- Erziehung (weibliche)
Erziehung (weibliche) Alle Erziehung besteht in Entwickelung der natürlichen Fähigkeiten des Wesens, das erzogen werden soll; so wie in der Richtung, welche die Entwickelung seiner Fähigkeiten erhält. In jener ersten Hinsicht hat die Erziehung die Fähigkeiten desselben zu erwägen; sowohl dessen allgemeine, als dessen persönliche. Was die Richtung dieser Fähigkeiten anlangt, so ist dabei die Bestimmung des Wesens in's Auge zu fassen, und, wie im ersten Falle, dessen allgemeine sowohl, als dessen persönliche Bestimmung. Beide hängen von den natürlichen Eigenschaften (Anlagen, Fähigkeiten) der Wesen und von den Verhältnissen ab, worin selbe die Geburt versetzt. Die Fähigkeiten werden entwickelt durch ihre Uebung. Sie erhalten ihre Richtung durch die Gegenstände, an denen man sie übt. Das Weib muß anders erzogen werden, als der Mann; eben weil es Weib ist; weil dessen natürliche Anlagen verschieden von denen des Mannes sind; weil dem zu Folge die Frauen eine andere Stellung im bürgerlichen Leben, als derselbe haben. Eben so bedingen Persönlichkeit und Verhältnisse Modificationen in der Erziehung. Stand und Talente müssen den Maßstab geben, nach welchem dieselbe geleitet wird. Wir verfolgen nur das Allgemeine; alles Besondere ordnet sich ihm bei; wir berücksichtigen nur die gebildeten Classen; diese Blätter sind für sie bestimmt, und was für sie gilt, leidet unter gewissen Modificationen Anwendung auf Diejenigen, welche darüber, oder darunter stehen. Die Frauen besitzen einen zarteren Körperbau als der Mann; der physische Organismus der Frauen hat nicht die Kraft und Starrheit des männlichen; er hat mehr Elasticität und Fülle. Die sinnliche Auffassung ist bei den Frauen reger, schärfer, seiner als beim Manne. Die weibliche Einbildungskraft nimmt mit vorzüglicher Lebendigkeit das Bild der Dinge auf und überträgt es in die Vorstellungen. Der weibliche Verstand bemerkt Unterschiede und Aehnlichkeiten an den Gegenständen schneller und in größerer Zahl als der männliche. Das weibliche Gemüth ist zarter, weicher, hingebender, leichter bewegt, mehr für sympathetische Empfindungen und für Empfindungen der Liebe als das Gemüth des Mannes geschaffen. Jene Einrichtung des weiblichen Körpers, wodurch die Natur die Frauen befähigte, Mütter zu sein, veranlaßt bei dem weiblichen Geschlechte ein stärkeres Gefühl aller blutsverwandtschaftlichen Bande; so wie die sinnliche und geistige Erregbarkeit und Lebendigkeit des weiblichen Wesens allen sinnlichen Eindrücken und Wahrnehmungen insonderheit zugänglich ist. Dabei besitzen die Frauen von Natur eine vorzügliche Stärke des idealen Sinnes, das heißt, des Sinnes für das Gesunde, Ebenmäßige, Harmonische, Vollständige, Zweckmäßige, Gerechte, Schöne, Edle, eine Eigenschaft der weiblichen Seele, die sich als Tact, als Ahnung kund gibt. Schon die alten Germanen haben diese Eigenthümlichkeit des weiblichen Wesens erkannt. Der römische Geschichtschreiber Tacitus, durch dessen vielfach in's Deutsche übertragenes Werkchen Germania wir unsre Urväter besser kennen, als irgend eine der neueren Nationen die ihrigen, sagt von jenen: »In edlen Jungfrauen, glauben sie, wohne etwas Heiliges, Vorschauendes; auch verachten sie nicht die Rathschläge derselben, noch vernachlässigen sie deren Antworten.« Ueberhaupt aber ist es, bei Einzelnen wie bei Nationen, ein untrügliches Kennzeichen höherer Bildung des Geistes und des Gemüthes im Manne, wenn dieser das Weib hochachtet und sich gleichstellt. Das sittliche Gefühl war bei der germanischen Nation von Natur stark; es bildete sich selbst frühzeitig aus durch seine Stärke, schon bei einem Zustande halber Wildheit. Der Geist fordert zu seiner Ausbildung vielfachere Beziehungen als einem solchen Zustande eigen sind, und diese letztere muß, unter allen Umständen, erworben werden. Wollte man jene Eigenschaften nun bei der Erziehung noch durch Uebung stärken, würde man thöricht handeln. Die