschte, auf. Margarethe ward beschuldigt, ihren 1453 geborenen Sohn Eduard untergeschoben zu haben, und blutige Kriege zwischen den Häusern York und Lancaster waren die traurige Folge von der unbesonnenen Handlungsweise der Königin. In diesen Kämpfen selbst zeigte sie jedoch alle Energie ihres Charakters, gewann Schlachten, und befreiete ihren gefangenen Gemahl einige Male aus der Gewalt seiner Feinde, doch zeigte sie sich leider auch später durch Grausamkeit ihrer Siege unwürdig. Das Kriegsglück wandte sich abwechselnd ihr und den Gegnern zu. Der Herzog von York war zwar gefallen, doch dafür sein Sohn, als Eduard IV. zum Könige ernannt worden. Margarethe floh mit den Ihrigen vor seinen Waffen nach Schottland und von dort nach Frankreich, um von Ludwig XI. Hilfe zu erlangen. Ihr kleines, neugesammeltes Heer ward geschlagen, und die verlassene Fürstin eilte mit ihrem Sohne in der Wildniß umher. Räuber, an die sie sich in ihrer höchsten Noth wandte, verschafften ihr die Mittel, zu entkommen, doch ihr Gemahl ward abermals gefangen und in den Tower gesetzt. Sein bis jetzt vom Glück begünstigter Gegenkönig Eduard IV. zog sich mitlerweile durch eine nicht beliebte Vermählung die Unzufriedenheit seiner hauptsächlichsten Stützen, der Grafen Warwick und Clarence, zu. Sie empörten sich gegen ihn und wurden Anhänger der verjagten Königin Margarethe. In ihrem Interesse und mit französischen Hilfstruppen eroberte Warwick 1470 England. Heinrich Vl. bestieg von Neuem den blutbefleckten Thron und Eduard entfloh nach Flandern, kehrte jedoch bald zurück, unterstützt von Karl dem Kühnen, Herzog von Burgund. Voller Hoffnungen landete auch Margarethe, da empfing sie die Nachricht von der Niederlage ihres Heeres, an dessen Spitze Warwick gefallen war, und ihr blieb für den Augenblick Nichts übrig, als in das Cisterzienserkloster Bewley zu flüchten. Aber noch ein Mal sammelte sie von dort aus ihre Getreuen und unternahm den letzten Kampf der Verzweiflung, wiewohl vergebens; denn bei Tewkesbury ward sie geschlagen und selbst gefangen genommen. Ihr Gemahl hatte gleich bei dem Erscheinen Eduard's dasselbe Schicksal gehabt. Jetzt brachte man ihn im Gefängniß um und tödtete den Kronprinzen vor den Augen seiner Mutter. Erst nach vier Jahren erlangte die unglückliche Margarethe ihre Freiheit wieder. Ludwig XI. von Frankreich, nach Andern ihr Vater, löste sie mit 50,000 Thalern aus, und nach Frankreich zurückgekehrt, starb sie dort 1482, ohne je die seltene Standhaftigkeit verloren zu haben, welche einen hervorstechenden Zug ihres Charakters bildete.
F.
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