- Stephens, Miß
Stephens, Miß, Miß. Nur selten vereint sich Gesang und Rede, Action wie Mimik in gleicher Vollkommenheit zu einem vollendeten Gebilde mimischer Darstellung; nur selten schmückt ein Haupt der zwiefache Lorbeerkranz, der fast immer getrennt, sich um die Schläfe des Sängers und Schauspielers flicht. Miß S. gehört zu den Glücklichen, welche der Genius der Kunst in geweiheter Nacht mit zwiefachen Flammen seines ätherischen Lichtes erfüllte: – denn gleich groß als Sängerin wie Schauspielerin, schwankte nur die Wage des Urtheils, damit das herrliche Gleichmaß ihrer Doppelerscheinung, die im immerwährenden Schwanken ruhig dahinschwebt, aller Herzen mit der herrlichen Monotonie eines zwiefach und doch gleichmäßig befriedigten Gefühles wohlthuend durchzittere. Und doch war es wohl nur Euterpe, welcher sie diente: nur daß bei ihrem künstlerischen Weben nicht bloß das Ohr den Melodien ihrer Stimme lauschte, sondern auch das Auge Melodien sah: die Rhythmen ihrer Bewegung, ihrer Rede, das harmonische Mienenspiel ihres seelenvollen Antlitzes, zu einem melodischen Ganzen verknüpft! – Geb. in London am 18. Sept. 1794, erhielt sie in der Declamation, wie in der Musik gleich sorgfältigen Unterricht, trat noch sehr jung unter fremdem Namen in mehreren der glänzendsten Bäder auf und erntete ihren ersten Triumph im Pantheon zu London, wo sie in der »Hochzeit des Figaro« unter großem Beifallrufen mit Signora Bertinotti ein Duett sang. Für immer gründete sie jedoch ihren Ruhm, als sie 1813 auf der Londoner Nationalschaubühne als Mandane in Arne's Oper »Artaxerxes« auftrat. Ihre Kunst wird überdieß durch ihr höchst interessantes Aeußere und ihre ebenso milde als melodische Stimme trefflich unterstützt.
–r.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.