Anlagen, welche ihrer Natur nach die schwächeren im Wesen sind, soll die Erziehung auf solche Weise entwickeln; über die Entwickelung der stärkeren soll sie nur wachen und den Uebelständen zu begegnen suchen, welche durch deren Vorherrschen, bei einer unbewachten Ausbildung derselben, entstehen könnten. Mit der Zartheit, Fülle, Elasticität der körperlichen Organisation des Weibes ist eine Gefahr sinnlicher Verweichlichung für letzteres verknüpft; mit seiner regen, scharfen, seinen Auffassung, eine Versuchung zum Unstätten, Oberflächlichen, Unzusammenhängenden. Die vorherrschende Bildlichkeit in den Vorstellungen der Frau unterwirft selbe der Phantasterei. Die sympathetischen und liebevollen Gefühle ihres Herzens, durch lebhafte, leichte, rasch wechselnde sinnliche Eindrücke vorzüglich erregt, erhalten leicht etwas Schwaches, Schwankendes, Frivoles, und richten sich auf Gegenstände, die solcher Empfindungen nicht würdig sind. Dabei begnügt auch der ideale Sinn im Weibe sich zu seiner Befriedigung mit untergeordneten, äußern, oder mit imaginären phantastischen Vollkommenheiten, statt jene durch höhere geistige und sittliche, durch wirkliche Vortrefflichkeit zu suchen, welche oftmals unscheinbar auftritt. In der natürlichen Stärke aller Triebe der Blutsverwandtschaft beim Weibe ist endlich eine Veranlassung zu blinder Anhänglichkeit, zu einer Beschränkung des Mitgefühls und der Liebe auf die verwandten Gegenstände enthalten, die am Ende nur auf einen etwas erweiterten Egoismus hinausläuft. Allen diesen drohenden Uebelständen begegnet die weibliche Erziehung, wenn sie die Eigenschaften, welche der Natur nach, im weiblichen Wesen untergeordnete sind, durch Uebung stärkt; und so das Weib dem rein menschlichen Einklang sämmtlicher Fähigkeiten entgegenführt, dem sich beide Geschlechter, trotz unverwischter Geschlechtseigenthümlichkeit, annähern sollen. Körperliche Abhärtung, mäßiger Schlaf, frühes Aufstehn, Waschen mit kaltem Wasser, weite Gänge, Spiele, welche physische Kraft und Gewandtheit erfordern, mäßige und einfache Nahrung, mäßiger Tanz, unausgesetzte, nicht überspannte geistige und physische Thätigkeit, stärken den zarten Organismus der Frauen, und bilden ein Gegengewicht zu deren übergroßer Erregbarkeit, sofern diese mit ihrer körperlichen Zartheit im Zusammenhange steht. In Wien hat man in der neuesten Zeit eine Schwimmschule für Frauen errichtet. Die Erfolge sind günstig gewesen; auch wider das Schielen hat sich das Schwimmen als Heilmittel bewährt. Dem weiblichen Geiste mangelt von Natur jene Fähigkeit des männlichen Geistes, sich der Gegenstände zu bemächtigen, dabei zu verweilen, sie nach der ganzen Beschaffenheit ihres Wesens, nach ihren Ursachen, ihren Verhältnissen', ihren Wirkungen zu durchdringen und zu begreifen. Die menschliche Würde aber beruht wesentlich mit auf dieser Fertigkeit; es liegt in derselben die Abwendung aller Uebelstände, welche die vorzugsweisen Eigenschaften der weiblichen Natur im Gefolge haben könnten. Die Bildung ist das Mittel, jene Fähigkeit im Weibe zu entwickeln. Man begnügt sich bei der weiblichen Bildung mit oberflächlichen, stückweisen Kenntnissen, mit der nothdürftigen Kenntniß einiger Sprachen, einiger Belesenheit in Dichtern, einigen unvollkommenen Talenten. Solch' buntscheckiges Wissen, ohne wesentliche Brauchbarkeit, ist nur eine Versuchung zu Prahlerei und Eitelkeit, und von keinem wohlthätigen Einfluß auf das Wesen selbst. Wie die Erde entstanden ist, von der sie genommen sind, zu der sie werden sollen – in so weit als die neue Wissenschaft der Geologie dieß ausgemittelt hat – das Verhältniß, die Beschaffenheit und Bewegung der Gestirne; die gegenwärtige Beschaffenheit der Erde; die Geschöpfe, welche auf dieser leben, nach den Stufenfolgen ihrer Organisation; die Geschichte der Entwickelung des Menschengeschlechtes in der Folge der Nationen und Zeiträume bis zu dem Standpunkte, auf welchem es sich gegenwärtig befindet: diese Gegenstände sollte die weibliche Bildung umfassen. Sei die Kenntniß der Frauen noch so schematisch, enthalte sie nur die Grundzüge der genannten Wissenschaften, nach ihrer nothwendigen Folge und Verkettung: das rege weibliche Auffassungsvermögen wird die Lücken doch allmälig ausfüllen, es wird Regel und Ordnung in diesen geistigen Reichthum bringen. Aus den geologischen, astronomischen, geographischen, botanischen, zoologischen und historischen Handbüchern und Werken, die wir besitzen, ließe sich ein solches zum weiblichen Unterrichte geeignetes Schema aller jener Wissenschaften, ohne allzu große Schwierigkeit zusammenbringen. Die Behandlung derselben in der neueren Zeit hat diesem Zwecke absichtlos vorgearbeitet. Eine solche Bildung würde den wohlthätigen Einfluß auf den weiblichen Geist haben, daß er sich vom Sinnlichen mehr zum Abstracten hinneigen, daß er die Gegenstände ordnen und bei ihnen verweilen und frei von aller persönlichen Beziehung auffassen würde. Hierdurch erhielte die weibliche Regsamkeit einen Zügel, die Frauen würden nicht so leicht in Empfindelei, Phantasterei, Tändelei, oder blinde Zuneigung und Abneigung verfallen. Ihre körperliche Abhärtung soll die Frauen nicht zu Amazonen machen, ihre gründliche Bildung nicht zu gelehrten Pedantinnen, denn physische Zartheit und verhältnißmäßige Schwäche, Erregbarkeit und ihre Bestimmung zu Müttern, ihr vorherrschend starker idealer Sinn verweisen sie auf das Haus. Die erstere soll sie nur in vollen rüstigen Besitz ihrer körperlichen Kräfte setzen, sie fähig machen, Anstrengungen zu ertragen, dem Schmerze zu widerstehen; Dinge, deren sie im häuslichen Leben, und zumal als Mutter wesentlich bedarf; die letztere soll außer dem erwähnten Einflusse auf ihr Wesen dazu dienen, ihrem beschränkteren Wirkungskreise durch echten und einsichtsvollen Antheil an Wissenschaft und Leben Erweiterung und höheren Gehalt zu verleihen, um dem Manne nicht nur Haushälterin, Gebärerin seiner Kinder, und Pflegerin zu sein, sondern auch Freundin, Vertraute, Rathgeberin, eine Stütze bei schwierigen Verhältnissen, dem Vaterlande eine Bürgerin, und ihren Kindern eine Erzieherin. Da nun die Frau für das Haus erzogen werden soll, so ist auch dasselbe das zweckmäßigste Asyl für deren Erziehung. Das häusliche Leben entspricht der Entwickelung der weiblichen Fähigkeiten so ganz, daß allein in ihm eine Erziehung für das Weib liegen kann. Seine Beschränkung bietet der weiblichen Regsamkeit keine Fülle von Gegenständen, welche zu Flatterhaftigkeit und Oberflächlichkeit Anlaß geben. Die häuslichen Geschäfte sind nicht außer Verhältniß zum Vermögen der physischen Organisation der Frau. Nur dort können jene Scenen menschlicher Verderbtheit entfernt gehalten werden, welche das jugendliche Gemüth überwältigen, den jungfräulich idealen Sinn verletzen. Das Bildliche aller häuslichen Beschäftigungen entspricht der im Weibe vorherrschenden Einbildungskraft, das Liebevolle und Freundschaftliche im Wesen aller häuslichen Verhältnisse den überwiegend liebevollen und sympathetischen Neigungen des weiblichen Gemüthes. In jener Stille und Ruhe, Sittlichkeit und Würde, welche dem geschlossenen, häuslichen Kreise eigen sind, wird das ahnende Vermögen, der Tact der weiblichen Seele, bestätiget und entwickelt. Im Hause lernt endlich die Jungfrau jene praktischen Thätigkeiten kennen, welche sie einst als Hausfrau üben und leiten soll. Am nächsten der häuslichen Erziehung steht die klösterliche; letztere würde ersterer vielleicht noch vorzuziehen sein, weil Stille, Würde, Sittlichkeit dem Kloster noch wesentlicher als dem Hause eigen sind; weil die höchste Beziehung des Daseins auf eine Idee basirt ist, wenn die klösterliche Erziehung so unmittelbar praktisch als die häusliche wäre, und wenn nicht die hauptsächliche Beziehung der Existenz, auf die Gottheit bei dem klösterlichen Leben, zarteren weiblichen Seelen leicht einen Schwung ertheilte, der ihnen das Leben im häuslichen Kreise später entfremdet. – Bei den Griechen erhielten die Töchter ihre Erziehung in dem abgesonderten Theil des Hauses, der dem weiblichen Theil der Familie zur Wohnung bestimmt war, dem Gynäceum. Sie wurden einer Sklavin, zu der man besonders Zutrauen besaß, die oft auch ihre Säugamme gewesen, zu besonderer Obhut anvertraut; und diese trennte sich gewöhnlich auch bei der Vermählung nicht von ihnen. Ihre Bildung beschränkte sich auf weibliche Arbeiten, die man ihnen lehrte, auf Kunde und Verehrung der Götter. In gewissen Familien, wie z. B. in den zwei Familien zu Delphi, aus deren Töchtern die Pythia genommen wurde, war hiermit wohl eine höhere, geistige Ausbildung verknüpft, und in den Herrscherfamilien war die Geschichte des Geschlechtes zugleich die Geschichte des Landes und knüpfte sich unmittelbar an die Geschichte der Götter. Späterhin, nach der Vertreibung der Herakliden, als die monarchische Regierungsform durch den ganzen Peloponnes sich in eine städtisch-republikanische umwandelte, Handel, Kolonien, Verkehr mit den Persern, die geistige Kultur bei den Griechen auf einen viel höheren Grad der Entwickelung gebracht, welcher zur Folge hatte, daß in den kultivirtesten Männern ein Verlangen nach weiblichem geistigen Umgange entstand, treffen wir in Griechenland auf die Hetären, Frauen aus den niedrigsten Klassen der Bürger, Ausheimische, Sklavinnen, die sich der Abgeschlossenheit und Sitte des Lebens in den Gynäceen entziehen, ausgezeichnet durch Schönheit und Geist, für sich in freiem, gesellschaftlichem, auch wohl in ausschweifendem Verkehr mit Männern leben, und schöne und talentvolle Mädchen in ihren Häusern zu einer gleichen Lebensweise erziehen lassen. Die Erziehung der Römerinnen glich der der Griechinnen; sie war eine häusliche. Indessen lernte die vornehme Römerin schon, außer ihrer Muttersprache, die griechische, welche bei den Römern dieselbe Stellung behauptete, wie unter uns die französische Sprache. Ihnen wurde hierdurch jene Erweiterung des Ideenkreises zu Theil, welche mit der Erlernung einer fremden Sprache an sich verbunden ist; sie lernten außerdem die vorzüglichsten Werke der griechischen Literatur, welche hauptsächlich die Geschichte Griechenlands betrafen, kennen; sie erlernten die Geschichte ihrer eigenen Vaterstadt, die Kunde der Götter und des Gottesdienstes; der gemischte Verkehr beider Geschlechter im häuslichen Leben der Römer gab ihnen eine Vielseitigkeit, welche den griechischen Frauen mangelte. Wir finden unter den Römerinnen zur Zeit der ersten Kaiser schon Correspondenz, ja schon Schriftstellerinnen; die jüngre Agrippina schrieb Commentarien. – Im Mittelalter war die Erziehung der Frauen in England, Frankreich, Deutschland, Italien theils eine häusliche, theils eine klösterliche; reichere und vornehmere Töchter wurden vorzüglich in den Klöstern erzogen, zumal in Frankreich und in Italien, weniger in Deutschland, in England am wenigsten; wie überhaupt die kösterliche Erziehung im Norden Europa's nie so allgemein als im Westen und Süden desselben geworden ist. Im Verhältniß zu den halbwilden Germanen war die weibliche Erziehung in Deutschland, während der frühesten und nächsten Jahrhunderte des Mittelalters, rückwärts gegangen. Die Frauen wurden nicht mehr als Gleiche des Mannes, sie wurden zu häuslichen Dienerinnen gebildet. Die Höfe der Fürstinnen galten überall in Europa für Erziehungsinstitute adeliger Töchter. In den Klöstern traf man einzeln auf weibliche Gelehrsamkeit. In Frankreich, Italien, und dem katholischen Deutschland war die klösterliche Erziehung der Töchter im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, vorzugsweise die herrschende, bis die französische Revolution in Bezug auf Frankreich und Deutschland dieß änderte. Das bekannte weibliche Erziehungsinstitut der Frau von Maintenon (s. d.) zu St. Cyr zur Zeit Ludwig's XIV., hatte eine ganz klösterliche Einrichtung. Das Erziehungsinstitut zu Ecouen, dessen Vorsteherin Frau von Campan (sd.) war, kann allen weiblichen Erziehungsanstalten zum Vorbilde dienen. Die Töchter der Offiziere der Ehrenlegion wurden in diesem Institute unentgeldlich gebildet; es erfreute sich vielfacher äußerer Begünstigungen, die selten einer solchen Anstalt zu Theil werden; einer Vorsteherin, welche mit dem Geiste und der Willensstärke eines Mannes ein Herz voll Mutterliebe verband; einer unmittelbaren staatsbürgerlichen Bedeutsamkeit; des Schutzes eines aufgeklärten, mächtigen Monarchen; ungemeiner Geldmittel; und eines prachtvollen ländlichen Schlosses mit einem Park. Man findet nähere Nachrichten über dieses Institut, so wie überhaupt vortreffliche Rathschläge über Erziehung in dem Werke der Frau von Campan »De L'Education, Paris, 1821.« In Mailand errichtete die Vicekönigin Auguste Erziehungsanstalten nach dem Vorbilde des Erziehungspalastes zu Ecouen, sorgte auch für vernünftige häusliche Bildung der Töchter aus den vornehmeren Ständen, und führte überhaupt eine andere Erziehung als die bisherige ein, bei welcher die Mädchen nur zur Andacht, zum Müßiggang, zum Putz und zur Liebe gebildet wurden. Noch zeigen sich in jener Stadt auffallend die Erfolge dieser Einrichtungen. In Wien werden Mädchen aus den ersten Ständen in dem Klosterder Salesianerinnen erzogen, der Nachfolgerinnen des heiligen Franciskus von Sales. Dieses Institut halt glücklich das Mittel zwischen öffentlicher und klösterlicher Erziehung. Strenge Ordnung der Zeit, klösterliche Ruhe und Abgeschiedenheit, religiöse Uebungen, klösterlicher Gehorsam verbinden sich mit liberaler, wissenschaftlicher und vortrefflicher Anleitung zu allen weiblichen Handarbeiten. In gleichem Sinne wird von den Urselinerinnen im Oestreichischen die Erziehung der Mädchen an vielen Orten besorgt. Privatinstitute, häusliche und öffentliche, für weibliche Bildung gibt es außerdem mit unter treffliche, doch keines, das sich durch einen tieferen Bildungsplan, wie die Anstalt zu Ecouen, welche gegenwärtig aufgehoben ist, auszeichnete. In Berlin ist das Luisenstift eine Erziehungsanstalt für weibliche Bildung, welche unter dem Schutze der Regierung steht. Diese Anstalt hat sich zum Grundsatze gemacht, häuslich wirthschaftliche Bildung bis zu praktischer Erlernung der untergeordnetsten häuslichen Geschäfte, mit höherer wissenschaftlicher zu vereinen; und das Leben in ihr hat eine so häusliche Einrichtung, als dieß bei einer öffentlichen Anstalt irgend möglich ist. Außerdem steht in jener Hauptstadt eine Schule für höhere weibliche Bildung, an deren Spitze sich der Director Schubert befindet, unter Aufsicht der Behörden. Die Gegenstände des Unterrichtes in dieser Anstalt sind: eine Wiederholung der allgemeinen Weltgeschichte, Physik, Botanik, französische Grammatik, Conversation, Zeichnen, Malen und Musik. Eine weibliche Pensionsanstalt ist mit selbiger verknüpft; die Directrice heißt Fräulein Stubbe. Auch die Pensionsanstalt der Frau von Lammers in Berlin genießt hohen und öffentlichen Schutz und guten Ruf. Das adelige Fräuleinstift zu St. Petersburg steht unter der Oberaufsicht der regierenden Kaiserin von Rußland. Zweige dieser Anstalt befinden sich zu Moskau und Kiew. Sie soll unter der Leitung Ihrer Majestät der jetzigen Kaiserin an praktischer Zweckmäßigkeit noch gewonnen haben, und dient auch wohl zur Norm bei der häuslichen Bildung der Töchter in jenem Lande. In England wird die Erziehung der Mädchen von den niederen und höheren Mittelständen in der Regel in Privatpensionsanstalten, boarding-scools vollendet, wo die Mädchen im Allgemeinen eine gewisse gesellschaftliche und wissenschaftliche Dressur und Politur erhalten, die nicht von höheren Ansichten der weiblichen Bestimmung ausgeht; doch mehr und minder verständig und tüchtig ist, wie in der Regel die englischen Einrichtungen.
K. v. W.
http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.